Rauchen hatte ja mal was Glamouröses, was Lässiges. Das Schöne in meinen Erinnerungen: Bis auf die Zeiten von Mad Men, der Serie, die in der Werbebranche der 60-er Jahre in New York spielt, und in der alle wie blöd rauchen, habe ich alle Phasen mitgemacht. Ich kenne sie wirklich noch, denn ich habe sie selbst geraucht: Die letzte Zigarette im Bett (späte 70-er Jahre), die Zigarette danach, (frühe 80-er Jahre), die Zigarette beim Warten aufs Gepäck am Flughafen (späte 80-er), vor und nach dem Essen im Restaurant (bis in die 90-er). Nur die berühmte erste Zigarette morgens zum Kaffee hat mir nie geschmeckt.
Zu rauchen aufgehört habe ich etwa 2005. Da gab es bereits diese Packungen mit der Aufschrift, dass Rauchen ungesund und tödlich sei und Missbildungen bei Kindern verursachen könne. Ehrlich? Ich hatte mich so dran gewöhnt, ich habe die Aufdrucke nicht mehr gesehen.
Im Thailand-Urlaub konnte man wenig später schon die Weiterentwicklung beobachten: Bilder auf den Schachteln, die Lungen voller Teer und Menschen mit künstlichen Luftröhren zeigten. Ich habe damals schon nicht mehr geraucht, aber ich habe mich im Urlaub vor diesen Bildern geekelt. Und meiner Freundin, die noch rauchte, geholfen, indem ich anderen Urlaubern, die ihre Zigaretten aus Ländern mitbrachten, in denen es noch keine Schockfotos gab, die leeren Schachteln entriss. Damit meine Freundin ihre Zigaretten aus Thailand in europäische Schachteln umpacken konnte, weil ich diese Fotos nicht ständig sehen wollte.
Ab 20. Mai haben wir auch hier den Salat. Dann müssen auf alle Zigarettenschachteln in Deutschland so genannte Schockbilder gedruckt werden, die zusammen mit Warnhinweisen mindestens zwei Drittel der Vorder- und Rückseiten einnehmen. Sie zeigen Raucherbeine, schwarze Zahnstümpfe, tote Babys, verkrebste Lungen.
In 77 anderen Ländern gibt es diese Bilder schon. Die Tabakfirmen haben sich auch in Deutschland rituell gewehrt und mit dem Verlust von 10 000 Arbeitsplätzen gedroht. Vergebens. Mit den Schockbildern aber taucht ein unvorhergesehenes Problem auf und mit ihm die Frage: Haben die Nichtraucher wirklich Grund zur Freude? Denn wie man die Raucher kennt, werden sie sich an die Bilder auf den Schachteln schnell gewöhnen, sie ignorieren oder ihre Zigaretten in neutrale Etuis umpacken. Jeder Raucher weiß, wie schädlich Rauchen ist, das weiß er besser als alle Nichtraucher.
Bloß zwei Prozent der Bürger würden wegen der Schockbilder aufhören zu rauchen oder gar nicht erst anfangen, sagte 2012 der damalige EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg aus Malta. Die Bilder werden jetzt allen zugemutet, auch den Nichtrauchern. Ich glaube, da läuft was falsch. Ich glaube, da verwechselt jemand was.
Lesen Sie den ganzen Artikel hier mit SZ Plus