Ich habe nur fünf Minuten Zeit und will noch schnell ein Parfum kaufen. Bin ich da bei Ihnen richtig?
Das wird schwierig. Ein Parfum wird in unseren Geschäften vor den Augen des Kunden gemischt und dann mit seinem Namen etikettiert. Wir wollen, dass die Menschen den Entstehungsprozess erleben, die einzelnen Inhaltsstoffe riechen und berühren, dass sie lernen, aus welchen Regionen der Erde die Blumen oder das Holz kommen, die dem Duft eine besondere Note geben. So verstehen sie, wie viel Wissen und Fertigkeit hinter dem Parfum steckt, das sie mit nach Hause nehmen. Es ist ein lebendiges Produkt, an dem viele Menschen arbeiten, nicht nur eine Flasche, die man aus dem Regal nimmt und kauft.
Warum ist Ihnen das Handwerk so wichtig?
Der klassische Weg großer Firmen, ein Parfum zu vertreiben, konzentriert sich fast nie auf den Duft selbst, sondern auf ausgefallene Flakons, teure Werbespots, bekannte Designer. Mein Partner Fabrice Penot und ich wollen, dass die Menschen sich wieder in einen Duft verlieben. Dazu müssen sie die Leidenschaft, das Handwerk dahinter kennen. Ihre Flakons sind hingegen sehr schlicht, genauso wie die Namen der Düfte. Braucht ein Parfum nicht einen poetischen Namen?
Wir wollen, dass nichts vom Duft ablenkt. Im Moment gibt es zehn Parfums, die Namen beziehen sich immer auf die wichtigste Zutat: Iris 39, Patchouli 24 oder Jasmin 17 – die Zahlen stehen für die Anzahl der Inhaltsstoffe. Im März kommt der elfte Duft. Wir erschaffen die Parfums zusammen mit den besten Parfumeuren der Welt, etwa mit Françoise Caron, Franck Voelkl oder Daphne Bugey. Zusätzlich entwickeln wir für jede Stadt, in der es unsere Parfums zu kaufen gibt, einen Stadtduft. Man kann ihn nur dort kaufen, nicht übers Internet. Wie ein Souvenir.
Interessant. Wie riecht Berlin?
Der Berlin-Duft ist leider noch nicht fertig. Aber der London-Duft zum Beispiel heißt Poivre 23. Er setzt sich unter anderem zusammen aus Pfeffer, Vanille, australischem Sandelholz und indonesischem Patchouli.
Warum glauben Sie, dass die Menschen sich heute wieder nach dem Handgemachten sehnen?
In den letzten Jahren wurde alles überall verfügbar. Im Gegenzug ist das Bewusstsein für den Ursprung, für die Geschichte hinter einem Produkt gewachsen. Wir haben heute andere Werte als in den Neunzigern, damals ging es vor allem um persönlichen Erfolg. Nun geht es wieder mehr um Inhalte, um Dinge mit Seele. Bei uns erfahren die Menschen die Geschichte ihres Parfums und lernen wieder, bewusst zu riechen. Und darum geht es, denn dieser Sinn ist bei uns im Laufe der Zeit etwas verkümmert.
Edouard Roschi, 36, gründete 2006 in New York mit Fabrice Penot, 35, das Parfumlabel »La Labo«.
Illustration: Jeanne Detallante