Seit mehr als dreißig Jahren bin ich berufstätig. Ich schreibe. Vor dreißig Jahren schrieb ich auf der Schreibmaschine, das Manuskript bekam ein Redakteur, der Redakteur gab es dem Boten, der Bote brachte es dem Setzer, der Setzer setzte es in Blei, das Blei wurde vom Metteur in einen Rahmen eingepasst. Daraus entstand eine Bleiseite, davon wurde ein Abguss genommen, damit druckte der Drucker die Zeitung, also, ich verkürze jetzt. Wenn ich nicht im Büro war, musste ich den Text einem Stenografen am Telefon diktieren, oder eine Dame schrieb ein Fernschreiben. Am nächsten Tag stand alles im Blatt.
Von dem Vorgang ist wenig übrig, im Grunde gibt’s nur noch den Redakteur, mich, die Zeitung, manchmal nicht mal mehr die, viele Leute lesen am Computer. Alles andere findet auch am Computer statt. Ich schreibe, wo ich will, telefoniere, wo ich will. Ich habe eine Revolution erlebt. Und nun? Wie geht es weiter? In der Welt habe ich ein Interview mit Hans Vestberg gelesen, dem Chef von Ericsson, der weltgrößten Firma zum Aufbau von Telekommunikationsnetzen. Vestberg sagte, bereits in acht Jahren werde es auf der Welt fünfzig Milliarden Geräte geben, die mit dem Internet verbunden seien. Und die seien nicht nur mit dem Internet, sondern auch miteinander in Verbindung. Zum Beispiel könne der Stromanbieter der Waschmaschine mitteilen, wann der Strom am billigsten sei, erst dann beginne sie zu waschen. Oder ein Auto teile dem folgenden mit, wenn es bremse. Oder der Rucksack informiere, was noch fehle für die Wanderung. Unsere Zukunft, sagte Vestberg, sei »das Netz«; es werde kein Leben mehr geben ohne Verbindungen.
Gleichzeitig las ich, auch in der Welt, das Netz und die verbundenen Apparate, die im Moment nur Gehirne seien, würden fühlen lernen. Ein Telefon werde an der Art, wie wir es bedienen, erkennen, ob wir wütend sind, nervös, gelangweilt. Über ausgefeilte sensorische Techniken werde es möglich sein, einem Menschen am anderen Ende der Welt die Hand zu reichen – und diese Hand dabei zu spüren. Vermutlich werden wir
übrigens Brillen tragen, die uns über jeden, den wir sehen, detailliert informieren, also Name, Vorname, Herkunft, Beruf, solche Sachen. Das finde ich schon eine tolle Idee, ich benötige so eine Brille neuerdings im näheren Bekanntenkreis. Dies alles wird sehr schnell gehen. Es wird keine fünfzig Jahre dauern, auch keine 25, nein, Gedanken lesende Software etwa soll es in fünf Jahren geben. Die Technikgeschichte bewegt sich im Affenzahn, man hat das Gefühl, Ingenieure seien die Literaten und Drehbuchautoren unserer Zeit. Sie denken sich tollste Geschichten aus, aber sie finden sich nicht mehr damit ab, daraus Bücher und Filme zu machen. Sie lassen ihre Ideen Wirklichkeit werden, und zwar pronto.
Nun zu meinen Wünschen an die technische Entwicklung. (Es ist nicht einzusehen, warum auch die nächsten dreißig Revolutionsjahre einfach so passieren sollten, ich möchte ein bisschen Einfluss darauf haben.)
Ich hätte gern:
Erstens einen Umweltstummschalter, das heißt ein Gerät, das bei Bedarf meinen gesamten Umgebungsbereich akustisch auf null stellt.
Zweitens einen Krankheitssofortanalysator, also einen Apparat, den ich nur in Körpernähe halten muss, und er teilt mir mit, ob ich eine Krankheit habe und, wenn ja, welche. Im besten Fall beseitigt er die Krankheit.
Drittens einen Zweitkörper, der unangenehme physische Verrichtungen für mich erledigt, also nachts zur Toilette geht oder den Müll sortiert.
Viertens einen Kostenübernehmer, der überraschend auftretende finanzielle Belastungen sofort beseitigt.Fünftens einen schwebenden, mir jederzeit folgenden Koffer, der alles enthält, was ich benötige.
Sechstens einen automatischen Kinder-Ermahner, der jede Kinder-Ermahnung (»Du wirst deine Trambahn verpassen«, »Du musst noch deine Haare kämmen«) ab der ersten vergeblichen Äußerung übernimmt.
Siebtens selbst reinigende Zähne.
Illustration: Dirk Schmidt