Die Chemie muss stimmen, sonst läuft nichts im Bett – wie wahr dieses geflügelte Wort ist, zeigen neueste Erkenntnisse von Biochemikern und Hirnforschern. Sex, da sollte man sich keine Illusionen machen, ist nämlich nichts weiter als eine Pflichtübung im Dienste der Gen-Weitergabe, befohlen von einem Programm, das die Evolution schon vor ein Paar Milliarden Jahren erfunden hat. Und orchestriert von chemischen Substanzen. Auf den Punkt brachte es Henry Miller: "Liebe ist nichts anderes als Boogie-Woogie der Hormone."
Erste chemische Reaktionen laufen bereits ab, da ist man sich noch gar nicht näher gekommen. Pheromone, die jeden Menschen wie ein persönliches Parfüm umgeben, senden ihre Signale über die Nase direkt ins Unterbewusstsein des Gegenübers. Manche Forscher behaupten sogar, dass wir über diesen Kanal fortwährend und unbemerkt das Immunsystem potenzieller Sexpartner auskundschaften. Die Anlagen sollen schließlich gewinnbringend untergebracht werden. Kann man sich gut riechen, folgt meist eine Phase des Werbens. Wen es dabei richtig erwischt, der ist für die Welt der Vernunft erst mal verloren – er wird verrückt: Psychologen vergleichen das Verhalten von Verliebten mit dem von Zwangsneurotikern und Manikern. Alle Gedanken kreisen immer nur ums Gleiche, in dem Fall, den geliebten Menschen. Schuld ist der niedrige Serotoninspiegel von Verliebten, was zu Überaktivität, gesteigerter Libido, irrationalem Handeln (und in seltenen Fällen auch zu großer Kunst führt). Am Ziel all dieser Anstrengungen angelangt, winkt als Belohnung der sexuelle Akt. Befeuert von den eintreffenden Sinnesreizen der beteiligten Körperregionen, schüttet das Gehirn den Botenstoff Dopamin aus, der unser Belohnungszentrum im Zentralnervensystem in Wallungen bringt. Es ist der gleiche Kick, den Drogensüchtige sich mittels Opiaten oder Koks besorgen.
Beim Orgasmus schließlich überschwemmt ein ganzer Mix aus Hormonen und Substanzen unseren Körper. Die Folge: Ein Zustand irgendwo zwischen Ekstase und Nahtoderfahrung. Noradrenalin steigert den Blutdruck, Serotonin sorgt für euphorische Gefühle, Oxytozin und Vasopressin regulieren Muskelkontraktion und Durchblutung, sind aber auch als "Kuschel- und Treuehormone" bekannt, weil sie die emotionale Bindung zum Partner stärken.
Dass vor allem Männer nach dem Höhepunkt schlaff in den Seilen hängen, ist übrigens nicht unbedingt Erschöpfung, sondern ebenfalls Chemie: Verantwortlich ist der postkoitale Anstieg des Hormons Prolaktin, das, wenn es nicht gerade als Lustbremse agiert, bei Frauen hauptsächlich den Milcheinschuss nach der Geburt auslöst.