Wer öfter beruflich mit den USA zu tun hat, weiß: Man kriegt sofort Antwort – oder nie. Wobei das Nie häufiger vorkommt. Das Büro von Larry Moss aber antwortet umgehend. Immer. Ja, Interview klappt, Berlin, Hotel, 16 Uhr – Larry wird da sein. 90 Minuten hat er Zeit, wie gewünscht.
Berlin, Hotel, 16 Uhr, Larry Moss kommt auf die Minute pünktlich aus dem Aufzug in die Halle, er sieht aus wie auf den Videos und den Fotos, nämlich wie ein pensionierter Golflehrer. So gar nichts Wildes hat er, nichts Wüstes, nichts Verwegenes, keine Aura umgibt ihn, nichts, was einen daran denken lassen könnte, dass er Leute wie Leonardi di Caprio, Helen Hunt, Hillary Swank, Tobey Maguire nicht nur auf ihre Rollen vorbereitet, sondern dass er auch in fast allen Fällen ihr enger Freund ist.
Coacht er gerade keinen dieser Hollywoodstars, reist er durch die Welt, Berlin, Paris, Moskau und gibt Workshops für Schauspieler, bei denen sich jeder, der ein paar hundert Euro locker macht, anmelden kann. Was er wohl besser macht als andere Schauspielcoaches: Er arbeitet die spezifische Eigenheiten der Schauspieler heraus, setzt bei der Skriptanalyse an, immer mit dem Ziel, Skript und Rolle glaubwürdig zum Leben zu erwecken. Er war ja lang selbst Schauspieler, stand in New York auf der Bühne und hat 1990 in L.A. das Larry-Moss-Studio eröffnet.
Dann erzählt er leise, fast flüsternd, doch immer faszinierend über seine Freunde, die Hollywoodschauspieler, und warum es nichts langweiligeres als Stars gibt. Lang redet er darüber, wie er mit Leonardo DiCaprio für eine Rolle über das sich bücken und aufheben von Dingen gesprochen hat. Und während man sich noch denkt: »Wie bitte?«, erklärt Larry Moss längst furios, wie ein Schauspieler mit einer solchen Geste einen Menschen charakterisieren kann: Wie alt ist er? Wie wichtig ist ihm der Gegenstand, den er aufhebt? Macht er es achtlos, nebenbei, oder gehört ihm seine ganze Aufmerksamkeit. Steckt er ihn ein? Hält er ihn in der Hand? Fünf Minuten mindestens redet er über die verschiedenen Möglichkeiten, um zum Schluss zu sagen: »Mit seinem Körper kann man viel mehr transportieren als mit Worten. Das muss ein Schauspieler verstehen.«
Er trinkt zwei Gläser Rotwein. Nach zwei Stunden, nicht nach 90 Minuten wie ausgemacht, steht er so freundlich und leise auf wie er gekommen war und verabschiedet sich. Und als mein Stift in diese Stille, die plötzlich herrscht, auf den Boden kullert, überlege ich lange, wie ich ihn am besten aufhebe.
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Foto: dpa; Getty Images; rtr; SZ-Photo/Regina Schmeken