Was wäre, wenn…

… alle Menschen gleichzeitig in die Luft sprängen? Wie viel Platz braucht das Internet? Egal wie abstrus die Frage ist: Der ehemalige NASA-Robotertechniker und Comicautor Randall Munroe beantwortet sie (fast immer) streng wissenschaftlich auf seiner Webseite.

DER EINSAMSTE MENSCH

Wann und wo war ein Mensch am weitesten entfernt von jeder anderen lebenden Person? Und hat er sich da einsam gefühlt?
Bryan J McCarter

Die wahrscheinlichsten Verdächtigen in unserem Falle sind die sechs Apollo-Raumfahrer, die während der Mondlandungen in der Kommandokapsel blieben und mit ihr den Mond umkreisten: Mike Collins, Dick Gordon, Stu Roosa, Al Worden, Ken Mattingly und Ron Evans. Jeder dieser Astronauten blieb allein in der Kapsel zurück, während zwei seiner Kollegen auf dem Mond landeten. Am entferntesten Punkt ihrer Umlaufbahn trennten ihn etwa 3585 Kilometer von den anderen Raumfahrern.

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Nun denken Sie vielleicht, Astronauten hätten den Rekord fest in der Hand, aber so sicher ist das gar nicht. Es gibt ein paar andere Kandidaten, die ziemlich nah herankommen!

Polynesier
Es ist schwer, 3585 Kilometer zwischen sich und einen auf Dauer unbewohnten Ort zu bringen. (Wegen der Erdkrümmung müssten Sie sogar 3619 Kilometer auf der Erdoberfläche schaffen, um für den Titel infrage zu kommen.) Die Polynesier, die sich als erste Menschen über den Pazifik verbreiteten, mögen es geschafft haben, aber nur, falls ein einsamer Segler allen übrigen Menschen schrecklich weit voraus gewesen ist. Das kann passiert sein – vielleicht durch ein Missgeschick, bei dem jemand in einem Sturm weit von seiner Gruppe fortgetragen wurde –, aber wir werden es wohl nie genau wissen.

Inzwischen ist es praktisch unmöglich, auf der Erdoberfläche noch Regionen zu finden, in denen es jemand auf 3585 Kilometer Abstand zu seinen Mitmenschen bringen könnte, denn selbst der antarktische Kontinent ist dauerhaft von Forschern bevölkert.

Entdeckungsreisende in der Antarktis
In der Zeit, als die Antarktis erstmals erforscht wurde, sind einige Menschen der Bestmarke der Astronauten nahe gekommen, und es ist möglich, dass einer von ihnen tatsächlich den Rekord hält. Sehr nahe heran kam Robert Falcon Scott. Er war ein britischer Forschungsreisender, dessen Leben tragisch endete. Sein Expeditionsteam erreichte 1911 den Südpol und musste feststellen, dass der norwegische Entdeckungsreisende Roald Amundsen schon ein paar Monate früher dort gewesen war. Der völlig niedergeschlagene Scott und seine Gefährten machten sich auf die strapaziöse Rückreise zur Küste, aber alle starben, als sie das Ross-Schelfeis überquerten. Das letzte überlebende Expeditionsmitglied wäre für kurze Zeit einer der isoliertesten Menschen auf der Welt gewesen. (Amundsens Expedition hatte zu dieser Zeit den Kontinent bereits verlassen.) Doch wer immer es gewesen sein mag, seine Entfernung zu den nächsten Menschen – zu den Außenposten anderer Antarktisforscher und zu den Maori von der neuseeländischen Stewart-Insel (Rakiura) – lag noch innerhalb der 3585 Kilometer.

Es gibt noch haufenweise andere Kandidaten. Der französische Seemann Pierre François Péron behauptete, auf der Amsterdam-Insel im südlichen Indischen Ozean ausgesetzt worden zu sein. In diesem Fall hätte er die Astronauten beinahe geschlagen, aber er war ein kleines Stück zu nahe dran an Mauritius, Südwestaustralien und dem Rand von Madagaskar.

Mit Sicherheit werden wir es wahrscheinlich niemals wissen. Es ist möglich, dass der Titel »Isoliertester Mensch der Welt« irgendeinem schiffbrüchigen Seemann zukommt, der im 18. Jahrhundert in einem Rettungsboot durchs Südpolarmeer trieb. Aber so lange nicht plötzlich ein überzeugendes historisches Beweisstück auftaucht, haben meiner Meinung nach die sechs Apollo-Astronauten ziemlich gute Ansprüche auf den Rekord.

Das bringt uns zum zweiten Teil von Bryans Frage: Fühlten sie sich einsam?

Einsamkeit
Nach seiner Rückkehr zur Erde sagte Mike Collins, der Pilot der Kommandokapsel von Apollo 11, er habe sich überhaupt nicht einsam gefühlt. In seinem Buch Carrying the Fire: An Astronaut’s Journeys schrieb er über dieses Erlebnis:

»Weit davon entfernt, mich einsam oder verlassen zu fühlen, spüre ich ganz intensiv, dass ich ein Teil von dem bin, was auf der Mondoberfläche vor sich geht … Ich will nicht leugnen, dass ich ein Gefühl der Abgeschiedenheit habe. Es ist einfach da, noch verstärkt durch die Tatsache, dass der Funkkontakt mit der Erde plötzlich abbricht, wenn ich hinter dem Mond verschwinde.

Jetzt bin ich allein, wirklich allein und völlig isoliert von allen bekannten Lebensformen. Wenn man eine Zählung machen würde, wären es dort, auf der anderen Seite des Mondes, drei Milliarden plus zwei, auf dieser Seite aber nur ein einziger Mensch plus Gott weiß was noch.«

Al Worden, Pilot der Kommandokapsel von Apollo 15, hat die Erfahrung sogar genossen:

»Allein sein ist das eine, einsam sein etwas anderes. Es sind zwei verschiedene Dinge. Ich war allein, aber nicht einsam. Als Jagdflieger bei der Luftwaffe und später als Testpilot (meistenteils in Kampfflugzeugen) war ich es durchaus gewohnt, auf mich allein gestellt zu sein. Ich habe es uneingeschränkt genossen. Ich musste mit Dave und Tim nicht mehr reden … Auf der erdabgewandten Seite des Mondes brauchte ich nicht einmal mehr mit Houston zu sprechen, und das war der beste Teil des Fluges.«

Introvertierte Menschen werden das verstehen: Der einsamste Mensch der Weltgeschichte war einfach nur glücklich, ein paar Minuten seine Ruhe zu haben.

»Was wäre, wenn mein Drucker Geld drucken könnte – würde das die Welt verändern?«

KEINE BLÜTEN

Was wäre, wenn mein Drucker Geld drucken könnte – würde das die Welt verändern?
Derek O’Brient

Auf ein DIN-A4-Blatt passen etwa vier Banknoten. Wenn Ihr Drucker eine Vorder- und Rückseite Hochqualitäts-Vollfarbdruck pro Minute schafft, kämen Sie auf 200 Millionen Dollar pro Jahr.

Das ist genug, um Sie sehr reich zu machen, aber nicht genug, um die Weltwirtschaft zu beeinflussen. Da gegenwärtig 7,8 Milliarden 100-Dollar-Scheine im Umlauf sind und die Lebensdauer eines solchen Scheins etwa 90 Monate beträgt, müssen jedes Jahr ungefähr eine Milliarde davon neu hergestellt werden. Ihre zwei Millionen Extrascheine würden da wahrscheinlich kaum auffallen.

NETZ ZUM MITNEHMEN

Wie viel physischen Raum beansprucht das Internet?
Max L.

Es gibt eine Menge Möglichkeiten, um die Menge der im Internet gespeicherten Informationen zu schätzen, aber wir können dafür eine interessante Obergrenze angeben, indem wir einfach mal schauen, wie viel Speicherplatz wir (als Spezies) erworben haben.

Die Speicherindustrie produziert jährlich etwa 650 Millionen Festplatten. Wenn die meisten von ihnen 3,5-Zoll-Platten sind, kommt man auf acht Liter Festplatte pro Sekunde.

Das bedeutet, dass die in den vergangenen paar Jahren produzierten Festplatten – welche dank wachsender Größe den überwiegenden Teil der weltweiten Speicherkapazität ausmachen – gerade mal ungefähr einen Öltanker füllen würden. Nach dieser Berechnung ist das Internet also kleiner als ein Öltanker.

ALLE WELT HÜPFT

Was wäre, wenn sich alle Menschen der Erde möglichst dicht aneinanderstellen, hochspringen und im selben Moment wieder auf dem Boden aufkommen?
Thomas Bennett (und viele andere)

Dies ist eine der beliebtesten Fragen an meine Webseite. Schauen wir uns die Sache mal genauer an.

Zu Beginn unseres Szenarios ist die gesamte Erdbevölkerung auf magische Weise an einem Ort zusammengeführt worden.

Diese Schar beansprucht eine Fläche von der Größe des Bundesstaats Rhode Island (etwa 4000 Quadratkilometer). Aber warum den vagen Ausdruck »eine Fläche von der Größe des Bundesstaats« verwenden? Das ist ja unser Szenario; wir können auch ganz konkret sagen: Sie sind jetzt tatsächlich alle in Rhode Island.

Um Punkt zwölf Uhr springen alle in die Höhe.

Wie schon andernorts besprochen, hat das nicht wirklich große Auswirkungen auf unseren Planeten. Die Erde ist mehr als zehn Billionen Mal schwerer als wir alle zusammen. Ein durchschnittlicher Mensch kann vielleicht einen halben Meter hoch springen, wenn er einen guten Tag hat. Selbst wenn die Erde starr wäre und sofort reagieren würde, würde sie davon um weniger als eine Atom breite nach unten gedrückt.

Als Nächstes kommen alle wieder auf dem Boden auf.

Formal gesehen bringt das eine Menge Energie in die Erde, aber diese Energie verteilt sich über ein so großes Gebiet, dass sie nur Fußabdrücke in etlichen Gärten hinterlässt. Ein schwacher Druckimpuls streift durch die nordamerikanische Kontinentalkruste und löst sich auf, ohne groß etwas zu bewirken. All die gleichzeitig auf den Boden treffenden Füße erzeugen ein langgezogenes Donnergrollen, das viele Sekunden anhält. Schließlich ist wieder alles ruhig.

Sekunden vergehen. Alle schauen sich um. Es gibt jede Menge unbehagliche Blicke. Irgendjemand hustet.

»Was wäre, wenn sich alle Menschen der Erde möglichst dicht aneinanderstellen, hochspringen und im selben Moment wieder auf dem Boden aufkommen?«

Ein Handy wird aus einer Hosentasche gezogen. Binnen Sekunden folgen die übrigen fünf Milliarden Handys der Welt. Alle (selbst die, die kompatibel mit den regionalen Sendetürmen sind) zeigen irgendeine Version von »Kein Netz« an. Sämtliche Mobilfunknetze sind durch die beispiellose Belastung zusammengebrochen.

Außerhalb von Rhode Island kommen alle zurückgelassenen Maschinerien ins Stottern und dann langsam zum Stillstand.

Der T.-F.-Green-Flughafen in Warwick (Rhode Island) kann täglich ein paar Tausend Passagiere abfertigen. Angenommen, sie kriegen die Sache organisiert (wozu auch gehört, dass sie Spähtrupps auf der Suche nach Treibstoff ausschicken), könnten sie jahrelang mit einer Auslastung von 500 Prozent arbeiten, ohne dass die Menschenmenge wesentlich kleiner würde.

Selbst wenn wir alle nahegelegenen Flughäfen hinzunehmen, ändert das an der Rechnung nur wenig. Auch das Stadtbahnnetz hilft nicht viel weiter. Massen von Leuten klettern auf die Containerschiffe im Hochseehafen von Providence, aber es erweist sich als große Herausforderung, genügend Nahrung und Wasser für eine lange Seereise mit an Bord zu nehmen.

Die 500 000 Autos von Rhode Island werden von der Menge in Beschlag genommen. Wenige Augenblicke später sind die Highways I-95, I-195 und I-295 Schauplätze der größten Verkehrsstaus in der Geschichte unseres Planeten. Die meisten Autos werden von den Menschenströmen überflutet, aber ein paar Glückliche finden den Weg heraus und streifen über die gähnend leeren Straßen der Region.

Manche schaffen es bis hinter New York oder Boston, ehe ihnen das Benzin ausgeht. Da es zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich keinen Strom mehr gibt, sucht man besser nicht nach einer funktionierenden Zapfsäule, sondern lässt den Wagen einfach stehen und stiehlt einen anderen. Wer könnte einen schon daran hindern? Alle Polizisten sind in Rhode Island.

Die Ränder der Menschenmenge breiten sich ins südliche Massachusetts und nach Connecticut aus. Wenn zwei Menschen aufeinandertreffen, ist es unwahrscheinlich, dass sie eine gemeinsame Sprache sprechen, und überhaupt kennt fast niemand die Gegend. Der Bundesstaat wird zu einem chaotischen Flickenteppich ineinanderrutschender und kollabierender sozialer Hierarchien. Überall regiert Gewalt. Alle sind hungrig und durstig. Die Lebensmittelläden werden geplündert. Man kommt nur schwer an Trinkwasser, und es gibt kein effizientes Verteilungssystem.

Innerhalb von Wochen wird Rhode Island zu einem Friedhof für Milliarden Menschen. Die Überlebenden verbreiten sich über die Erde und mühen sich, eine neue Zivilisation auf den makellosen Ruinen der alten zu errichten. Unsere Spezies wurschtelt sich irgendwie durch, aber die Erdbevölkerung ist stark dezimiert. Die Umlaufbahn der Erde ist allerdings völlig unverändert – unser Planet saust immer noch haargenau so umher wie vor unserem Menschheitshüpfer.

Na ja, wenigstens wissen wir jetzt Bescheid.


KLINGT NICHT NUR BLÖD

Könnte man einen Tsunami überleben, wenn man in einem Swimmingpool untertaucht?
Chris Muska

DAS LETZTE LICHT DER MENSCHHEIT

Was wäre, wenn alle Menschen plötzlich irgendwie von der Erde verschwinden – wie lange würde es dann dauern, bis die letzte künstliche Lichtquelle erlischt?
Alan

Auf den Titel »Letztes Licht« gäbe es eine Menge Anwärter. Alan Weismans großartiges Buch Die Welt ohne uns (2007) hat bis in die Details hinein untersucht, was mit den Häusern, Straßen, Wolkenkratzern, Bauernhöfen und Tieren auf der Erde geschähe, wenn die Menschen plötzlich von der Bildfläche verschwänden. Die Dokumentarserie Zukunft ohne Menschen (2008) untersuchte dieselbe Annahme. Alans spezielle Frage blieb allerdings beide Male unbeantwortet.

Beginnen wir mit dem, was auf der Hand liegt: Die meisten Lichter würden nicht lange weiterleuchten, weil die großen Energieversorgungsnetze bald zusammenbrächen. Die meisten Kraftwerke benötigen eine stetige Zufuhr von fossilen Brennstoffen, und in ihren Versorgungsketten muss es Menschen geben, die Entscheidungen treffen.

Ohne Menschen gäbe es zwar eine geringere Energienachfrage, aber unsere Thermostate wären immer noch am Laufen. Weil Kohle- und Ölkraftwerke schon innerhalb weniger Stunden den Betrieb einstellen würden, müssten andere Kraftwerke den Ausfall kompensieren. Eine solche Situation ist sogar mit menschlicher Führung schwer in den Griff zu bekommen. Das Ergebnis wäre eine Kettenreaktion von Betriebsausfällen, die zum Blackout aller großen Kraftwerke führen würde. Eine Menge Strom kommt allerdings aus Quellen, die unabhängig von den großen Kraftwerken sind. Schauen wir uns einige davon mal genauer an und fragen wir, wann jede dieser Quellen versiegen könnte.

Geothermische Kraftwerke
Geothermiekraftwerke werden von der Erdwärme angetrieben und können eine Weile ohne menschliche Eingriffe laufen. Laut den Wartungsplänen des Geothermiekraftwerks von Svartsengi (Island) müssen die Betreiber alle sechs Monate das Getriebeöl auswechseln sowie alle Elektromotoren und Anschlussstücke nachschmieren. Wenn es für diese Wartungsarbeiten keine Menschen mehr gäbe, könnten einige Kraftwerke dennoch ein paar Jahre weiterlaufen, aber schließlich würden sie alle der Korrosion zum Opfer fallen.

Windturbinen
Wer auf Windkraft vertraut, hätte bessere Karten. Windräder sind so konstruiert, dass sie nicht dauernd gewartet werden müssen – es gibt einfach so viele von ihnen, und das Raufklettern ist echt nervig.

Manche Windräder können über einen langen Zeitraum ohne menschliche Eingriffe laufen. Die Windturbine von Gedser (Dänemark) wurde in den späten 1950er-Jahren errichtet und erzeugte ohne Wartung elf Jahre lang Strom. Moderne Turbinen sind norma- lerweise für eine servicefreie Betriebsdauer von 30 000 Stunden (drei Jahre) ausgelegt, und zweifellos würden einige von ihnen jahrzehntelang arbeiten. Und eine davon hätte sicher mindestens eine Status-LED in sich. Am Ende aber blieben die meisten Windräder aus dem gleichen Grund stehen wie die geothermischen Anlagen: Ihre Getriebe würden festrosten.

Wasserkraftwerke
Generatoren, die die Kraft hinabstürzenden Wassers in Elektrizität umwandeln, würden weiter funktionieren. Für die Doku-Serie Zu- kunft ohne Menschen sprach man mit einem Techniker des Hoover-Staudamms. Ihm zufolge würden die Anlagen, wenn das gesamte Personal einfach alles stehen und liegen ließe, im Autopilot-Modus noch jahrelang weiterarbeiten. Funktionsuntüchtig würde die Talsperre vermutlich entweder wegen verstopfter Einlassöffnungen oder durch die gleichen mechanischen Ausfälle wie bei Windturbinen und Geothermiekraftwerken.

»Ewiges Licht«

Batterien
Batteriebetriebene Lichter wären in zehn oder zwanzig Jahren erloschen. Selbst wenn ihre Energie nicht in Anspruch genommen wird, entladen sich Batterien im Laufe der Zeit von selbst. Einige Typen halten länger durch als andere, aber sogar Batterien, deren lange Lagerfähigkeit in der Werbung gepriesen wird, behalten ihre Ladung normalerweise nur ein oder zwei Jahrzehnte.

Es gibt allerdings ein paar Ausnahmen.

Im Clarendon-Labor der Universität Oxford befindet sich eine batteriebetriebene Klingel, die seit 1840 funktioniert. Diese Klingel bimmelt so leise, dass es kaum zu hören ist, und verbraucht bei jeder Bewegung des Klöppels nur einen winzigen Teil der Ladung. Niemand weiß genau, was für eine Batterie sie hat, denn man möchte sie lieber nicht auseinandernehmen, um es herauszufinden.

Traurigerweise ist sie mit keinem Licht gekoppelt.

Kernreaktoren
Mit den Kernreaktoren ist es ein bisschen vertrackt. Wenn sie in den Ruhemodus eingetreten sind, können sie beinahe unbegrenzt weiterlaufen; die Energiedichte ihrer Brennelemente ist einfach extrem hoch.

Wie es schon ein gewisser Internetcomic dargestellt hat …

Obwohl es also genug Brennstoff gäbe, würden die Reaktoren leider nicht lange
weiterarbeiten. Sobald nämlich irgendetwas schiefliefe, würden die Prozesse im Reaktorkern automatisch heruntergefahren. Das würde schon bald passieren, denn es kann durch viele Dinge ausgelöst werden; am ehesten geschähe es wohl durch einen Stopp der externen Energiezufuhr. Es mag seltsam klingen, dass ein Kraftwerk zu seinem Funktionieren Energie von außen braucht, aber in einem Kernreaktor ist jeder Teil des Kontrollsystems so konstruiert, dass der Reaktor bei Fehlern rasch alle Funktionen einstellt. Wenn die Energieversorgung von außen ausfiele, weil sich entweder das andere Kraftwerk abgeschaltet hätte oder die Notstromaggregate vor Ort keinen Treibstoff mehr hätten, würde der Reaktor sich abschalten.
Raumsonden
Von allen von Menschen gemachten Dingen überdauern wohl die Raumfahrzeuge am längsten. Einige könnten noch Millionen Jahre auf ihrer Umlaufbahn bleiben, obwohl ihre Energieversorgung normalerweise nicht so lange durchhält.

Nach Jahrhunderten werden unsere Marsrover von Staub begraben sein, und viele unserer Satelliten werden aus ihrer Umlaufbahn geraten und auf die Erde zurückstürzen. GPS-Satelliten mit erdfernen Umlaufbahnen werden länger überdauern, aber irgendwann werden selbst die stabilsten Umlaufbahnen durch Mond und Sonne zerstört werden.

Viele Raumfahrzeuge werden durch Sonnensegel mit Energie versorgt, andere durch langlebige Generatoren, die durch den Zer- fall radioaktiver Substanzen angetrieben werden. Der Marsrover Curiosity wird durch die Hitze eines Plutoniumbrockens betrieben, den das Fahrzeug in einer Kapsel am Ende einer Stange mit sich herumträgt.

Curiosity könnte noch über ein Jahrhundert lang Strom aus seiner Radionuklidbatterie erhalten. Am Ende wäre die Voltzahl zu niedrig, um den Rover in Betrieb zu halten, aber bis dahin sind wahrscheinlich schon andere Teile verschlissen.

Curiosity klingt also vielversprechend. Es gibt nur ein Problem: kein Licht.

Dabei hat der Marsrover Lampen; er benutzt sie, um Gesteinsproben zu beleuchten und spektroskopische Analysen vorzunehmen. Diese Lichter werden aber nur eingeschaltet, wenn er Messungen vornimmt. Ohne menschliche Anweisungen hat er keinen Grund, sie anzuknipsen.

Auch viele GPS-Satelliten tragen LED-Lampen mit sich. Manche nutzen beispielsweise Ultraviolett-LEDs, um den Ladungsaufbau in einigen Apparaturen zu kontrollieren. Diese Lampen werden von Solarmodulen versorgt und können theoretisch so lange weiterarbeiten, wie die Sonne scheint. Die meisten aber werden leider nicht einmal so lange durchhalten wie Curiosity selbst; am Ende werden sie durch Einschläge von Weltraumtrümmern zerstört. Aber Solarmodule kommen ja nicht nur im Weltraum zum Einsatz.

Solarenergie

Notrufsäulen, wie man sie in entlegenen Gegenden häufig an den Straßenrändern findet, werden oft mit Sonnenenergie betrieben. Gewöhnlich haben sie Lampen, mit denen sie nachts beleuchtet werden.

Wie Windräder sind auch sie umständlich zu warten, sodass sie für eine lange Betriebsdauer konstruiert werden. Sofern sie von Staub und Fremdkörpern freigehalten werden, werden die Solarmodule so lange halten wie die mit ihnen verbundene Elektronik.

Die Drähte und Schaltkreise werden am Ende der Korrosion erliegen, aber an einem trockenen Ort und mit solider Elektronik könnten Solarmodule mühelos ein Jahrhundert lang Energie liefern, wenn gelegentliche Windstöße oder Regengüsse die freiliegenden Panels entstauben.

Wenn wir einer strengen Definition von Beleuchtung folgen, könnten solarbetriebene Lampen an abgelegenen Plätzen durchaus die letzten menschengemachten Lichtquellen sein. Es gibt aber noch einen anderen Anwärter, und der ist ein bisschen unheimlich.

Tscherenkow-Strahlung

Radioaktivität ist normalerweise nicht sichtbar. Die Zifferblätter von Armbanduhren waren früher oft mit Radium überzogen, wodurch sie leuchteten. Dieses Leuchten kam aber nicht von der Radioaktivität selbst, sondern von der phosphoreszierenden Farbe über dem Radium, die zu schimmern begann, wenn sie bestrahlt wurde. Die Farbe hat sich inzwischen zersetzt, und obwohl die Zifferblätter immer noch radioaktiv sind, leuchten sie nicht mehr. Armbanduhren sind jedoch nicht unsere einzige radioaktive Lichtquelle.

Wenn radioaktive Teilchen durch Materialien wie Wasser oder Glas wandern, können sie durch eine Art von optischem Überschallknall Licht aussenden. Dieses Licht wird als Tscherenkow-Strahlung bezeichnet, und es zeigt sich im charakteristischen blauen Leuchten von Atomreaktorkernen. Manche unserer atomaren Abfallprodukte, etwa das Isotop Zäsium-137, werden eingeschmolzen und mit Glas vermischt; dann kühlt man sie zu einem festen Block herunter, den man noch in andere Schutzhüllen packt, damit er sicher transportiert und gelagert werden kann. Im Dunkeln leuchten diese Glasblöcke blau vor sich hin.

Zäsium-137 hat eine Halbwertszeit von 30 Jahren, was bedeutet, dass die Blöcke in zwei Jahrhunderten immer noch mit einem Prozent ihrer ursprünglichen Radioaktivität leuchten. Da die Farbe des Lichts nicht von der Strahlungsmenge, sondern nur von der Zerfallsenergie abhängt, lässt mit der Zeit zwar die Helligkeit nach, aber es bleibt dasselbe Blau.

Und so kommen wir endlich zu unserer Antwort: Noch in mehreren Jahrhunderten wird tief in Betongrüften das Licht unserer allergiftigsten Abfälle leuchten.

TIPPS FÜR PYROMANEN

Wie viele Häuser brennen in den USA pro Jahr ab? Was wäre der einfachste Weg, um diese Zahl signifikant zu erhöhen (sagen wir, um mindestens 15 Prozent)?
Anonym

Illustrationen: Randall Munroe Aus dem Englischen von Ralf Pannowitsch