Das Innere der Zukunft

Morgen ist heute gestern: Interior Design, das auf der Höhe der Zeit sein will, muss jetzt schon nach übermorgen aussehen. Logisch, oder?

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in Ihrem Wohnzimmer und schauen auf die Wand – die schmückt eine Tapete mit Weidenbäumen. Ein Motiv von William Morris aus dem Jahr 1887. Plötzlich fangen die Blätter an sich zu wiegen, ein Vogel flattert durchs Geäst, dann trabt ein Zebra ins Bild. Der Erfinder dieser beweglichen Bilder »Look at your Walls« heißt Christopher Pearson, er ist Designer und arbeitet für die Gruppe Droog in Holland. Seine computeranimierte Tapete wurde dieses Jahr auf der Mailänder Möbelmesse präsentiert.

(Foto: Matrix - Bücherregal von Aziz Sariyer für Derin Design. Es ist aufgebaut wie ein Koordinatensystem und lässt sich beliebig erweitern.)

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Wir beobachten ein neues Phänomen im Design: Möbel und Objekte kommen aus der virtuellen Welt in unseren Alltag und verändern unsere Wahrnehmung. Im Minimalismus der Neunzigerjahre war ein Tisch ein Tisch, oft sogar mehr ein Monolith aus massiven Holz- oder Betonflächen. Jetzt löst sich die Form auf, Gegenstände entmaterialisieren sich, sie werden transparent oder können schweben.
Bereits Anfang des neuen Jahrtausends hat ein Münchner Industriedesigner ein zukunftsweisendes Möbel entworfen, ein Konstrukt aus leeren Waben, einen skelettierten Stuhl, den er »Chair One« genannt hat. Die Silhouette, das Durchscheinende waren der erste Ausdruck einer neuen Computerästhetik, die unseren Alltag inzwischen mitgestaltet. (Foto: Silhouette - Die Liege »Sign« von MDF Italia holt die Computerzeichnung in die reale Welt.)

Die letzte Konsequenz: Möbel werden virtuell, sie existieren nur noch im Computer und können in Räume projiziert werden. Bald gehen wir in unser Wohnzimmer, klappen unser Notebook auf, regeln die Zimmertemperatur, spielen unsere Lieblingsmusik ab und gestalten erst mal den Raum um. Auf den Wänden erscheinen Tische, Stühle oder Lampen, die vollkommen real wirken. Die virtuelle Tapete war nur der erste Schritt.
(Foto: Illusion - Beistelltisch »Grand Illusion« von John Brauer für Interform als transparente Acryl-Tischdecke. Die Beine sind in den Spitzen der Decke verborgen.)

(Foto: Zoom - Spiel mit den Größenverhältnissen am Beispiel der »Butterglocke«, die von Studio Job für Bisazza zu einer raumgreifenden Skulptur
gestaltet worden ist.)

(Foto: Virtualität - Die Tapete »Look at your Walls« von Christopher Pearson für Droog Design existiert nur noch als Projektion.)

(Foto: Steinzeit - Der Sessel »Leatherworks« von Fernando und Humberto Campana für Edra formuliert die Antithese zum Trend.)