»Was immer wiederkehrt: Schulmädchen«

Rhiannon und Dan Humes drehen Pornos auf Wunsch. Ein Gespräch über die Abgründe des Begehrens.

Rhiannon, 41, und Dan Humes, 45, sind verheiratet, haben eine Katze und leben in Los Angeles.

Foto: Bradley Meinz

Wie kommt man bloß auf die Idee, sich von fremden Männern aus aller Welt deren sexuelle Fantasien zuschicken zu lassen? Das erklärt sich rasch: Dan arbeitete früher am Set von Pornofilmen. Rhiannon, seine Frau, machte Animationsfilme für Kinder. Gedanklich ist der Schritt da nicht weit, zu dem, was sie heute gemeinsam machen: nämlich Pornos nach den persönlichen Fantasien ihrer Kunden abzudrehen. Bisschen Gaga-Glitzerstaub, bisschen ordentlicher Sexfilm.

Seit 19 Jahren sind sie verheiratet, seit acht Jahren verdienen sie ihr Geld mit individualisierten Filmen. Wenn sie ihre Arbeit richtig gemacht haben, ist das Ergebnis so persönlich, dass es wohl nur einen einzigen Menschen erregt – den Auftraggeber. Jeder andere sähe nur, dass da eine junge Frau in einem Kinderplanschbecken liegt, in einem gepflegten Vorgarten, komplett beschmiert mit einer rotbräunlichen Paste aus Gewürzen.

Mehr als 500 Fantasien haben sie bereits abgedreht. Manche dauern nur 15 Minuten, andere haben Blockbuster-Länge, entsprechend variiert der Preis: zwischen 450 und etwa 30 000 Dollar. Die Kunden benennen sie untereinander oft nach deren Masturbations-Motiv: »Gewürzmann«, »Fliegenklatscher« oder »Briefmarken-Typ«.

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SZ-Magazin: Sie drehen individualisierte Pornos nach den persönlichen Fantasien ihrer Kunden. Was von dem, was Sie zuletzt verfilmt haben, war besonders verrückt?
Dan Humes:
Ein Mann wollte, dass eine Frau in einem Cocktailkleid und auf Pfennigabsätzen komplett eingeseift mit Rasierschaum in einem normalen Wohnhaus ganz normale Dinge tut, wie sich Müsli machen, einen Tee aufsetzen und dann vor dem Fernseher sitzen.

Was haben Sie über das Begehren gelernt?
Rhiannon: Leute können sich von mehr oder weniger allem sexuell erregt fühlen. Und: Es hat oft gar nichts mit Sex zu tun, gelegentlich nicht mal mit Nacktheit.
Dan: Ich habe etwas über mich gelernt. Ich dachte immer, ich sei offen, aber ich bin noch mal toleranter geworden.

Gibt es etwas, was Sie nicht machen?
Rhiannon: Ich stelle keine Fantasien nach, in denen jemand missbraucht wird, auch wenn es für die Aufnahme nur gespielt wäre. Bei so was fühle ich mich unwohl.

Begehren ist kompliziert und unbewusst. Wie ­genau wissen Ihre Kunden, was sie wollen?
Rhiannon: Erstaunlich genau. Viele kommen mit einem exakten Skript, andere genießen den Prozess: Sie haben etwa die Idee, dass eine Frau in der Küche mit einer Plas­tikfliegenklatsche Fliegen jagen soll, aber wählen im Austausch mit uns dann alles Weitere aus: die Darstellerin, ihre Kleidung, was sie sagt, wie sie sich bewegt.

Malen Sie beide sich manchmal aus, mit was für Menschen Sie es da zu tun haben?
Rhiannon: Ja, wir lieben das. Oft wissen wir gar nichts, aber der Kunde schickt uns seine ganze Briefmarkensammlung, und dann sollen drei Frauen darauf herumtrampeln. Da kommt man schon ins Überlegen. Der »Gewürzmann« ist ein Gastronom, so viel wissen wir, und ich stelle mir vor, dass sein Alltag im Restaurant daraus besteht, derlei Lebensmittelschlachten zu verhindern, und zum Druckabbau braucht er dann das Gegenteil.

Gibt es Trends?
Dan: Dreck, Nässe, glitschig, matschig, das mögen viele Männer. Und was immer wiederkehrt: Schulmädchen.

Gibt es unter Ihren Kunden auch Frauen?
Rhiannon: Leider nur ganz wenige, und von denen bestellen die meisten etwas für ihren Mann.

Können Sie beide sich noch gegenseitig ausziehen, ohne zu lachen?
Rhiannon: Ja, absolut. Wir können das wirklich trennen.

Was machen Sie, wenn Sie sich nach Normalität sehnen?
Dan: Auf Punk-Konzerte gehen. Oder wir führen den Hund von unseren Freunden aus.