"Ich bin immer total nett." - "Ist ja ekelhaft."

Lässigkeit, Laster und Lebensängste: ein Doppel-Interview mit Scarlett Johansson und Samuel L. Jackson.

Frau Johansson, Herr Jackson, in der Comic-Verfilmung The Spirit, die jetzt ins Kino kommt, spielen Sie die zwei Bösen. Wollen wir mal zusammen rausfinden, wer von Ihnen tatsächlich der bösere Mensch ist?
Scarlett Johansson:
Okay.
Samuel L. Jackson: Cool. Los.

Wer von Ihnen beiden ist, ganz grundsätzlich, härter drauf?
Johansson:
Das wäre dann wohl Sam.
Jackson: Ich bin unzerstörbar.
Johansson: Ja, im Film will er die Weltherrschaft. Und auch sonst
Jackson: Hey – ich bin unzerstörbar. Was ist Ihr größtes Laster?
Johansson:
Ich habe keine Laster.
Jackson: Echt nicht?
Johansson: Echt nicht. Ich liebe mich selbst. Ich genieße das Leben. Ich glaube nicht an so was wie »Laster«. Hast du denn welche?
Jackson: Eis am Stiel.

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Was war der gemeinste Streich, den Sie je jemandem gespielt haben
Jackson:
Ich habe Abführmittel in Schokoriegel gefüllt.
Johansson: Was? Das ist ja widerlich! Wie geht das überhaupt?
Jackson: Es gibt da so Tabletten, die nach Schokolade schmecken. Und wenn man die einfach in die Schokomasse reindrückt, merkt kein Mensch, was er da isst.
Johansson: Puh. Nein, so was habe ich noch nie gemacht.

Was war das Fieseste, was Sie je zu jemandem gesagt haben?
Johansson:
Nichts! Ich bin verdammt noch mal immer total freundlich und fröhlich und nett!
Jackson: …ist ja ekelhaft.

Haben Sie schon mal jemanden körperlich verletzt?
Jackson:
Regel eins: So was auf keinen Fall zugeben! Und ansonsten – würde ich nie machen.
Johansson: Bis auf das eine Mal, als du die alte, behinderte Nonne die Treppe runtergeschubst hast.
Jackson: Hahaha.

Was ist das härteste Schimpfwort, das Sie kennen?
Johansson: Ich glaube… »Kacke«.
Jackson (sehr leise): »Möse«.
Johansson: Hey! Sag nicht solche Sachen, wenn ich direkt danebensitze
Jackson: Doch, das ist ein solides Schimpfwort. Die Engländer sagen ja ständig cunt – aber die Amerikaner erschrecken so schön, wenn man das Wort verwendet.

Was war das Beängstigendste, was Sie je tun mussten?
Johansson:
Abgesehen von diesem Interview?

Irgendwas nicht in Ordnung?
Johansson: War nur ein Scherz. Ich überlege noch…
Jackson: Ich musste mal in einem Bahnhof aus dem Fenster springen.
Johansson: Was?
Jackson: Für einen Film natürlich, Mädchen! Und die Regisseure erzählen dir immer: Hey, da kann nichts passieren, alles gesichert. Aber das stimmt nie.

Was tun Sie also?
Jackson
: Ich sag denen, sie sollen Spezialisten springen lassen. Stuntleute. Dann kommen aber wieder drei Leute und sagen: Mann, bitte, wir müssen dein Gesicht in Großaufnahme zeigen, wie du gerade fällst.
Johansson: Und was hast du geantwortet?
Jackson: Zeigt irgendwas anderes.

Was ist Ihre schlimmste Phobie?
Johansson: Kakerlaken.
Jackson: Meine größte Angst ist, dass mein letzter Job mein letzter Job gewesen sein könnte.

Wie bitte?
Jackson: Ja – dass der Film, den ich gerade abgedreht habe, der letzte war. Dass plötzlich kein neuer Auftrag mehr kommt.
Johansson: Und Kakerlaken sind dir völlig egal?
Jackson: Völlig egal. Korrekt.

Aber Sie drehen doch beide ständig Filme. Passiert das überhaupt – dass Sie einen Film fertig haben, ohne dass schon längst der nächste Vertrag unterschrieben ist?
Johansson: Oh ja.
Jackson: Absolut.
Johansson: Passiert ständig.
Jackson: Ekelhaftes Gefühl.

Kommt es vor, dass Sie in solchen Phasen an Ihrem Beruf zweifeln?
Johansson:
Nein. Bis jetzt hatte ich trotz allem nie das Gefühl, ich sollte lieber einen Blumenladen aufmachen.

(Lesen Sie auf der nächsten Seite: "Ich hab keine Ahnung, was ich Sam beibringen könnte. Vielleicht, wie man sich die Augenbrauen zupft?")

Mal vom Filmbusiness weg: Was war der übelste Job, den Sie je hatten?
Johansson:
Ich hatte noch nie einen anderen Job.

Ach ja?
Johansson:
Ich bin Schauspielerin, seitdem ich acht war.
Jackson: Ich hab mal Beschichtungen für Ofentüren gemischt, in einer Fabrik. Das war ziemlich fies.
Johansson: Uh. Klingt ungesund.
Jackson: Ja, da war ein Haufen Chemie im Spiel. Dafür war ich dann später mal Nachtwächter im Manhattan Plaza, bevor das Gebäude eröffnet hat.
Johansson: War das nicht stinklangweilig?
Jackson: Nein, war in Ordnung. Einmal bin ich morgens um drei im Pool geschwommen, nackt. Der war zu dem Zeitpunkt das Einzige, was schon fertig gebaut war. Der Rest war nämlich noch Baustelle. Aber die Bauarbeiter waren nicht blöd; die haben den Pool als Erstes fertig gemacht, damit sie selbst baden konnten.

Was ist die wertvollste Lebensregel, die Sie einander beibringen können?
Jackson:
Was ich Scarlett beibringen könnte? Ich würde sagen: Toleranz. Das schadet in diesem Geschäft nicht. Vor allem, wenn man jung ist.
Johansson: Ich hab keine Ahnung, was ich Sam beibringen könnte. Vielleicht, wie man sich die Augenbrauen zupft?

In einer Bar kommen ein paar betrunkene Typen auf Sie zu und wollen Streit anfangen. Wie reagieren Sie?
Jackson: Ich gehe.
Johansson: Ich glaube, ich bin niemals in der Art von Bars, in denen so was tatsächlich passieren könnte.
Jackson: Auf jeden Fall – nicht zu irgendwas hinreißen lassen!

Wann hatten Sie das letzte Mal richtig Angst?
Jackson:
Oh! Bei mir war das erst vor ein paar Wochen, in meinem eigenen Haus! Das war so: Meine Frau war mit Freunden zum Essen gegangen. Und sie kam spätnachts nach Hause, als ich schon im Bett lag. Irgendjemand hatte ihr solche Barack-Obama-Pappaufsteller mitgegeben, in Lebensgröße.Ihr könnt euch die vorstellen, ja?

Ja.
Jackson: Ja. Und sie kommt also heim und stellt eins von den Dingern draußen auf die Terrasse und das andere drinnen an den unteren Treppenabsatz. Dann geht sie ins Bett. Ich wache ein bisschen später auf, will in die Küche, einen Schluck Wasser trinken und gehe runter. Aber ich mache nachts nie das Licht an, also steige ich da im Dunkeln auf der Treppe rum. Und als ich auf der vorletzten Stufe bin, plötzlich: Uaah! Obamas Schatten. Der hat mich zu Tode erschreckt. Mann, Mann, Mann!

Dann hätten wir jetzt die Schlagzeile »Samuel L. Jackson hat Angst vor Barack Obama«.
Jackson: Ja, so wird das dann wohl irgendwann im Internet auftauchen.
Johansson: Tja, da kann ich nicht mithalten. Was hat mich zuletzt richtig geängstigt?
Jackson: Vielleicht eine Kakerlake?
Johansson: Sehr witzig.

Wann haben Sie sich zuletzt richtig großartig gefühlt? Top of the world?
Johansson: Am letzten Drehtag unseres Films. Letzter Drehtag ist immer super.
Jackson: Ich würde sagen, als ich vor ein paar Wochen einen Preis für mein Lebenswerk von der American Cinematheque erhalten habe. Das war erstklassig. Für einen Moment zumindest.

Und dann?
Jackson: Dann bin ich heimgegangen.
Johansson: …und hast dir die Zähne geputzt, und alles war wie immer.
Jackson: Ungefähr so, ja.

(Lesen Sie auf der nächsten Seite: "Haha, jetzt haben Sie Ihren Bar-Streit. Also, was machen Sie – einfach leise gehen? Oder aufstehen und kämpfen?")

Aber Sie genießen es, auf dem roten Teppich zu stehen, oder?
Jackson:
Na ja. Man steigt da bei einer Premiere aus dem Auto und denkt: Ah, jetzt muss ich zwei Stunden lang vor irgendwelchen Mikrofonen die gleichen Fragen über den Film beantworten, die ich vorhin schon beim Interview und gestern bei der Pressekonferenz beantwortet habe. Das ist alles nicht besonders glamourös. Es ist… Arbeit.
Johansson: Wissen Sie, ich sage oft – die Schauspielerei, das machen wir eigentlich umsonst. Das ist ja das, was uns Spaß macht, was uns erfüllt. Bezahlt werden wir für den ganzen Promotionkram, der laut Vertrag dazugehört.

Kann es trotzdem passieren, dass einem das zu Kopf steigt? Sie, Frau Johansson, machen zum Beispiel einen ziemlich – sagen wir – selbstbewussten Eindruck.
Johansson:
So, finden Sie?
Jackson: Ach was, die Realität holt einen schnell ein. Das erste Mal, als ich zu einer Preisverleihung gefahren bin, war es noch der Wahnsinn: Ich saß mit meinen Jungs in der dicken Limousine, wir haben Freunde angerufen: »Hey yo, stell dir mal vor, ich bin grad auf dem Weg zur Soundso-Party, wuuuuuuh!« (Er springt auf, hält sich ein imaginäres Telefon ans Ohr.) Zwei Jahre später hat sich das erledigt. Du sitzt im Auto, bist noch zwei Blocks vom roten Teppich entfernt, auf der Straße nur Stau, du brauchst eine Stunde für diese lächerlichen zwei Blocks und denkst, Mann, kann ich bitte zu Fuß gehen? Oder noch besser: heim?
Johansson:
Immerhin läufst du bei so was nicht in einem Korsett rum oder in so einem superengen Kleid.
Jackson: Okay, Punkt für dich. Aber so oder so: Drin wird es ja nicht besser. Dann sitzt du da auf deinem Sitz, die Lichter, die ganzen Leute, es ist viel zu heiß, du wartest und wartest. Dann geht es endlich los. Du hoffst, dass dein Name aufgerufen wird – und es passiert nicht. Stattdessen wird irgendein anderer Name aufgerufen. Aber die Kameras haben natürlich genau dich im Visier, obwohl du gerade echt nicht glücklich bist.
Johansson: Dann hilft nur das. (Sie setzt ein starres Grinsen auf.)
Jackson:
Absolut. Wichtigstes Handwerkszeug für jeden Schauspieler. (Er setzt das gleiche starre Grinsen auf. Beide grinsen ein bisschen vor sich hin.)

Wann waren Sie sich selbst das letzte Mal peinlich?
Johansson:
Oh, so was versuche ich zu vermeiden, so gut ich nur kann. Und falls es mir doch mal passiert sein sollte, möchte ich mich lieber nicht daran erinnern.
Jackson: Ich kam vor ein paar Tagen in ein Restaurant, und ein paar Gäste erkannten mich. Und genau in dem Moment, als die sich alle zu mir herdrehten und mich anstrahlten, verpasste ich auf der Eingangstreppe die erste Stufe. Ich habe versucht, so cool wie möglich zu wirken, aber das geht nicht richtig, wenn man gerade fünf Treppenstufen an ein paar Fans vorbeistolpert.

Worauf sind Sie stolz?
Jackson:
Ich bin stolz darauf, dass die Jugend von Amerika verdammt noch mal rausgegangen ist und Obama ins Amt gewählt hat. Yes! Johansson: Ich glaube, ich bin stolz auf… äh…

Der amerikanische Pressebetreuer unterbricht: Letzte Frage, bitte.

Pardon, Frau Johansson wollte gerade etwas sagen.
Pressebetreuer:
Wie auch immer. Letzte Frage jetzt.

Aber wir haben doch noch zehn Minuten Zeit.
Pressebetreuer:
Nein, wir haben das gekürzt.

Aber…
Pressebetreuer:
Letzte Frage! Verstanden?

Entschuldigen Sie bitte, so geht das nicht!
Jackson:
Haha, jetzt haben Sie Ihren Bar-Streit. Also, was machen Sie – einfach leise gehen? Oder aufstehen und kämpfen?

Was wollten Sie denn noch sagen, Frau Johnasson?
Johansson:
Ich bin stolz auf meine Arbeit.
Jackson: Hm. Solide Antwort.

Jetzt haben wir nicht endgültig geklärt, wer von Ihnen härter ist.
Johansson:
Doch, das ist Sam.
Jackson: Ich bin unzerstörbar.
Johansson: Sehen Sie? War ja klar.
Jackson: Schreiben Sie das auf – unzerstörbar.

Scarlett Johansson:
Die 24-jährige New Yorkerin hat in kürzester Zeit eine atemberaubende Karriere gemacht. Berühmt wurde sie vor fünf Jahren als gelangweiltes Mädchen in "Lost in Translation", seitdem ist sie durchgehend präsent auf Zeitschriftentiteln und im Kino, ob in Actionfilmen wie "Die Insel" oder Komödien wie "Vicky Cristina Barcelona" (bereits der dritte Film, den sie mit Woody Allen gedreht hat).

Samuel L. Jackson:
Der Mann kennt das Filmgeschäft seit fast 40 Jahren. Aber der heute 60-Jährige hatte erst spät seinen Durchbruch mit der Rolle des coolen Killers in Quentin Tarantinos "Pulp Fiction". Seitdem hat er in vielen großen Filmen gespielt (u.a .a "Stirb langsam 3" und "Star Wars"), aber auch in einer Reihe von B-Movies ("Snakes On A Plane) was er - wie er sagt - genauso unterhaltsam findet.