In den acht Jahren als Bundestrainer hat Joachim Löw beides kennengelernt: übertriebene Ovationen und überzogene Kritik, aber noch nie stand er so unter Druck wie heute. Wir fanden: der ideale Zeitpunkt, um ihm ein paar Fragen zu stellen. Also haben wir Prominente gebeten, uns zu schreiben, was sie schon immer von Jogi Löw wissen wollten. Wir haben uns nicht nur Fußball-Fragen gewünscht, sondern auch private, absurde, heikle, provokative. Die 45 besten haben wir dem Bundestrainer gestellt. Natürlich geht es um unseren Kader in Brasilien, aber auch um Liebeskummer, Homosexualität, Mode und Spielerfrauen.
Peter Brugger, Sänger der Sportfreunde Stiller
»Bekommen Sie es mit, wenn ein Spieler unter Liebeskummer leidet?«
Jogi Löw: »Als Trainer bin ich kein privater Problemlöser. Liebeskummer machen Fußballer wie die meisten anderen Menschen eher mit Freunden oder sich selbst aus. Zu mir kommen sie eher mit sportlichen Problemen: wenn der Vereinstrainer sie wenig spielen lässt oder sie darüber nachdenken, den Verein zu wechseln.«
H.P. Baxxter, Sänger von Scooter
»Wie sprechen die Spieler Sie an: Sie? Du? Trainer?«
Löw: »Ein Trainer hat nicht mehr oder weniger Autorität, weil er sich siezen oder duzen lässt. Und mit ›Herr Löw‹ muss mich ganz sicher keiner ansprechen. Manche duzen mich, zum Beispiel Lukas Podolski, weil der mich noch aus der Zeit als Assistenztrainer von Jürgen Klinsmann kennt. Die meisten sagen einfach ›Trainer‹, um das Du zu umgehen.«
Christiane Hörbiger, Schauspielerin
»Was war der bisherige Höhepunkt Ihres Lebens?«
Löw: »Die Besteigung des Kilimandscharo. Wir nahmen einen schwierigen Aufstieg, über fünf Tage, und in der letzten Nacht geriet ich körperlich und psychisch an meine Grenzen. Wir waren tagsüber bereits zwölf Stunden gegangen und marschierten, nach einer nur kurzen Pause, bei minus 30 Grad über Eis und Stein durch die Dunkelheit. Ich wollte permanent umkehren, aber irgendwas trieb mich weiter. In dieser Nacht passierten Dinge in meinem Kopf, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Bei Sonnenaufgang waren wir auf dem Gipfel. Und ich spürte dieses Glücksgefühl, dass man fast alles schaffen kann auf der Welt.«
Frank Plasberg, TV-Moderator
»Werden Titel im Fußball überschätzt?«
Löw: »Nein. Titel sind das Wichtigste, für einen Trainer wie für die Fans. Nur Titel verschaffen vollkommene Zufriedenheit. Für mich als Trainer gibt es aber auch jenseits von Pokalen eine große Befriedigung: Wenn ich das Gefühl habe, dass die Elf oder auch einzelne Spieler besser geworden sind. 2004 war Deutschland weit weg von den besten Mannschaften der Welt, die Nationalelf lag am Boden. Damals haben wir gesagt: Wir müssen unseren Spielstil umstellen, wir müssen die anderen auch mal fußballerisch, nicht nur kämpferisch vor Probleme stellen. Inzwischen gehören auch Kreativität, Technik und Spielwitz zu den deutschen Tugenden, und das gibt mir schon ein gutes Gefühl.«
Andreas Gursky, Fotograf
»Wie viele Minuten oder Sekunden am Tag denken Sie zur Zeit nicht an Fußball?«
Löw: »Während einer Weltmeisterschaft übernimmt der Fußball Tag und Nacht meinen Geist und meinen Körper. Selbst wenn ich mitten in der Nacht aufwache, ist das nächste oder letzte Spiel sofort präsent. Ich habe aber gelernt, in den Wochen ohne Wettkampf nach zwei, drei Stunden konzentrierter Arbeit im Büro ganz bewusst eine Pause einzulegen. Ich schalte dann den Computer und das Telefon aus und gehe einen Espresso trinken oder ein bisschen laufen. Ich habe gelernt, mir bewusst Freiräume zu nehmen. Nur so kann ich mein Pensum bewältigen.«
Maria Höfl-Riesch, Skifahrerin
»Warum ist Ihre Frau nie bei einem Spiel dabei?«
Löw: »Sie täuschen sich. Meine Frau ist relativ häufig dabei. 2012 in Polen, 2010 in Südafrika und bei der EM 2008 in Österreich und der Schweiz war sie bei fast jedem unserer Spiele im Stadion. Allerdings sitzt sie meistens nicht auf der VIP-Tribüne, sondern irgendwo mit Freunden.«
Wim Wenders, Filmregisseur
»Viele Fußballspiele haben eine irre spannende Dramaturgie. Natürlich auch deswegen, weil sie sich, im Gegensatz zum Kino, niemand ausgedacht hat. Denken Sie, dass Sie die Dramaturgie eines Spiels voll im Griff haben?«
Löw: »Während des Spiels kann ich nur bedingt Einfluss darauf nehmen, was auf dem Platz passiert. Ich stelle die Mannschaft ein, entwerfe einen Plan, versuche die Übersicht zu bewahren - und muss am Ende doch improvisieren, weil sich die Dinge auch mal ganz anders entwickeln. Bei diesen Änderungen in der Hitze des Spiels entscheide ich meistens nicht rational, sondern intuitiv. Es ist genau diese Unberechenbarkeit, die Fußball so faszinierend macht. Im Handball oder Basketball ähneln sich die Spielzüge mehr, man kann sie besser planen und vorhersehen, weil wir Menschen einen Ball mit den Händen einfach besser kontrollieren können als mit den Füßen. Im Fußball stehe ich permanent vor der Frage: Was jetzt? Aber auch ins Kino gehen wir doch genau deshalb: weil wir das Ende des Films nicht kennen.«
Sahra Wagenknecht, Die Linke-Politikerin
»Der ehemalige argentinische Nationaltrainer César Luis Menotti sagte einmal sinngemäß, ›rechter Fußball‹ sei der Terror der Taktik, beim ›linken Fußball‹ gehe es auch um die Ästhetik des Spiels und die Freude der Menschen. Ist Deutschlands Fußball linker geworden?«
Löw: »Mir ist wichtig, dass meine Spieler mit links und rechts gut schießen können.«
Cem Özdemir, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen
»Haben Sie schon einmal an einer politischen Demonstration teilgenommen? Wenn ja, an welcher?«
Löw: »Noch nie, nein. Meine demokratischen Rechte nehme ich wahr, indem ich immer zur Wahl gehe.«
Daniel Brühl, Schauspieler
»Wer ist neben Poldi der lustigste in der Kabine?«
Löw: »Man unterschätzt vielleicht, wie ruhig es da vor einem Spiel oder in der Halbzeit zugeht. Da herrscht eine konzentrierte und angespannte Stille. Nach Siegen sieht es natürlich anders aus: Marco Reus kann sehr locker sein. Und Thomas Müller ist unglaublich schlagfertig, auch mir gegenüber.«
Michel Friedman, Moderator und Publizist
»Was empfinden Sie, wenn Sie die deutsche Nationalhymne singen und hören?«
Löw: »Ich kriege eine Gänsehaut, weil die Hymne signalisiert: Jetzt geht es los. Sie erinnert mich aber auch daran, dass wir unser Land repräsentieren, 80 Millionen Bürger - ein Gedanke, der uns Kraft gibt und das Gefühl vermittelt, dass wir eine Gemeinschaft sind. Seit der WM 2006 in Deutschland hat sich der Umgang mit Nationalsymbolen sehr entkrampft. Damals hingen deutsche Flaggen an den Autos, die Menschen haben sich deutsche Farben auf die Wangen gemalt. Ich fand das wohltuend. Natürlich sind wir uns der dunklen Seiten unserer Geschichte stets bewusst, aber wir wissen auch, dass das heutige, demokratische Deutschland ein Staat ist, zu dem man sich klar bekennen kann.«
Wolfgang Niedecken, Sänger von BAP
»Können Sie mir wenigstens drei stichhaltige Gründe verraten, mit denen ich gegenüber meinen kritischen Söhnen die Vergabe der WM 2022 nach Katar rechtfertigen könnte?«
Löw: »Ich kann als Außenstehender schwer beurteilen, wie solche Entscheidungen zustande kommen, deshalb kann ich Ihnen auch keine drei guten Gründe nennen. Als Trainer habe ich Bedenken, was die Hitze dort betrifft. Ich glaube aber, man sollte Katar eine Chance geben. Ich denke an die WM 2010 in Südafrika, da hatten die Leute zuvor auch sehr viele Bedenken. Zumindest, was die Logistik und Organisation angeht, könnte ich mir vorstellen, dass Katar viele positiv überraschen wird.«
Christian Lindner, FDP-Politiker
»In meiner Branche ist Homosexualität längst akzeptiert, unsere Hauptstadt wird von einem schwulen Bürgermeister regiert und ein schwuler Außenminister hat Deutschland in der Welt repräsentiert. Warum ist Ihre Branche so verklemmt, dass im Profifußball Homosexualität immer noch als Stigma verstanden wird?«
Löw: »Man kann Fußball und Politik in dieser Frage nicht vergleichen: Im Sport sind wir den Emotionen der Öffentlichkeit viel direkter ausgesetzt, wir haben immer Zehntausende Zuschauer direkt an der Seitenlinie, und die Gefühle im Stadion schlagen spontan sehr hoch. Wenn sich da ein aktiver Spieler als homosexuell outet, bekommt er die emotionalen Reaktionen rivalisierender Fans unmittelbar zu spüren. Das darf man nicht unterschätzen. Ich wünsche mir aber, dass Thomas Hitzlspergers Bekenntnis bei uns allen zu einem entspannteren Umgang mit dieser Thematik beiträgt.«
Monica Lierhaus, TV-Moderatorin
»Nennen Sie mir drei Gründe, warum Jürgen Klopp 2016 Ihr Nachfolger wird!«
Löw: »Er hat eine schicke Frisur, eine sympathische Frau und einen guten Humor (lacht). Allerdings auch einen Vertrag bei Borussia Dortmund bis 2018. Und ich glaube, er hat schon mehrmals geäußert, dass er keine Verträge bricht. Ein absoluter Fußball-Fachmann und überragender Trainer ist er allemal.«
Jürgen Flimm, Theater-Intendant
»Wen hätten Sie in den Siebziegern mit der 10 Aufgestellt: Netzer oder Overath?«
Löw: »Da ich von beiden ein großer Fan war, hätte ich wahrscheinlich eine Doppel-Zehn erfinden müssen. Günter Netzer war mein großes Vorbild. Aber auch Wolfgang Overath habe ich sehr geschätzt. Er war ehrgeizig, technisch stark und hät gekämpft wie ein Löwe.«
Juli Zeh, Schriftstellerin
»Wenn die Bundeskanzlerin zum Kader der Nationalmannschaft gehören würde, auf welcher Position wäre sie mit ihren (strategischen) Fähigkeiten am besten aufgehoben?«
Löw: »Auf jeden Fall wäre sie sofort im Mannschaftsrat. Auf dem Platz wäre sie mit ihrem Überblick auf einer zentralen Position im Mittelfeld gut aufgehoben, am besten in der Nähe von Bastian Schweinsteiger. An seiner Seite würde sie sich besonders wohlfühlen, und ich bin sicher, die beiden würden prima harmonieren.«
Bülent Ceylan, Comedian
»Welche Beeinträchtigungen erwarten Sie bei der WM in Brasilien durch die Massenproteste?«
Löw: »Als es zu den ersten Massenprotesten kam, war ich gerade beim Konföderationen-Pokal in Brasilien. Die Proteste erschienen mir durchaus berechtigt. Denn die Leute haben friedlich dafür demonstriert, dass der Staat mehr in die Bildung ihrer Kinder und ins Gesundheitswesen investiert. Das sind elementare Forderungen, und ich finde es durchaus legitim, wenn die brasilianischen Bürger die WM als Bühne für ihre Forderungen benutzen. Beim Konföderationen-Pokal standen wir wegen der Demonstrationen auch mal im Stau, aber wenn das die Beeinträchtigungen sind, mit denen wir zu kämpfen haben, finde ich das in Ordnung, das ist nicht so tragisch. Wichtig ist, dass die Proteste friedlich bleiben.«
Franz-Josef Bode, Bischof von Osnabrück
»Im christlichen Glauben spielen Begriffe wie Schuld und Versöhnung eine wichtige Rolle. Wie gehen Sie mit einem Spieler um, der im Endspiel das entscheidende Eigentor schießt?«
Löw: »Fußball ist ein Mannschaftssport. Man gewinnt zusammen, man verliert zusammen. Deshalb bin ich mir relativ sicher, dass ich nie einem einzelnen Spieler die Schuld für eine Niederlage geben würde. Wenn einem Einzelnen ein folgenschwerer Patzer unterläuft, würde ich versuchen, ihn zu trösten. Und so wie ich unsere Mannschaft einschätze, würden vor allem die Mitspieler demjenigen zur Seite stehen.«
Martin Kaymer, Golfprofi
»Worauf sind Sie in Ihrem Leben besonders stolz?«
Löw: »Ich bin nicht der Typ, der ständig auf etwas stolz ist. Ich bin dankbar, dass ich gesund bin und diesen Job machen kann. Als Kompliment empfinde ich es, wenn mir ein Freund sagt, dass ich mich durch meine Tätigkeit oder den Erfolg in den ganzen Jahren nicht verändert habe.«
Jan Ullrich, Ex-Radprofi
»Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?«
Löw: »So oft wie möglich in Freiburg. Da bin ich gern. Das ist für mich ein Rückzugsort.«
Gregor Gysi, Die Linke-Politiker
»Woran liegt es, dass ein Teil der Fußballfans viel aggressiver ist als die Eishockeyfans, obwohl Eishockey aggressiver ist als Fußball?«
Löw: »Kann man diesen Vergleich wirklich ziehen? Fußball ist die große Leidenschaft von Millionen Menschen auf der ganzen Welt, eine riesige Bühne, und die zieht natürlich auch mit größerer Wahrscheinlichkeit Leute an, die negativ auffallen wollen. Gewalttäter im Fußball sind eine Minderheit, sie missbrauchen den Fußball, sie sind keine Fans, sie haben in den Stadien nichts zu suchen.«
Tim Mälzer, Koch
»Wie weit würde die derzeitige Nationalmannschaft mit mir als Trainer kommen?«
Löw: »Vor ein paar Tagen war ich in Ihrem Restaurant in Hamburg. Also, wenn Sie so coachen, wie Sie kochen, hätte ich ein gutes Gefühl. Wenn Sie aber so ein Fußballgenie wie unser Mannschaftskoch Holger Stromberg sind, würden wir die Vorrunde eher nicht überstehen.«
Charles Schumann, Barbesitzer
»Was essen, was trinken, was lesen Sie gern?«
Löw: »Ich lese gern historische Romane und Biografien. Vor einigen Tagen habe ich mit einer Biografie über Willy Brandt angefangen. Trinken: am liebsten einen guten Rotwein. Und zum Essen gehe ich, trotz der Niederlage bei der EM 2012, immer noch zum Italiener an der Ecke.«
Rupert Stadler, Vorstandsvorsitzender der Audi AG
»Was ist Ihr persönlicher Beitrag gegen Rassismus im Fußball?«
Löw: »Es gibt viele Projekte des DFB und des Fußballs, bei denen ich mich, auch gemeinsam mit meinem Trainerteam, engagiere. Ich glaube aber, dass wir in der Nationalelf die höchste Form des Kampfs gegen Rassismus vorleben: Wir haben Spieler unterschiedlichster Herkunft, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit - und es spielt überhaupt keine Rolle, wo Boateng, Özil, Reus oder Müller herkommen. Die Nationalelf ist eine Gemeinschaft, die Integration ganz selbstverständlich vorlebt. Der Fußball hat eine ungemein integrative Kraft - nicht nur an der Spitze, sondern auf allen Ebenen, weltweit.«
Uschi Glas, Schauspielerin
»Was machen Sie, was gönnen Sie sich, wenn Sie mal wirklich Zeit für sich haben?«
Löw: »Ein- oder zweimal die Woche selber Fußball spielen, in der Halle, mit Freunden. Das Gefühl, mal wirklich für ein paar Tage auszubrechen, hatte ich zuletzt bei unserem Urlaub in den USA: Wir fuhren mit dem Auto von San Francisco nach Los Angeles, und ich spürte diese Unendlichkeit, diese Freiheit, einfach mal weit weg zu sein von zu Hause, von allem.«
Olli Dittrich, Schauspieler und Musiker
»Könnte ein Spieler mit Fußballschuhen aus den 50er-Jahren die gleiche Leistung auf dem Platz bringen wie mit den maßangefertigten Schuhen von heute?«
Löw: »Ein guter Spieler kann in allen Schuhen spielen. Übrigens auch ohne. Aber ein Profi von heute hätte sicher erst mal Probleme, sich in den klobigen Modellen von damals zu bewegen.«
Sebastian Vettel, Formel-1-Weltmeister
»Warum geben Sie Stefan Kießling keine echte Chance, in der Nationalmannschaft zu spielen?«
Löw: »Stefan war schon Nationalspieler unter mir, auch bei der WM 2010 war er im Kader. Die jetzige Situation habe ich vor einigen Wochen mit ihm in Leverkusen besprochen: Ich habe ihm gesagt, dass ich auf der Mittelstürmerposition eher auf Miroslav Klose und Mario Gómez zähle. Aber sollte sich jemand verletzen oder in ein Formtief geraten, bin ich bereit, meinen Plan komplett zu überdenken.«
Thomas Struth, Fotograf
»Haben Sie schon einmal um einen Spieler geweint?«
Löw: »Ja. Als ich erfuhr, dass sich unser Torwart Robert Enke selbst getötet hatte, lag ich in der Nacht wach und habe geweint.«
Frank-Markus Barwasser, Kabarettist
»Ob FIFA-Skandale, Sklavenhaltung der Arbeiter in Katar oder Rassismus - der Fußballs soll nicht politisch sein, ist es aber ständig. Wäre es nicht ein wichtiges Signal, wenn sich zu diesen Themen auch ein angesehener Bundestrainer wie Sie zu Wort meldete, also jemand, dem man abnimmt, dass es ihm tatsächlich um Sport geht und nicht um Politik? Dürfen Sie sich da wirklich heraushalten?«
Löw: »Meine Aufgabe ist es, die Nationalelf voranzubringen. Für die sportpolitischen Fragen gibt es Offizielle und Funktionsträger, die dafür ein Mandat haben, entsprechende Argumente an den zuständigen Stellen vorzutragen. Der DFB hat sich durch Präsident Wolfgang Niersbach ja klar positioniert, er war auch gemeinsam mit dem DGB-Vorsitzenden Michael Sommer bei der FIFA, um sich für bessere Arbeitsbedingungen in Katar einzusetzen. Ich teile und unterstütze diese Haltung.«
Helge Schneider, Musiker und Schauspieler
»Kannst du kochen«?
Löw: »Meine Frau kann es besser als ich.«
Joy Denalane, Sängerin
»Welcher Song verkörpert Ihren Siegeswillen zur WM 2014 derzeit am meisten?«
Löw: »Generell repräsentiert The Winner Takes It All von Abba eine WM am besten. Am Ende gibt es einen Gewinner und 31 Enttäuschte.«
Hellmuth Karasek, Literaturkritiker und Autor
»Haben Sie sich ein abhörsicheres Handy angeschafft, damit Ihr Vorgänger Klinsmann, der jetzt die Amerikaner trainiert, nicht per NSA Ihre Taktik abhören kann? Und werden Sie der Kanzlerin Merkel deshalb in keinem Fall Ihre Mannschaftsaufstellungen verraten?«
Löw: »Nie würde ich meine Aufstellung am Telefon besprechen, nicht einmal mit meinen engsten Vertrauten. Und ich bin sicher, die Kanzlerin ist weniger an der Aufstellung als am Ergebnis interessiert.«
Söhne Mannheims, Musikgruppe
»Dürfen Spielerfrauen mit zur WM? Und auch mal im Mannschaftsbus mitfahren?«
Löw: »Die Spielerfrauen sind willkommen, auch mal im Quartier. Ihre Anwesenheit, übrigens auch die der Kinder, sorgt an freien Tagen immer für eine gute Atmosphäre. Der Mannschaftsbus dagegen bleibt das, was er ist: ein Bus für die Mannschaft.«
Doris Dörrie, Regisseurin und Schriftstellerin
»Wer oder was hilft Ihnen bei Niederlagen?«
Löw: »Im ersten Moment helfen Gespräche mit der Familie oder engen Freunden, und zwar über Themen, die nichts mit Fußball zu tun haben. Doch als Trainer muss man auch lernen, eine Niederlage zu verarbeiten. Man darf eine Niederlage nicht einfach
wegschieben.«
Edmund Stoiber, Ehemaliger bayerischer Ministerpräsident
»Als Bundestrainer sehen Sie Ihre Elf nur für wenige Trainingstage. Wie groß ist die Lust, eine Mannschaft in täglicher Arbeit zu formen, vielleicht bei einem europäischen Spitzenclub?«
Löw: »Bundestrainer zu sein hat viele Vorteile: Ich sehe den internationalen Fußball aus der Vogelperspektive, kann nach Barcelona oder London fliegen, um mir dort das Training und die Entwicklungen des Spiels anzusehen. Dieser Überblick war wahnsinnig wichtig für meine persönliche Entwicklung. Wenn es überhaupt einen kleinen Wermutstropfen gibt, dann die von Ihnen genannte Tatsache, dass ich die Mannschaft so selten zusammenhabe. Im Herzen bin ich Trainer. Im Moment habe ich mit der Nationalelf sehr viel Spaß.«
Martin Sonneborn, Journalist und Satiriker bei der Titanic
»Wer gebietet über die demokratiefernere Organisation: Kim Jong-un oder Sepp Blatter?«
Löw: »Soviel ich weiß, ist die FIFA eine demokratische Organisation, in der es auch Wahlen gibt. Ob man mit den Wahlergebnissen immer einverstanden ist, sei jedem selbst überlassen. Aber ich bin mir sicher, die Titanic wird uns über diese Wahlprozesse jeweils umfangreich aufklären.«
Friederike Kempter, Schauspielerin
»Welches Lied würde in der Kabine vor den Spielen laufen, wenn es nach Ihnen ginge?«
Löw: »Dieser Weg von Xavier Naidoo war unser Lied von 2006 bis 2010. Ich mochte es, vor allem die Zeile ›Dieser Weg wird steinig und schwer‹ hat immer gepasst. Für die WM in Brasilien gibt es noch kein neues Lied, so was muss sich ganz natürlich entwickeln. Und ich befürchte, dass ich sowieso keine Chance hätte, meinen Geschmack durchzusetzen. Die Spieler würden es mir wohl um die Ohren hauen, wenn sie hier lesen, was ich gern auflegen würde: Udo Jürgens oder so …«
Götz Alsmann, Musiker und Moderator
»Lesen Sie manchmal die Dinge, die anonym in Internetforen über Sie geschrieben werden?«
Löw: »Nie. Um es mit Karl Valentin zu sagen: Ich ignoriere es nicht einmal.«
Joe Kaeser, Vorstandsvorsitzender der Siemens AG
»Herr Bundestrainer, was können Vorstandsvorsitzende von Ihnen lernen und was besser nicht?«
Löw: »In Sachen Finanzen und Verwalten kann man von mir eher weniger lernen. Ich finde es wichtig, dass man als Führungsperson seinen Mitarbeitern immer die Wahrheit sagt. Man sollte klare Ziele formulieren und diese konsequent durchsetzen, aber bei allem Druck die Menschlichkeit nie vergessen.«
Caroline Link, Filmregisseurin
»Haben Sie eine(n) deutsche(n) Lieblingsschauspieler(in)?«
Löw: »Ich gehe gern und viel ins Kino. Johanna Wokalek und Heike Makatsch mag ich gern. Aber meine Lieblingsschauspielerin ist definitiv Karoline Herfurth. Wenn ich weiß, dass sie mitspielt, sitze ich garantiert im Kino.«
Michael Sommer, Bundesvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes
»Finden Sie es nachvollziehbar, dass ein spanischer Fußballverein fast 100 Millionen Euro für einen einzigen Fußballspieler ausgibt, während Spanien unter einer schweren Wirtschaftskrise und einer Jugendarbeitslosigkeit von mehr als 50 Prozent leidet?«
Löw: »Fußball ist ein Unterhaltungsspektakel geworden, mit riesigen Medien- und Wirtschaftsinteressen, nur so sind solche Zahlungen möglich. Aber rational nachzuvollziehen sind sie für mich persönlich nicht mehr.«
Ilse Aigner, CSU-Politikerin
»Welche Spitzenpolitiker würden Sie in welchen Positionen aufstellen?«
Löw: »Wolfgang Schäuble würde unserer Mannschaft mit seiner Erfahrung guttun. Er würde mir im Mittelfeld gefallen, ein bisschen hinter der Kanzlerin, als Absicherung für Angela Merkel. Frank-Walter Steinmeier könnte ich mir in der Abwehr vorstellen, ein ruhender Pol, sehr seriös, ausgeglichen und standhaft, neben Jérôme Boateng vielleicht. Und dann würden wir wahrscheinlich noch Horst Seehofer einbauen. Da würde er sich als Bayer mit Philipp Lahm sehr gut verstehen.«
Charly Hübner, Schauspieler
»Wo waren Sie, als 1990 das deutsche Team den WM-Titel gewann, und was haben Sie damals getan?«
Löw: »Ich war in der Schweiz, als Profispieler des FC Schaffhausen. Das Endspiel haben wir mit Freunden und Kollegen zusammen im Garten angeschaut. Als Deutscher musste ich mich gegen so manchen Spruch der Schweizer verteidigen. Die Bemerkungen waren natürlich immer mit Augenzwinkern, aber man muss auch sagen, dass die Schweizer - wie wohl viele Ausländer - der deutschen Nationalelf damals nicht ausschließlich wohlgesinnt waren. Das hat sich durch die attraktive Spielweise der letzten Jahre vielleicht etwas geändert.«
Ingo Zamperoni, ARD-Fernsehjournalist
»Was machen Sie, wenn Sie in Brasilien erneut auf Italien treffen?«
Löw: »Klar weiß ich, dass Deutschland in achtzig Jahren noch nie bei einer WM gegen Italien gewonnen hat, trotzdem haben wir nicht diese Phobie vor Italien, wie manche das glauben. Bei der EM 2012 haben wir 1:2 verloren, doch da haben wir zwei, drei schwerwiegende Fehler gemacht, die an jenem Tag nicht nur Italien, sondern auch andere Mannschaften ausgenutzt hätten. Ich bin ganz sicher: Wenn wir unsere Stärken voll ausspielen und einen guten Tag erwischen, können wir Italien schlagen.«
Christian Ude, Münchner Oberbürgermeister
»Was werden Sie nach Ihrem Trainer-Leben tun?«
Löw: »Ich will nichts ausschließen. Aber als Oberbürgermeister sehe ich mich eher nicht.«
Illustrationen: Ward Schumaker, Jungyeon Roh, Domitille Collardey, Damien Florebert Cuypers, Ping Zhu, Daniel Heidkamp