Den Ventura Boulevard in Tarzana, dem schmuddeligen Randgebiet des San Fernando Valley, benutzen die Prominenten von Los Angeles lediglich, wenn sie sich in einem der Tattoo-Studios tätowieren lassen wollen. Oder wenn der Stau den Highway nach Malibu verstopft.
Britney Spears fuhr am 16. Februar um halb acht abends den Ventura Boulevard Richtung Pazifik, und was genau in ihrem Kopf vorging, wissen wir nicht – obwohl ein Heer von Psychologen seit diesem Tag versucht, ihr Benehmen zu analysieren. Am Morgen war die Sängerin aus einer Entzugsklinik in Antigua abgereist und checkte angeblich am Samstag im Cedars-Sinai Medical Center in Beverly Hills ein. In der Zwischenzeit muss sie furchtbar unzufrieden mit ihrer Frisur gewesen sein. Also wies sie spontan ihren Fahrer an, den Jeep auf den Parkplatz vor dem kleinen Hinterhoffriseur namens »Esther’s Haircutting Studio« zu steuern. Die Paparazzi stellten ihre Autos in ein paar Metern Entfernung ab. Der Rest ist Legende: Weil die Friseurin sich weigerte, selbst Hand anzulegen, drückte ihr der Bodyguard fünfzig Dollar in die Hand und Britney rasierte sich den Kopf eigenhändig kahl. Durch die Tür fotografierten Paparazzi.
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Zehn Monate später möchte Esther Tognozzi über die ganze Angelegenheit nicht mehr lange reden. CNN war da und wohl ziemlich jeder Journalist der westlichen Welt, so kommt es ihr vor. Tognozzi, Typ italienische Mamma aus einem Schwarz-Weiß-Film, hat auf dieselben Fragen zu oft dieselben Antworten geliefert: Britney saß auf dem dritten der vier Frisierstühle; sie weinte; sie sagte, ihre Mutter werde sicher wütend reagieren wegen der Glatze; sie wollte weder über die Kinder sprechen noch über das Wetter. Nachdem der Kopf geschoren war, ließ sich Britney eine Tüte geben, stopfte die Haare hinein und verschwand, um sich ein paar Blocks weiter im Tattoo-Studio »Body and Soul« Lippen auf das Handgelenk tätowieren zu lassen. »Ich dachte nur noch, hoffentlich holt die Mutter ihre Tochter bald nach Hause und päppelt sie wieder auf«, sagt Tognozzi.
In der Eile hatte Britney viele Haare auf dem Boden liegen gelassen. Tognozzi holte Besen und Schaufel und sammelte die Reste der schmutzig blonden Strähnen ein. Sagenhafte Idee: Sie würde Britneys Haare im Internet versteigern und ein Vermögen damit verdienen. »Was heißt schon ›Britneys Haare‹?«, sagt Tognozzi. Ihre echten Haare waren doch höchstens zehn Zentimeter lang gewesen, und angeschweißt waren noch mal zehn Zentimeter künstliche Verlängerungen.
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Bereits am Sonntag, den 18. Februar, hatte Esther Tognozzi die Website buybritneyshair.com freischalten lassen, über die sie die zusammengeklaubten Haare zum Mindestgebot von einer Million Dollar beim Internetauktionshaus Ebay anbot – das von der Sängerin zurückgelassene Bic-Feuerzeug, die Haarclips und eine Dose Red Bull im Preis inbegriffen. Die Website versprach: »Die ultimative Britney-Spears-Erfahrung! Dieses Stück Geschichte kann niemals kopiert werden.« Doch in der Woche bis zum 23. Februar boten Hunderte Leute aus aller Welt Haare von Britney Spears auf Ebay zum Verkauf. Ein Anbieter behauptete, die Schwester eines Freundes habe ein paar Locken an der Schuhsohle kleben gehabt – und forderte 30 000 Dollar. Schließlich, so Ebay-Sprecherin Catherine England, musste das Auktionshaus sämtliche Angebote verbannen – auch das von Tognozzi.
Es waren ohnehin keine Gebote eingegangen, gibt die Friseurin zu. »Dabei hätte ich so gern einen Teil des Geldes an ›Locks Of Love‹ gespendet. Das ist eine Organisation, die Kindern hilft, wenn sie unter Haarausfall leiden.« Anfang Dezember listete Ebay sechs Angebote auf für »Fotos von Britney inklusive Haar« zum Preis ab 4,09 Dollar. Doch vor diesen Offerten warnt Tognozzi. Schließlich kennt nur sie den Ort, wo sich das echte Haar befindet: »Es liegt an einem sicheren Platz.«