Anbaden
Binz, Ostsee
Am 1. Mai wird angebadet. Ganz so wie vor 125 Jahren, als das Baden im Meer zuerst bei Adeligen als schick und gesundheitsfördernd galt. Offensichtlich waren die Menschen damals klassenübergreifend weniger kälteempfindlich: Anfang Mai dürfte die Ostsee kaum wärmer als zehn Grad sein, trotz Klimawandels, doch hartgesottene Schwimmer läuten die Freiluft-Badesaison seit den Neunzigerjahren wieder so früh im Jahr ein. Ganz traditionell, teilweise auch in historischen Kostümen. Binz ist das größte und bekannteste Seebad auf Rügen: mit einer über drei Kilometer langen Strandpromenade und historischen weißen Villen aus der Zeit der vorletzten Jahrhundertwende.
Strandhotel Nymphe, Binz, DZ ab 90 Euro, Tel. 038393/12 20-000, www.hotel-nymphe.de.
Foto: dpa
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Berginsel
Ritten, Südtirol
Man sagt, der Begriff Sommerfrische sei hier erfunden worden: Auf das Hoch-
plateau über Bozen reist man schon seit mehr als 300 Jahren. Zwei bis drei Monate lang entflohen die ersten adeligen Sommerurlauber in Feriendomizilen wie Maria Himmelfahrt oder Oberbozen der Hitze im tausend Meter tiefer gelegenen Tal. Die Zeit in der »Frisch« vertrieb man sich mit Empfängen, Boccia-Turnieren, Scheibenschießen und großen Sommerfesten wie dem »Schießstandball«. Und man ging hinaus in die Natur, wanderte durch kleine Lärchenwälder und grüne Wiesen mit Aussicht auf die Dolomiten, den Schlern, den Rosengarten, den Latemar. Der Rücken des Ritten ist eine Insel in einem Meer von Gipfeln. Viele alte Landhäuser der ehemaligen Sommerfrische-Siedlungen stehen noch. Im »Parkhotel Holzner« übernachtet man zwischen antiken Möbeln, die schönsten Zimmer sind nach Norden oder Osten ausgerichtet – der Frische wegen. Sigmund Freud schrieb auf dem Ritten Totem und Tabu und feierte auch Silberhochzeit. Franz Kafka schrieb von hier an seine Milena. Sie konnten schon die Bergbahn benutzen, die seit 1907 von Bozen auf den Ritten fährt.
Parkhotel Holzner, 39059 Oberbozen Ritten, DZ ab 186 Euro inkl. Halbpension, Tel. 0039/ 0471/34 52 31, www.parkhotel-holzner.com.
Foto: ddp
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Malerfrische
Kochel, Kochelsee
Was für ein Bild von einem See! Vorn liegt mit Kochel ein gewachsenes, noch intaktes Dorf mit kleinen Pensionen, dazwischen der See mit noch lebendiger Fischertradition, direkt dahinter der Herzogstand und die Berge. Man kann den See zu Fuß umrunden, aber nicht mit dem Auto – das hat sicher geholfen, seinen Charme als Münchner Sommerfrische zu erhalten, den der Kochelsee seit Franz Marc besitzt. Ja, ganz recht, die »Blauen Reiter« lebten, malten und badeten nicht nur im berühmteren Staffelsee. Marcs Museum wurde übrigens renoviert. Sehenswert!
Gästehaus Egner, Kochel am See, DZ ab 70 Euro, Tel. 08851/228, www.gaesthaus-egner.de.
Foto: Tourismusverband Kochel
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Badewanne
Zingst, Ostsee
Früher gehörte Zingst zur sogenannten Badewanne Berlins. Doch zu DDR-Zeiten geriet die Halbinsel an der Ostsee als Erholungsort etwas in Vergessenheit, als in dem Naturschutzgebiet nur Honecker & Co. jagen gehen durften. Von der ganz großen Strandkorbattacke aus dem Westen blieb der feinkörnige Sand bis heute verschont. Nur drei Stunden mit dem Auto von Berlin entfernt hat man hier – trotz verbliebenem Ost-Charme – das Gefühl, richtig weit weg und Himmel und Meer ganz nah zu sein.
Hotel Meerlust, 18374 Ostseeheilbad Zingst, DZ ab 200 Euro, Tel. 038232/88 50, www.hotelmeerlust.de.
Foto: dpa
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Kraftplatz
Altaussee, Ausseerland
Der Kaiser und der Adel gingen gemeinsam in Bad Ischl zur Sommerfrische, das Wiener Bürgertum, die Künstler und Literaten zog es dreißig Kilometer weiter zum Altausseer See – seit Johannes Brahms sich dort 1882 in der Seevilla zum ersten Mal zu seinem Frühlingsquintett ans Klavier setzte, wie es heißt. Die Schriftsteller Jakob Wassermann und Hermann Broch waren hier Sommerfrischler, allerdings auch Adolf Hitler, in seiner Zeit als Maler, und später neben Göring auch einige österreichische Nazi-Funktionäre. Heute kommen wieder viele Künstler nach Altaussee. Einige mieten sich als Sommerfrischler in Privathäuser und Pensionen ein, andere wie Klaus Maria Brandauer und Elisabeth Trissenaar haben sich gleich einen Zweitwohnsitz zugelegt. Auch Wirtschaftsgrößen und Politiker mischen sich im Sommer unter die Gäste. Ob die magische Anziehungskraft des Ortes vom sogenannten Kraftplatz stammt, den Gläubige am südlichen Seeufer ausgemacht haben wollen? Die Sommerfrische beginnt mit der Fangzeit für die Saiblinge und den großen Ferien in Wien im Juni, sie endet erst mit dem Ausseer Bierzelt-Fest Anfang September. Im Winter kann man die siebeneinhalb Kilometer um den See spazieren, ohne einer Menschenseele zu begegnen – sofern der Weg nicht wegen Lawinengefahr gesperrt wird.
Seevilla, Altaussee, DZ ab 150 Euro inkl. Halbpension, Tel. 03622/713 02, www.see-villa.at.
Foto: Tourismusverband Ausseerland
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Lago di Thoma
Rottach-Egern, Tegernsee
Als »Lago di Bonzo« galt der Tegernsee die längste Zeit nach dem Krieg, wegen einiger Industrieller, die hier wohnten und wohnen. Inzwischen hat ihn längst der Starnberger See als Lieblingsdomizil der Reichen abgelöst; die vielen Fußball- und sonstigen Millionäre bevorzugen den See vielleicht, weil er etwas wärmer ist. Am Tegernsee findet man weitaus mehr urige Pensionen und Wirtschaften, auch vergleichsweise günstige. So wie schon zu Ludwig Thomas Zeiten, der in der Nähe von Rottach-Egern die Lausbubengeschichten schrieb.
Hotel Maier zum Kirschner, Rottach-Egern, DZ ab 90 Euro, Tel. 08022/671 10, www.hotel-maier-kirschner.de.
Foto: ap