Der Mann, der weiß, wie man Wahlen gewinnt

Der Meinungsforscher Manfred Güllner durchschaut das Politikgeschäft wie kaum ein zweiter – und weiß genau, welcher Kandidat Kanzlerformat hat und welcher nicht.

    In der SPD ist Manfred Güllner, Deutschlands wohl bekanntesten Meinungsforscher, immer noch, auch wenn man manchmal meinen könnte, dass ihm keine Partei ferner liegen könnte. Es gibt kaum einen Sozialdemokraten in Spitzenfunktion, den er nicht öffentlich abgekanzelt hätte - Lafontaine, Scharping, Engholm und nun auch Martin Schulz. Alle kein Kanzlerformat. Und deshalb ist Güllner auch einer der umstrittensten Figuren seiner Zunft, einer der polarisiert, weil er seine Ergebnisse oft in drastische Worte verpackt: »Beck muss weg« war so ein Satz. »Ralf Stegner ist ein Kotzbrocken« ein anderer.

    »Wir sind keine bloßen Fliegenbeinzähler«, erklärt der 75-Jährige Gründer und Chef der Forsa-Instituts im Interview mit dem SZ-Magazin. Er müsse die Ergebnisse seiner Umfragen schließlich auch interpretieren. Dass er auf diese Weise gerne Meinung mache, sei allerdings oft eine Unterstellung jender, denen die Befunde nicht passten. Alles sei durch Zahlen gedeckt und transparent. Es sei allenfalls eine Stilfrage, so hart zu formulieren.

    Seit mehr als 30 Jahren befragt Güllners Institut Forsa die Deutschen. Am Telefon. Was umtreibt sie, wovor haben sie Angst, welches Autos wollen sie sich demnächst kaufen? Sollte es eine Obergrenze für Flüchtlinge geben? Und natürlich: Wen würden sie wählen, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre? Für die Schlagzeilen, die in seinen Wahlprognosen stecken, ist er zuständig. Als Deuter, Prophet und manchmal auch als Scharfrichter.

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    Im Interview gibt Güllner zu, dass er Kritik auf sich zieht mit seiner Art: »Das muss ich aushalten, ich sage ja gelegentlich auch böse Sachen über andere.« Und teilt weiter kräftig aus. Gegen die Grünen, deren Ende er heraufziehen sieht. Gegen den Kandidaten aus Würselen. Und gegen die AfD, die er als systemkritisch und antidemokratisch bezeichnet.

    Dabei ist Güllner ein zurückhaltend auftretender Mensch, der leise spricht und seine Verdikte mit regungsloser Miene oder einem sardonischen Lächeln verkündet. Ein Mann, der sich seiner Zahlen sicher ist, ein Nerd im blauen Anzug, der jederzeit alle Umfrageergebnisse der letzten zehn Bundestagswahlen herunterbeten kann. Inklusive den Ergebnissen der Konkurrenz. Man kann in ihm einen Provokateur sehen, der Stimmungsmache mit Wissenschaft verwechselt. Oder eben einen Sozialforscher, der sich nicht scheut, Klartext zu reden. Irgendwo dazwischen hat er seine Bühne gefunden.

    Mit 75 denkt Güllner auch über den nahenden Ruhestand nach. Die Zukunft der Umfrageforschung macht ihm trotz der Konkurrenz durch Big Data keine Sorgen. Die steigende Zahl der sporadischen Nichtwähler und der Zustand der Parteiendemokratie schon eher. Was hat er in all den Jahren des Befragens über uns Deutsche gelernt? Wie werden Wahlen entschieden? Was muss ein Kandidat mitbringen, um die Menschen für sich zu gewinnen? Um all diese Fragen geht es im SZ-Magazin-Interview, und schließlich erklärt Güllner noch, warum er glaubt, dass Populisten auch in Deutschland reüssieren könnten.

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    "Wir sind immer der Störenfried gewesen"

    Forsa-Chef Manfred Güllner ist einer der dienstältesten Meinungsforscher des Landes. Ein Gespräch über Deutungshoheit und darüber, wie man Wahlen gewinnt.

    Foto: Urban Zintel