Am 7. und 8. November vergangenen Jahres war es soweit. Genau vierzig Jahre, nachdem Van Morrison sein Meisterwerk Astral Weeks aufgenommen hatte, spielte er das Album nun in der Hollywood Bowl nach – erstmalig, komplett, mit Jay Berliner an der Gitarre, der schon bei den Original-Sessions dabeigewesen war. Ohne Zweifel ein außergewöhnliches Ereignis. Aber auch eine musikalische Sternstunde? Wenige Tage vor dem Konzert hatte ich auf Morrisons Website zufällig davon gelesen. Es war einer dieser Momente, wo man elektrisiert vor dem Rechner sitzt und sofort einen Flug ans andere Ende der Welt buchen möchte. Ich blieb dann doch in Deutschland; Eintrittspreise zwischen 75 und 350 Dollar haben die Entscheidung erleichtert. Zum Glück erfahren all jene, die nicht dabei gewesen sind, recht zügig, wie sich das Ganze angehört hat: Am 10. Februar erscheint Astral Weeks: Live At The Hollywood Bowl auf Manhattan/Blue Note Records.
Ich hatte bereits Gelegenheit, das Album zu hören. (Auch auf Youtube sind schon Clips zu sehen.) Da es erst in drei Wochen erscheint, will ich noch keine ausführliche Rezension schreiben, sondern nur einen ersten Höreindruck wiedergeben. Also: Es ist ein Album, das ich am liebsten zehn- oder zwanzigmal hintereinander hören würde; von den ersten, markanten Bassnoten an hat dieser Live-Mitschnitt etwas magisches.
Van Morrison war noch nie jemand, der einen Song zweimal auf dieselbe Art gesungen hätte, und so interpretiert er auch dieses Material auf seine unnachahmliche Weise, fügt neue Worte hinzu, verdichtet, ornamentiert. Astral Weeks war unverkannbar das Werk eines jungen Mannes, der seinen Weg noch nicht gefunden hatte, angetrieben von der Spannung zwischen jugendlichem Drang und poetischer Melancholie. Was er dem Material nun, mit 63, hinzufügt, als wie zeitlos sich die originale Stimmung der Platte erweist, wird noch genauer herauszuarbeiten sein.
Gleichzeitig möchte ich in den Wochen bis zum Erscheinen des Albums der Frage nachgehen, was die überraschende Rückkehr zu Astral Weeks für Morrisons Karriere bedeutet. Im Rolling Stone hat er im vergangenen Herbst behauptet: »I always wanted to play the record live and fully orchestrated.« Das mag sein, andererseits hat Morrison bei vielen Gelegenheiten deutlich gemacht, wie ambivalent er das Album sieht.
Während alle Welt vor Astral Weeks niederkniete, beklagte sich der Künstler verschiedentlich darüber, dass das Album nur teilweise seinen Vorstellungen entsprechen würde. Selten hat er das Material live gespielt, allenfalls »Sweet Thing« und »Cyprus Avenue« tauchten gelegentlich in seinen Setlists auf. Und wenn Fans in Konzerten nach Stücken von Astral Weeks riefen, konnte es passieren, dass sie von Morrison rüde abgekanzelt wurden: Mit dem alten Zeug wolle er nichts mehr zu tun haben.
Nun also die Kehrtwende. Mehr zu Van Morrison und Astral Weeks, zum alten und zum neuen Album, demnächst an dieser Stelle. Hier noch die Tracklist von Astral Weeks: Live At The Hollywood Bowl:
1. Astral Weeks – I Believe I've Transcended 9:55
2. Beside You 5:59
3. Slim Slow Slider - I Start Breaking Down 7:45
4. Sweet Thing 5:38
5. The Way Young Lovers Do 3:18
6. Cyprus Avenue – You Came Walking Down 5:59
7. Ballerina 9:45
8. Madame George 8:43
9. Listen To The Lion – The Lion Speaks 7:44
10. Common One 6:39