Monotom

Seit seinem Abgang von Gucci und Yves Saint Laurent ist der Modeschöpfer Tom Ford nur noch eine Kopie seiner selbst. Und Imitate interessieren in der Modebranche niemanden.

Tom Fords Auftritte wirken seltsam in letzter Zeit. Dabei sieht er eigentlich wie immer aus: angestrengt seriöser Blick, Dreitagebart, sanfte Bräune, das weiße Hemd ein paar Knöpfe offen, das Brusthaar entblößt, Sakko und Jeans identisch von Bild zu Bild, Party zu Gala, Cocktailempfang zu Preisverleihung. Man glaubt seinen Spruch, dass er die Sachen auch mal drei Monate lang gar nicht wechselt, sofort. Nur der Haaransatz scheint, Millimeter um Millimeter, langsam die Stirn hinaufzuwandern, aber das kann Täuschung sein. Vielleicht bewegt sich im Leben des Tom Ford momentan gar nichts vor und nichts zurück. Die letzte große Meldung über ihn liegt zwei Jahre zurück. Es war sein Abgang (Kündigung, Rausschmiss, was auch immer) bei den Modehäusern Gucci und Yves Saint Laurent, wo er lange, teilweise mit großem Erfolg und Tamtam, als Modeschöpfer und Mastermind wirkte. Nach der Trennung nannte er Yves Saint Laurent ein »Arschloch« und kündigte an, nun als Regisseur, Produzent und Autor nach Hollywood zu gehen, wobei er auf seine reiche Erfahrung in Sachen Sex, Glamour und Massengeschmack verwies. Allerdings ist ihm bisher erst eine Regiearbeit gelungen: eine Oscar-Party in seinem Haus in Bel Air, für die er persönlich die Kellner auswählte und jeden einzelnen von Hair- und Make-up-Experten bearbeiten ließ. Ansonsten: nichts. Dieses große Nichts ist auf allen Tom-Ford-Fotos zu sehen, gewissermaßen als geheime Botschaft. Es wäre aber kaum weiter aufgefallen, wenn er sich nicht auch noch im Februar in die Hollywood-Ausgabe von Vanity Fair gedrängt hätte. Dort trat sein Brusthaar an der Seite von Keira Knightley und Scarlett Johansson auf, außerdem nuckelte er an zwei riesigen Silikonbrüsten. Damit ist die Wahrheit nicht länger zu leugnen: Das Fass, aus dem Tom Ford als Modeschöpfer so reichlich geschöpft hat, gärt immer weiter und enthält mittlerweile eine Jauche aus lahmer Provokation, angeranzter Ironie und zielloser Wichtigtuerei. Was gut war an Tom Ford, das wird jetzt klar, entstand aus der Differenz von Mann und Marke. Hier eine altehrwürdige, zwischenzeitlich verkommene Modedynastie, dort ein Amerikaner aus Texas, der ästhetisch auf Schwulenstricher im »Studio 54« machte – das ergab die ganze Spannung, um nicht zu sagen Relevanz. Als ihm die Marke abhanden kam, war der Mann auf sich selbst zurückgeworfen. Er wurde seine eigene Marke aus Brust, Bart und Blick. Wie man inzwischen sieht, war das leider so ziemlich das Ungünstigste, was passieren konnte. Aber es hilft nichts. Tom Ford verkauft jetzt »Tom Ford«, in Form von Sonnenbrillen und Kosmetik. Im Herbst soll der erste Superstore unter diesem Namen in New York eröffnen, mit einer neuen Modelinie für den solventen Herrn. Also sind die Hollywood-Träume offenbar begraben und die Jauche wird noch mal erhitzt und neu aufgegossen. Vielleicht ist das ja der Grund, warum seine Auftritte in letzter Zeit so seltsam wirken: Da steht einer, der sich entschlossen hat, endgültig nur noch die eigene Haut zu vermarkten.