Unter Münchner Taxifahrern kursiert folgender Witz: Steigt der Meißner in ein Taxi. Fragt der Fahrer: »Wohin darf ich Sie fahren?« Antwortet der Meißner: »Mir egal, ich werde überall gebraucht.« Trifft ihn ziemlich gut.
Auch während des Interviews war es nicht möglich, ihn für sich allein zu haben, alle zehn Minuten klingelt das Telefon oder klopft es an der Tür. Irgendjemand will immer was von Hans Meißner, einen Rat, eine Unterschrift, einen kleinen Gefallen. 30 Jahre lang hieß er nur »Mister Taxi«, manche nennen ihn bis heute den »Franz Josef Strauß der Taxler«. Meißner meint, »wegen der äußeren Ähnlichkeit«, dem dicken Bauch, dem mächtigen Schädel, aber man spürt, dass er auch ein bisschen stolz auf den Vergleich ist.
In der CSU lief nichts ohne Strauß, im deutschen Taxigewerbe lief 30 Jahre lang nichts ohne Hans Meißner, da gibt es schon Parallelen:
Eigentlich hatte er eine Ausbildung zum Brauer und Mälzer gemacht, machte dann aber lieber den Taxiführerschein, damit gab es schneller Geld zu verdienen.
16 Jahre lang chauffierte er Fahrgäste durch München, bis er 1982 zum Vorstand der Taxivereinigung München gewählt wurde, später zum Landes- und Bundesvorsitzenden, außerdem zum Chef der Münchner Taxi-Genossenschaft, in der fast alle Fahrer in München organisiert sind. Meißner, heute 65, baute nach der Wende Taxi-Zentralen im Osten auf, modernisierte das Rufsäulensystem, stritt mit dem Münchner Oberbürgermeister Ude und der CSU, machte die Taxiprüfung anspruchsvoller, saß in Gremien und Aufsichtsräten, hatte Macht und spielte sie aus.
Wie Strauß hat er glühende Verehrer, aber eben auch Feinde, die ihm vorwerfen, dass er sich für die Taxler zwar gut, aber noch besser für sich selbst eingesetzt habe. Spricht man mit ihm, findet man ihn erst gemütlich, dann scharfsinnig, irgendwann mit Vorsicht zu genießen und am Ende sympathisch. Ein Schlawiner, den man leicht unterschätzt, und ein Machtmensch, der genau dagegen nichts hat.
Vier Wochen ist es her, da räumte er seinen Schreibtisch in der Münchner Taxi-Zentrale. Er mag nicht mehr, hat alle seine Posten abgegeben. Jetzt geht er in Rente. In einer Schublade fand er Visitenkarten, seine Visitenkarten, sicher 500 Stück, angestaubt und lieblos verstreut. »Habe ich nie gebraucht«, sagte er, »keine einzige. Mich kannte jeder, und wenn nicht, war die Sache eh nicht wichtig.«