Respekt, Herr Gurrath, Sie haben Ihre Karriere als Lehrer aufgegeben, um weiter in Ihrer Death-Metal-Band zu spielen.
Thomas Gurrath: Das Regierungspräsidium Stuttgart, das für mich als Referendar zuständig war, stellte mich vor die Entscheidung:
Entweder distanziere ich mich von meiner Death-Metal-Musik, oder ich werde kein Lehrer. Die Entscheidung fiel mir nicht schwer: In erster Linie bin ich Musiker.
Das Regierungspräsidium fand die Texte und Fotos Ihrer Band Debauchery gewaltverherrlichend. Sie singen vom »Blutgott« und posieren auf Bildern mit Motorsäge über einer nackten Frau. Was wollen Sie uns damit sagen?
Nichts. Wir haben keine Aussage, wir sind eine reine Entertainment-Band. Das kann man mir sogar ankreiden. Wir haben keinen sozialkritischen Ansatz wie beispielsweise Napalm Death. Bei mir ist das reine Geschmackssache. Mir gefällt die Ästhetik. Ich schaue auch gern Horrorfilme, lese Fantasybücher und finde Monster und Aliens toll.
Haben Sie den Ärger in der Schule nicht geahnt?
Doch, natürlich, nur das Ausmaß war mir nicht klar. Haben Ihre Schüler Sie auf Ihre Band angesprochen?
Nein, die wussten das gar nicht. Ich war seit Januar 2010 Referendar für Ethik und Gemeinschaftskunde an einem Gymnasium. Im März muss dann jemand aus dem Regierungspräsidium meinen Namen gegoogelt haben, als ich für einen Bandauftritt Urlaub beantragt habe.
Wie kann man sich ein Debauchery-Konzert vorstellen?
Wir sehen aus wie die »Blue Man Group«, nur in Rot. Das mit dem Kunstblut hatten wir uns zu Beginn mal überlegt, um aufzufallen und nicht so schuljungenmäßig rüberzukommen. Jetzt gehört es zum Image, nervt aber, weil es so tierisch klebt.
Dürften Ihre eigenen Kinder Ihre Musik hören und Videos sehen?
Wenn Sie alt genug wären. In einem unserer Videos haben zum Beispiel zwei Frauen miteinander Sex, das ist aber auch erst ab 18 freigegeben. Als Erwachsener soll sich jeder seine eigene Meinung bilden.
Und nun? Kann man vom Death Metal leben?
Einigermaßen.
Wenn man darüber nachdenkt, könnte Ihre Geschichte auch ein netter Guerilla-Marketing-Gag gewesen sein.
Dann war es aber ein lange geplanter: Ich habe sechseinhalb Jahre auf Lehramt studiert.
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Thomas Gurrath, 29, lebt in Stuttgart. Seine Band heißt Debauchery, also »Ausschweifung«. Warum? »Weil die coolen Namen wie Slayer oder Overkill alle schon weg waren.«
Christoph Cadenbach (Interview)