Vor der Biomarkt-Kühltruhe geben Vegetarier und Veganer ein friedliches Bild ab: Beide greifen zum Tofuschnitzel, der eine, weil er kein Fleisch isst, der andere, weil er überhaupt alles Tierische verweigert. Die beiden, denkt man, könnten jetzt gut ihren Tofu braten und dann Hand in Hand über eine Blumenwiese hüpfen. In Wahrheit trennen Veganer und Vegetarier Welten. Der Veganer hält den Vegetarier für den Rollerblader unter den Essern, der bloß auf Fleisch verzichtet, weil er Pferde und kleine Hunde süß findet oder bei Heidis Model-Show mitmachen will. Er, der Veganer, will das Welthungerproblem lösen und die Ausbeutung der Dritten Welt stoppen. Dafür verteufelt er Honig, schlurft in Stofflatschen über Mutter Erde und bestellt in Restaurants Tomatensuppe mit Pommes und Bohnen ohne Butter. Der Vegetarier wundert sich und mampft weiter seine Kasspatzen. Davon könnte der Veganer höchs-tens das Mehl essen. Also rächt er sich mit todschicken veganen Restaurants und hippen Stars (Gwyneth Paltrow, Moby), was die Vegetarier alt aussehen lässt, denen als Referenzen allenfalls Adolf Hitler und Costa Cordalis zur Verfügung stehen. Er lernt, die Klaviatur der Proteine und B12-Ersatzstoffe virtuos zu spielen, Getreide-sorten mit Gaga-Namen zu Feinschmecker-Menüs zu verarbeiten und mit großer Ausdauer zu bemerken, dass es »vegan« heißt, nicht »veganisch«. So hätte es der Veganer fast zum König des Verzichts geschafft – wäre da nicht der Frutarier, der nur Obst und Nüsse isst. Dagegen wirkt selbst der Veganer wie eine Fressmaschine.
Veganer & Vegetarier
Zwei, die nicht miteinander können