Halsschmuck mit Haltung

Kein Dirigentenstab, sondern eine Kette mit einem Kreuz ist für den Dirigenten Mariss Jansons unverzichtbar. Dabei ist es ihm egal, ob er sie trägt oder ob sie auf dem Nachttisch liegt

Wer: Mariss Jansons, Dirigent
Was: Kette mit Kreuz, den Preis weiß der liebe Gott allein
Warum: Glaube in und an sich tragen

»Ich befürchte, ich muss Sie enttäuschen. Ich habe kein Ding, dem ich so viel Bedeutung beimesse. Verstehen Sie mich nicht falsch: Viele Dinge sind absolut notwendig – eine Zahnbürste, eine Mappe –, aber das sind Gebrauchsgegenstände. Nichts, worüber man eine Seite lang reden kann. Jede neue Partitur ist mir sehr wichtig. Aber keine ist mir wertvoller als all die anderen. So wäre es ungerecht nur von der einen zu erzählen.

Für mich sind zwei Dinge im Leben essentiell, doch beide sind nicht greifbar: die Religion und die Kunst – darunter vor allem die Musik. Das ist nun nichts Neues, das habe ich sicherlich schon tausendmal gesagt. Für beide gibt es höchstens Symbole, wie etwa das Kreuz weltweit für Religion steht... Ah, gut, so gesehen: Ich trage eine Kette mit einem Kreuz um den Hals. Unter meiner Kleidung ist sie ebenso unsichtbar wie der Glaube unsichtbar ist.

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Oft verlieren sich die Dinge, die immer da sind ja leider in der Selbstverständlichkeit und man nimmt sie kaum mehr wahr. Diese Kette habe ich schon eine sehr lange Zeit, seit 50 Jahren bestimmt.

An der Kette hängt auch ein kleiner Steinbock. Ich bin kein typischer Steinbock. Ich hänge nicht an materiellen Dingen. Natürlich bedeutet mir die Kette etwas. Aber sie hat vielmehr einen spirituellen Wert. Ich muss sie nicht andächtig betrachten oder befühlen, um mich an meinen Glauben zu erinnern. Sie verbindet mich nicht mit Gott. Das ist gar nicht möglich. Wenn ich sie abends auf dem Nachttisch ablege, lege ich nicht zugleich meinen Glauben ab. Gott ist in meinem Herzen und in meinen Gedanken. Hätte ich die Kette nicht, er wäre trotzdem dort.

Glaube war immer etwas Natürliches für mich. Meine Eltern haben mir schon als jungen Zens eine Kreuzkette geschenkt. Heutzutage wird einem solchen Schmuck häufig keine religiöse Bedeutung mehr beigemessen, es ist oft nur noch ein Modetrend.

Ich erinnere mich nicht, wo ich diese meine Kette später kaufte, auch nicht, wie viel sie kostete. Ich muss gestehen, ich weiß nicht einmal, aus welchem Material sie ist. Obwohl ich sie doch schon so lange habe. Mein Ziel war aber auch nicht, Gold zu kaufen. Warum sollte das auch besser für den Glauben sein? Viele Menschen aus meinem Familien- und Freundeskreis tragen solche einfachen Ketten. Aber ich schaue später tatsächlich einmal nach. Das interessiert mich jetzt.

Würde ich die Kette verlieren, ja, was würde ich tun? Ich würde mir eine neue kaufen. Warum nicht – soll ich sitzen und weinen? Nein. Habe ich dadurch Gottes Schutz verloren? Nein. Ist es nicht besser, sich sogleich eine neue Freude zu bereiten? Das ist es sicherlich.«

Foto: Dieter Nagl/Getty Images