Grausam rührend

Wieder steht »See You Again« an der Spitze der Charts. Der Erfolg liegt längst nicht nur an der Musik: Es geht um einen Film, viel mehr aber um einen tragischen Todesfall. Der Song ist eine Grabrede. 

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Wiz Khalifa und Charlie Puth sind immer noch auf Platz eins, dritte Woche in Folge. Es ist an der Zeit, zu fragen, warum genau dieses Lied so erfolgreich ist. Klar, geschmeidiger Rap plus cremiger Soul-Refrain, davon hatten wir vor zwei Wochen schon gesprochen, eine gut austarierte Mischung, die hervorragend funktioniert, auf der Kombination aus samtigem Lounge-Sofa und schwerem Leder-Autositz nimmt fast jeder gern Platz. Aber das allein kann es nicht sein.

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Das Lied – zu dem man, für sich genommen, problemlos auch »Liedchen« sagen könnte – erhält eine zusätzliche Dimension durch den Zusammenhang, dem es entstammt. Wie gesagt, es ist der Song zum Filmhit: »Fast & Furious 7«, dem siebten Teil einer Serie, in der es um muskulöse Jungs in hochgetunten Autos geht. Minimale Krimihandlung, endlose Verfolgungsjagden, Männerfreundschaften. Gewaltiger Erfolg. »Fast & Furious 7« hat weltweit 1,3 Milliarden Dollar eingespielt und steht jetzt auf Platz vier der erfolgreichsten Filme aller Zeiten. Aber mindestens genauso wichtig: Während der Dreharbeiten starb der Darsteller Paul Walker, er kam ausgerechnet bei einem Autounfall ums Leben. Die Nachricht ging um die Welt, der Film wurde dennoch zuende gedreht. In den Filmen ist er der junge Hitzkopf mit dem großen Herz.

Am Schluss des Films fährt der junge Kerl, den Walker spielt, in einem teuren Auto dem Horizont entgegen, es scheint, als wolle er sich aus der Welt der Abenteuer verabschieden, weil er jetzt den Familienfrieden wichtiger findet. Sein alter Freund, gespielt von dem Mannsgebirge Vin Diesel, schaut ihm melancholisch nach. Millionen von Zuschauern sehen diese Szene und wissen, der junge Typ ist längst tot, gestorben ausgerechnet bei der Art von Action, die er auch im Film ständig vorgeführt hat. Grausam rührend. Mehr zusätzliche Ebene geht kaum. Und dann singen Wiz Khalifa und Charlie Puth Zeilen wie diese: »I know we loved to hit the road and laugh / But something told me that it wouldn't last«.

Eigentlich soll das natürlich nur die Gedanken formulieren, die der Diesel-Kumpel dem Walker-Kumpel hinterherdenkt. Aber wenn man weiß, dass der Mann am Horizont längst viel weiter weg ist, dann erhalten die Worte auf einmal eine ganz andere Tiefe. Das Video dazu schneidet auch noch extrem geschickt die Szenen mit Walker zusammen, wird zu einem einzigen großen Film-Memorial. Und so ist »See You Again« am Ende tatsächlich mehr als nur ein Liedchen, es ist der Erinnerungssong für einen Verstorbenen. Eine gesungene Grabrede.

Erinnert an Paul Walker.
Wer kauft das? Weiterhin und immerzu und ungebrochen und nach wie vor: die Fans der Filmserie.
Was dem Song gut tun würde Rein theoretisch ein schöner Leichenschmaus nach jedem Hören.