"Helfen befreit die Seele"

Interviews mit Menschen, die wir gut finden. Diese Woche: Claude Tete Adabunu hat zwei Jobs in Deutschland und hat nebenbei alleine eine Schule in Togo renoviert.

Respekt, Herr Adabunu, Sie haben eine Schule in Togo renoviert – so gut wie alleine, ohne irgendeine Hilfsorganisation.
Claude Tete Adabunu: Ich war nicht ganz allein. Ich arbeite beim TÜV München Süd, als Systemingenieur, zwanzig Arbeitskollegen haben mich unterstützt. Und die Schule ist auch noch nicht fertig. Wir konnten erst einmal die drei Klassenzimmer renovieren, die am schlimmsten aussahen. Wir haben Fenster und Türen eingesetzt, das Dach abgedichtet, aber es gibt noch eine Menge zu tun.

Woher wussten Sie, dass die Schule kaputt ist?
Ich stamme aus Togo, vor 14 Jahren kam ich nach Deutschland. Meine beiden Brüder und ich gingen ins Ausland, weil unser Vater Oppositionspolitiker war. Vor drei Jahren besuchte ich mit meiner Frau und meinem Sohn Mutter und Schwester, die in Togo geblieben sind. Freunde zeigten Kevin, meinem Sohn, die Grundschule in Aného – bis zu 80 Kinder gehen dort in eine Klasse. Sie saßen zu fünft in einer Bank oder unter dem Baum, weil das Dach leck war und die Wände einfielen, da musste man einfach etwas tun. Wie haben Sie das bezahlt?
Jeder Kollege vom TÜV hat mir fünf oder zehn oder zwanzig Euro mitgegeben. Charles Schumann gab mir mehr, tausend Euro, ich selbst habe noch mal 1700 Euro gespart.

Schumann, der Münchner Barbesitzer?
Wir spielen zusammen Fußball. Aber auch alle, die weniger Geld spendeten, haben
von den Kindern in Afrika als Dankeschön ein Foto von den neuen Klassenzimmern bekommen. Deswegen wollen auch so viele mitmachen: Ich bringe jetzt jedes Jahr aus dem Urlaub in Togo Fotos mit, auf denen die Leute hier sehen, was mit ihrem Geld passiert. Bei anderen Spendenorganisationen sehen sie das nicht. Und gerade in Afrika kann man nie sicher sein, ob Hilfsgüter und Gelder nicht irgendwo verschwinden. Ich habe einen Freund in Aného, der jeden einzelnen Karton aus dem Containerhafen abholt und die Arbeiten an der Schule selbst ausführt. Meine Kollegen trauen mir, ich traue meinem Freund.

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Sie würden sicher mehr Geld bekommen, wenn Sie den Leuten Quittungen einer ordentlichen gemeinnützigen Hilfsorganisation ausstellen könnten.
Natürlich. Aber wissen Sie, wie schwierig es in Deutschland schon ist, einen Fußballverein zu gründen? Ich habe Familie und im Augenblick sogar zwei Jobs, beim TÜV und abends helfe ich meiner Frau bei ihrem Stand auf dem Münchner Christkindlmarkt, da bleibt keine Zeit für Bürokratie. Und ich habe ja auch nicht den Ehrgeiz, eine große Hilfsorganisation zu leiten oder später einmal Abgeordneter in Togo zu werden. Ich will ja nur dieser Schule helfen. Ich helfe, weil es die Seele befreit, wie wir in Togo sagen.

Was gibt es noch zu tun?
Die Kinder brauchen Toiletten, zehn Toiletten kosten etwa 3000 Euro. 500 Kinder ohne eine einzige Toilette, können Sie sich das vorstellen? Und die Kinder haben ja überhaupt keine Spielsachen dort, ein Trampolin wäre toll. Sommerkleider können sie auch gut gebrauchen. Ich schicke regelmäßig Kartons im Container runter, ein großer Umzugskarton kostet hundert Euro.
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(Auf Wunsch stellt die Redaktion Kontakt zu Claude Tete Adabunu her, schreiben Sie uns einfach an online@sz-magazin.de)