Ja Herrgott, was sollen die denn noch machen? Ein Videoclip mit Michelle Obama vielleicht? Ein Kind mit Taylor Swift?
Man kann Madcon wirklich nicht vorwerfen, sie würden sich nicht um Amerika bemühen. Seit Jahren tun die beiden Norweger einiges, um dort ernstgenommen zu werden: Sie haben Songs mit dem Rapper Ludacris aufgenommen und die ehemalige Beyoncé-Kollegin Kelly Rowland angeheuert. Ihren neuen Hit »Don’t Worry« – diese Woche auf Platz eins der Airplay-Charts, also der meistgespielte Song im deutschen Radio – diesen Song also haben sie von einem Lady-Gaga-Produzenten aufmöbeln lassen. Um auf Nummer sicher zu gehen, haben sie dafür gleich auch noch den Sänger Ray Dalton eingekauft. Der sang vor ein paar Jahren den Refrain von Macklemores »Can’t Hold Us«, Ergebnis: Platz eins in den USA, der meistgestreamte Song auf Spotify im Jahr 2013. Eigentlich ist die Wiese da gemäht, oder?
Von wegen. In den USA interessiert der Song mal wieder: kein Schwein.
Das muss für Tshawe Baqwa und Yosef Wolde-Mariam, die Madcon schon als Kinder in Oslo gegründet haben, doppelt frustrierend sein. Weil ihnen die Menschen diesseits des Atlantiks ja seit zehn Jahren einen Hit nach dem anderen aus der Hand fressen. »Beggin’« bekam 2007 siebenfach Platin und landete in halb Europa auf der Eins. Seither stieg fast jede Madcon-Single irgendwo im Schengenraum in die Top Ten, beim Eurovision Song Contest schafften sie es vor ein paar Jaren, hunderttausende Menschen zwischen Dublin und Tallin zu einem Simultan-Flashmob zu versammeln.
Aber in den USA? Versackte »Beggin’« damals auf der 79. Der Rest kam nicht mal in die Top 100.
Das ist merkwürdig. Weil die Musik von Madcon tatsächlich durchweg tadelloses Hit-Material ist. Und zwar aus genau demselben Grenzbereich zwischen Disco, Hip-Hop und Soul, aus dem sich auch Bruno Mars oder die Black Eyed Peas erfolgreich bedienen.
Einer der beiden Madcon-Männer fand für den Misserfolg in Amerika vor ein paar Jahren in einem Interview eine eher mittelüberzeugende Erklärung: »In den USA sind wir (...) nur an der Westküste erfolgreich. Weil wir sonnige Menschen mit sonniger Musik aus einem kalten Land sind.« Ah ja.
Vor diesem Hintergrund wird aber klar, wie clever kalkuliert das Video zu »Don’t Worry« ist: Da landet ein Außerirdischer in einem fremden Land. Er hat die Mission, die Menschen zum Ausflippen zu bringen. Schnitt. Menschen diverser Hautfarben hüpfen in bunten Leggins durch den Schneesturm. Im Hintergrund: ein American-Football-Team. Schnitt. Ein Fastfood-Lokal mit übergewichtigen Männern. Und Jungs in Hollister-Pullovern. Schnitt. Eine Schulklasse mit T-Shirts, auf denen »New York City« und »U.S.« steht. Schnitt. Eine Frau im Club, die aussieht wie Rihanna im Leder-Badeanzug.
Klar, wir steigern uns da gerade in was rein. Könnte alles Zufall sein. Könnte aber auch – nur mal so – das aufwändigste Bewerbungsvideo des Jahres sein.
Erinnert an: Black Eyed Macklemars
Wer kauft das? Sehr viele Europäer. Spricht aber für uns.
Was dem Lied gut tun würde: Nix, ist perfekt so. Aber seinen Machern: ein paar Käufer in den USA.