»Da ich mich immer gleich kleide, könnte ich mich auch im Dunkeln anziehen«, sagt Prada-Chef Patrizio Bertelli.
SZ-Magazin: Herr Bertelli, Sie entstammen einer alteingesessenen Juristenfamilie aus der Toskana. Was ließ Sie mit dieser Tradition brechen?
Patrizio Bertelli: Der Einschnitt war der frühe Tod meines Vaters. Eine Herzklappe arbeitete nicht mehr richtig, aber die Ärzte waren außerstande zu operieren. 1953 war das Herz noch ein rätselhaftes Objekt. Als er mit 39 starb, war ich sechs Jahre alt. Nach seinem Tod gab es niemanden, der mir sagte, ich müsse die Tradition unserer Familie fortführen.
Gab es in Ihrer Familie jemanden, der sich für Mode interessierte?
Der Vater meiner Mutter führte in vierter Generation ein Schuhgeschäft, aber der Rest der Familie interessierte sich nicht mehr oder weniger für Mode als jeder Italiener.
Wie waren Sie als Teenager?
Ich hatte einen Pferdeschwanz und einen Bart, aber ich war kein esoterischer Hippie, der davon träumte, in einem Ashram in Indien zu leben. Ich war praktisch veranlagt, und es gefiel mir zu lernen. Wenn ich über mögliche Berufe nachdachte, kamen Ingenieur oder Architekt in Frage.
Sie sind Jahrgang 1946. Wie haben Sie die Swinging Sixties erlebt?
Meine tiefsten Eindrücke waren die ersten Alben der Beatles, die Carnaby Street in London und 1971 Stanley Kubricks Clockwork Orange. Als die Achtundsechziger-Bewegung aufkam, habe ich in Bologna Ingenieurswissenschaft studiert. Für jeden von uns war klar, dass wir da mitmachen.
Warum haben Sie Ihr Studium nach ein paar Semestern hingeschmissen?
In meinem letzten Schuljahr war mir aufgefallen, wie hoch die Gewinnspanne beim Verkauf von Ledergürteln ist. Um mir dann als Student Reisen und Skifahren leisten zu können, fing ich an, Gürtel herstellen zu lassen, die ich an Einzelhändler verkaufte. Das Geschäft florierte. Mit 21 hatte ich 25 Angestellte.
Sie gaben Ihrer Firma den Namen »Sir Robert«. Warum?
Wir hatten kein Telefon. Deshalb sind wir zum Telefonieren in die nächste Bar gegangen, und die hieß »Sir Robert«.
Auf der Mailänder Ledermesse Mipel fauchte Sie 1977 eine 28-jährige Frau an, die gerade ein kleines, 1913 von ihrem Großvater gegründetes Familienunternehmen übernommen hatte. Sie warf Ihnen vor, ein Plagiator zu sein, der schamlos die Designs ihrer Firma kopiere. Der Name der Frau war Miuccia Prada.
Ich erinnere mich nicht im Detail an diese Begegnung, aber allzu wütend kann Frau Prada nicht gewesen sein, denn anschließend ist sie eine Kundin von mir geworden.
Frau Prada hatte einen Abschluss in Politikwissenschaften und eine Schauspiel- und Pantomimenausbildung bei Giorgio Strehler am Mailänder Piccolo Teatro hinter sich. Sie war Mitglied der Kommunistischen Partei Italiens und in Frauengruppen aktiv. Das war Ihr Fall?
Nun ja, sie war politisch sehr links, hatte aber eine ungewöhnliche, eher exzentrische Ausstrahlung. Ich sehe sie immer noch vor mir: Sie trug Yves Saint Laurent, aber sie durchbrach die Eleganz mit Secondhand-Teilen, die sie auf Flohmärkten kaufte. Am liebsten kombinierte sie Saint Laurent mit gebrauchten Militäruniformen. Das hatte Stil und Klasse, ohne affektiert zu wirken.
Wie kam ein nüchterner Mensch wie Sie mit einer feministischen Salonbolschewistin zurecht?
Ich fand sie schön, interessant, neugierig und gebildet. Es war angenehm, mit ihr zusammenzusein. Was Feministinnen angeht, gibt es für mich zwei Sorten. Die eine ist generell gegen Männer, die andere setzt sich für die Rechte von Frauen ein. Miuccia gehört zur zweiten Sorte, deshalb gab es zwischen uns nie Streit über dieses Thema.
Nachdem Frau Prada Sie näher kennengelernt hatte, klagte sie, sie habe noch nie so einen arroganten und besserwisserischen Menschen erlebt.
Für die damalige Zeit könnte das eine korrekte Einschätzung gewesen sein. Was die Gegenwart betrifft, ist mein Sohn Giulio viel arroganter, als ich es damals war – zum Glück, denn ich halte Arroganz für einen notwendigen Treibstoff. Ohne die Überzeugung, besser zu sein als andere, schafft man es nicht nach oben. Spätestens mit zwanzig müssen Sie sich entscheiden, ob Sie den Berg der Arroganz hinauf- oder hinuntergehen wollen. Ich habe mich fürs Runtergehen entschieden und wurde als junger Mensch super arrogant.
Wo sind Sie heute auf dem Berg der Arroganz, Tal- oder Bergstation?
Mittelstation. Auf dem Weg nach unten.
Wann wurde bei Frau Prada und Ihnen aus Geschäft Liebe?
Es ist uns nie gelungen, das genau zu klären.
Die Archive sagen, Sie seien nach zwei Jahren zusammengezogen.
Richtig, aber denken Sie nicht, dass wir auch noch im Schlafzimmer Geschäftliches besprochen haben. Ich habe mir aus Prinzip nie Arbeit mit nach Hause genommen, Miuccia auch nicht. Es gab die Verabredung, dass keiner von uns einen Schreibtisch aufstellt, und wenn Freunde zu Besuch kamen, waren geschäftliche Diskussionen tabu.
1987, zehn Jahre nach Ihrem Kennenlernen, haben Sie geheiratet. Wie haben Sie bei Frau Prada um ihre Hand angehalten? Regnete es Rosen?
Wir beschlossen zu heiraten, fertig. Als Hochzeitsdatum wählten wir den 14. Februar – ohne uns darüber klar zu sein, dass das der Festtag der Verliebten ist. Als uns Freunde darauf hinwiesen, dass wir am Valentinstag heiraten, mussten wir lachen. Wäre uns das aufgefallen, hätten wir sicherlich ein weniger klischeehaftes Datum gewählt.
In Ihrer Branche wird erzählt, Sie seien bei Prada der unerbittliche Einpeitscher, der seine ein wenig zögerliche Ehefrau von Expansion zu Expansion treibe. Eine zutreffende Beschreibung?
Zumindest keine verkehrte. Ich habe Miuccia gedrängt, Schuhe zu entwerfen, aber sie hat erst einmal Nein gesagt. Dieses Muster wiederholte sich 1988 bei der ersten Frauenkollektion und später bei der ersten Männerkollektion. Ich war es auch, der Anfang der Neunziger die Idee auf den Tisch legte, eine Kunststiftung zu gründen. Das Problem ist, dass Miuccia Dinge verkompliziert – nein, sagen wir nicht verkompliziert. Sie macht sich sofort strukturelle Gedanken, wohin eine Sache führen soll.
Ihre Frau ist die einflussreichste lebende Modemacherin. Kracht es zwischen Ihnen, wenn es um Prada geht?
Das Wort Krach trifft es nicht. Wir haben die gleichen Ideen für die Zukunft von Prada, aber die Sichtweise auf diese Ideen ist gelegentlich verschieden. Da fangen unsere Diskussionen an.
Warum nennt Ihre Frau Sie stets Bertelli?
Wenn wir unter uns sind, nennt sie mich Patrizio. Das wissen aber die wenigsten. Es ist typisch italienisch, den anderen beim Nachnamen zu nennen und zu duzen. Das fängt schon in der Schule an. Ich weiß, für euch Deutsche mutet es fremd an, aber mir gefällt es viel besser, jemanden mit seinem Nachnamen anzureden.
Es kursieren zwei Geschichten über Sie, die auf ein cholerisches Temperament schließen lassen könnten: Auf dem Parkplatz der Mailänder Prada-Zentrale sollen Sie die Scheinwerfer von schräg geparkten Autos eingetreten haben, in einer Prada-Boutique in New York haben Sie angeblich einen drei mal zwei Meter großen Spiegel zerschmettert, »weil er die Leute fett aussehen ließ«.
Im Kern stimmen die Geschichten. Die Spiegelwand war stümperhaft montiert worden, deshalb sah man sich verzerrt – und wenn ich verzerrt sage, meine ich: hässlich verzerrt. Gehen Sie in eine Prada-Boutique, um sich als kubistisches Gemälde zu betrachten?
Sie gelten als begnadeter Kapitalist. Nur bei der Übernahme von Helmut Lang und Jil Sander Ende der Neunziger nahm Ihr Ruf Schaden. Beide Firmen haben Sie wieder verkauft – wie es heißt, mit horrendem Verlust. Da wir aus Deutschland kommen: Was hat zwischen Jil Sander und Ihnen nicht gestimmt?
Ich habe in Hamburg mit dem deutschen Personal gut gearbeitet. Es gibt immer noch Leute, die mir Grußkarten schicken. Ich galt als deutscher als die Deutschen: überaus genau und höchst pünktlich. Die Mitarbeiter haben sich mit mir sehr wohl gefühlt. Fragen Sie sie.
»Wer ein Unternehmen kauft, sollte so intelligent sein, den früheren Eigentümer rauszuwerfen.
Miuccia Prada und Patrizio Bertelli
Seit 1987 sind Patrizio Bertelli und Miuccia Prada verheiratet, viel länger arbeiten sie schon zusammen. Mit Erfolg: Aus einem mittelständischen Lederwaren-Geschäft in Mailand machten die beiden einen Weltkonzern; im Jahr 2013 setzte die Prada-Gruppe 3,58 Milliarden Euro um. Die Aufgabenteilung ist klar: Sie verantwortet die kreative Linie des Hauses, er die Geschäfte.
Frau Sander beschwerte sich …
Es stimmt nicht, dass ich einen Konflikt mit Jil Sander hatte. Entscheidend war etwas ganz anderes: Wenn ein Modedesigner seine Firma verkauft, sollte der Käufer klug genug sein, das künftige Verhalten des Designers zu antizipieren. Dies nicht getan zu haben, war mein Fehler. Ich wiederhole es für Sie zum Mitschreiben: Es war mein Fehler, nicht vorauszusehen, dass die Zusammenarbeit zwischen Verkäufer und Käufer unmöglich funktionieren kann. Wer ein Unternehmen kauft, sollte so intelligent sein, den früheren Eigentümer rauszuwerfen, statt ihn als Berater anzustellen. Das ist alles, was es zum Thema Jil Sander zu sagen gibt.
Ihr Sohn Lorenzo, 27, hat einen Abschluss in Philosophie und fährt zur Zeit Autorallyes. Ihr Sohn Giulio, 25, hat in London drei Jahre lang Architektur studiert und ist derzeit auf Weltreise. Signalisiert einer von beiden Interesse, den 69-jährigen Papa auf dem Chefsessel abzulösen?
Miuccia und ich haben immer sehr eng mit unseren Söhnen zusammengelebt und ihnen unsere ganze Freizeit gewidmet. Das Mutter-Sohn-Verhältnis ist bei uns genauso intim wie das Vater-Sohn-Verhältnis. Dennoch haben wir unsere Söhne nie gefragt, was sie werden wollen oder ob sie vorhaben, in das Unternehmen einzusteigen. Dieser Pakt zwischen Miuccia und mir gilt bis heute. Dass die Kinder eine tadellose Beziehung zu uns haben, liegt auch daran, dass sie keine Sekunde lang auch nur den geringsten Druck gespürt haben, sich für oder gegen das Unternehmen entscheiden zu müssen. In diesem Punkt sind sie vollkommen frei. Wir überlassen alles dem Zufall.
Ihr Sohn Lorenzo, der philosophierende Rallyefahrer, gilt als meistbegehrtes Date Mailands. Lässt das bei Ihnen die Warnleuchten angehen?
Ach, im Grunde sind beide unkomplizierte Jungs, zum Glück. Sie haben keine seltsamen Neigungen, sie fahren Zug, und sie benutzen Billigfluglinien wie Ryan Air. Von Autorennen und Weltreisen abgesehen führen sie ein Leben, das wenig kostspielig ist.
Halten Sie es für einen Segen, dass Ihre Söhne Bertelli und nicht Prada heißen?
In Italien gibt es ein neues Gesetz, das es erlauben würde, die Kinder Bertelli-Prada zu nennen, aber für Miuccia und mich sind solche Formalitäten kein Thema, über das zu sprechen sich lohnen würde. Ich habe es nie als Frage der Ehre betrachtet, dass die Kinder so heißen wie der Vater.
Gibt es Sätze, die Sie im Leben begleiten?
Ja. Der wichtigste lautet, dass Niederlagen interessanter sind als Siege. Ein Sieger triumphiert, nur lernt er nichts. Würde ich zu den Menschen gehören, die meinen, sie müssen stets gewinnen und all ihre Ziele erreichen, würde Ihnen ein trauriger, unter Problemen stöhnender Mensch gegenübersitzen. Da ich ahne, dass Sie mich als Nächstes nach meiner größten Niederlage fragen werden, gebe ich Ihnen lieber gleich die Antwort: Die größten Lehrstücke meiner beruflichen Laufbahn waren Jil Sander und Helmut Lang. Wie habe ich nur daran glauben können, den Charakter der beiden mit Vernunft und Demut ändern zu können! Ein noch größeres Fiasko kann ich Ihnen wirklich nicht bieten. Alles andere waren bloß Alltagsbanalitäten.
Zu den größten Playern Ihrer Zunft gehören die Franzosen Bernard Arnault und François Pinault. Wie Ihre Frau und Sie sammeln die beiden Kunst, die sie gern in Museen zeigen, die sie selbst bauen ließen. Ist jeder Mode-Milliardär neuerdings ein Möchtegern-Medici?
Pinault treibt eine große Leidenschaft für Kunst an. Bei Arnault wird mir nicht deutlich, warum er in den Kunstmarkt eingestiegen ist. Klar ist nur, dass er nach uns kam. Mäzene sind historisch kein neues Phänomen. Schon im Mittelalter gab es Sammler, die ihre Werke in Stiftungen eingebracht oder dem Staat geschenkt haben. Die Kirche hat sich durch Schenkungen von Sterbenden bereichert und davon Künstler bezahlt. Deshalb verstehe ich nicht, warum unser Engagement von einigen als kulturelle Anmaßung gesehen wird. Schauen Sie sich die Frick Collection in New York an. Fantastisch! Da gehen einem die Augen über! Und wie ist die Sammlung entstanden? Der Stifter Henry Clay Frick war mit Ende dreißig Milliardär geworden, indem er Kohle verkaufte. Er reiste oft nach Europa, um Kunst aus dem 15., 16. und 17. Jahrhundert zu kaufen. Sagen Sie mir: War es eine kulturelle Anmaßung, mit Kohle Kunst zu kaufen?
Die Wertsteigerung von Kunstwerken ist derzeit mit anderen Anlagen kaum zu übertreffen. Würden Sie auch Kunst kaufen, wenn die Preise seit Jahren fielen?
Ja. Wir haben die finanziellen Mittel, um nicht über die Frage nachdenken zu müssen, ob ein Werk im Wert steigt oder fällt.
Kunsthändler erzählen, Sie kaufen Kunst analytisch, Ihre Frau emotional. Richtig?
Falsch. Wir haben den gleichen Grundsatz: Nur wenn Kopf und Herz gleichzeitig Ja sagen, kaufen wir.
Welches Ihrer Kunstwerke retten Sie, wenn’s brennt?
La Fine di Dio von Lucio Fontana.
Am Dom hier in Mailand hängt zur Zeit ein riesiges Werbeplakat der spanischen Schuhfirma Camper. Denken Sie bei diesem Anblick: La Fine di Dio, das Ende Gottes?
Nein. Meine Geschichtsphilosophie ist, dass die gegenwärtige Gesellschaft stets besser ist als die vorherige. Weil ich so denke, akzeptiere ich auch Dinge, die falsch laufen – im Glauben daran, dass man sie später korrigieren wird.
Sie könnten auch sagen: Sorry, liebe Kollegen von Camper, aber Schuhreklame an einem 650 Jahre alten Gotteshaus, das ist Frevel!
So würde ich nicht reagieren. Ich sehe das als Pop-Aktion.
Werden bald Prada-Billboards am Petersdom hängen?
Nein. Da würde ich nicht mitmachen. Pop-Aktionen können ein Problem sein, weil Pop mit kulturellen Versatzstücken spielt, ohne sich um die Empfindlichkeiten der Menschen zu kümmern, die dieser Kultur angehören. Bevor eine Pop-Aktion als Zynismus empfunden wird, verzichte ich lieber auf sie.
Sie gehören zu den Menschen, die jeden Tag das Gleiche anziehen. In Ihrem Fall: grauer Anzug, weißes Hemd, tintenblaue Krawatte. Lassen Sie schneidern?
Nein. Ich trage Stangenware. Sie wären erstaunt, wie leer mein Kleiderschrank ist. Und da ich mich immer gleich kleide, könnte ich mich auch im Dunkeln anziehen.
Kommt es vor, dass Sie kurz vor Ladenschluss in eine Armani-Boutique huschen, um mal etwas anderes als Prada am Leib zu haben?
Nein, das kommt nicht vor. Seit wir 1995 anfingen, Männermode zu machen, habe ich nichts mehr bei der Konkurrenz gekauft.
Calvin Kleins Tochter klagte mal, es sei abtörnend, den Namen ihres Vaters auf den Unterhosen ihrer Liebhaber zu sehen. Können Sie uns sagen, wo ein Mann brauchbare Unterhosen bekommt, die nicht durch sichtbare Herstellernamen entstellt sind?
Sie haben ein Problem, für das ich keine Lösung weiß. Prada hat mal Unterhosen ohne Logo produziert, aber damit haben wir schnell wieder aufgehört. Sie lagen in den Regalen wie Blei. Es gab in Mailand eine Kurzwarenhandlung, die Unterhosen ohne Aufdruck verkauft hat, aber die hat vor zehn Jahren Pleite gemacht. Ich lasse mir meine Unterhosen in einer unserer Fabriken aus Baumwollbatist machen.
Verstehen Sie die Label-Besessenheit vieler Menschen?
Miuccia und ich haben dafür gekämpft, bei Prada keine sichtbaren Labels zu verwenden, aber unsere Kunden haben uns verlieren lassen. Sie wollen das Label sehen. Deshalb haben wir einen Mittelweg gewählt. Wenn Sie die Label-Politik der zwanzig größten Modemarken vergleichen, sehen Sie, dass wir unser Label eher sparsam verwenden.
Sie hatten unlängst Geburtstag. Über was freut sich ein Mensch, dessen Vermögen auf gut vier Milliarden Euro geschätzt wird?
Ich bin Segler, deshalb habe ich mich am meisten über das Tagebuch von John Claus Voss gefreut. Warten Sie, ich hole es. (Bertelli steht auf und holt ein Taschenbuch aus dem Nebenzimmer.) Der Titel lautet The Venturesome Voyages of Captain Voss. Voss stammte aus Schleswig-Holstein und umsegelte von 1901 bis 1904 die Welt in einem umgebauten Einbaum. Lesen Sie das Buch, es ist hochinteressant. Wie hat der Mann in dieser Nussschale eine Weltumseglung durchgehalten?
Ihr nächster Geburtstag ist der siebzigste. Bitte eine Altersweisheit.
Das schlimmste Leiden der Menschheit ist, sich Ziele mit Verfallsdatum zu setzen. Sagt jemand: »Wenn ich das Rentenalter erreicht habe, höre ich auf zu arbeiten« – dann ist er schon tot.
Eine letzte Frage noch: Seit der ersten Minute dieses Gesprächs kritzeln Sie Zahlen, Buchstaben und rätselhafte kleine Figuren auf einen DIN-A4-Block. Haben Sie Ihre Zeichnungen mal einem Psychologen gezeigt?
Nein, aber das könnte ich eigentlich mal machen. Die kleinen Karos sind in Momenten des Nachdenkens entstanden. Dieses Karo zum Beispiel ist Jil Sander. Dieses Achteck steht für die Weltumseglung in einem Einbaum. AR ist das Autokennzeichen meiner Heimatstadt Arezzo. Die Zahl 1963 steht für das erste Beatles-Album Please Please Me.
(Fotos: Christian Jungeblodt, Fondazione Prada, new Milan venue Courtesy OMA and Fondazione Prada)
Foto: Kuba Dabrowski