Das Beste aus meinem Leben

Mein Vater unternahm nie etwas mit mir. Das war nichts Besonderes, keiner der Väter meiner Freunde unternahm etwas mit seinen Söhnen, es war nicht üblich, sie lebten zwar zusammen mit ihren Kindern, doch auch von ihnen getrennt. Sie mähten Rasen, putzten ihre Autos, verdienten Geld, spazierten um den Block. Und wir gingen schwimmen, machten Fahrrad-Touren, spielten Fußball, bauten Dörfer aus Kartons und all dieses Zeug. Wir Kinder, meine ich.Manchmal, wenn wir Fußball spielten und ein großes Spiel stand an, kam mein Vater mit und schaute zu, und ich versuchte, vor seinen Augen das Spiel meines Lebens zu machen, aber wir verloren mit Getöse, und mein Vater sagte auf dem Heimweg: »Ihr hättet mehr über die Flügel kommen müssen.«Oder wir bauten am Rand der Müllhalde, die nicht weit von unserem Haus entfernt war, mit den Aussiedlerkindern aus dem Barackenlager ein Dorf aus alten Waschmaschinen-Verpackungs-Kartons, und abends erzählte ich daheim von unserem Pappdorf, in dem es einen Kaufladen gab und ein Postamt. Aber mein Vater sagte bloß, wir sollten nicht auf der Müllhalde spielen und wie es heute in der Schule gewesen sei.Oder wir gingen zum Bach und stauten ihn auf und bastelten Holzschiffe und ließen sie auf dem Wasser fahren, bis mein Großvater vorbeikam, der Bürgermeister unseres Dorfes war, und sagte, wir dürften den Bach nicht aufstauen… Von alledem blieb die Empfindung, es wäre schön gewesen, unsere Väter und Großväter wären uns ein wenig näher gewesen. Sie hätten sich ein bisschen mehr um uns bemühen können. Sie hätten nicht nur über uns thronen, sondern mal zu uns herabsteigen sollen.Auf der anderen Seite: Es hatte auch sein Gutes, dass uns nicht dauernd Erwachsene im Nacken saßen. Wir gingen aus dem Haus, und man rief uns hinterher, wir sollten gefälligst pünktlich zum Essen wieder da sein. Wohin wir gingen, fragte keiner so genau. Wir hätten es auch nicht immer so genau gesagt.Heute bekommen die Kinder ein Handy um den Hals, und sie freuen sich und sind stolz, dass sie ein eigenes Handy haben, aber in Wahrheit hängen dauernd Vater und Mutter am Rohr und fragen: »Wo bist du? Was machst du? Hast du auch deinen Pullover an?« Was ich sagen will: Neulich waren wir wieder auf dem Land, das Wetter war nicht besonders, und der Luis langweilte sich. Ich dachte an früher, an den aufgestauten Bach und unsere Schiffe, und ich sagte: »Dann gehen wir ein bisschen runter zum Bach und basteln ein Schiff und lassen es fahren.«»Oooooch…«»Aber das ist schön, du wirst es sehen, es ist doch ein schöner Bach, und wir bauen ein Boot mit einem Segel.«»Nööööö…«»Doch, das machen wir.«Ich holte etwas Holz und mein Werkzeug, und dann bohrte ich ein Loch in ein Brettchen, setzte einen Stab als Mast hinein, nahm etwas Stoff und ein bisschen Schnur, hisste ein Segel, und dann gingen wir los.Obwohl: Der Luis hatte immer noch keine große Lust.Wir kamen zum Bach, ich setzte das Boot aufs Wasser, es trieb bachab, stieß hier gegen eine Wurzel, verfing sich dort im Gras, aber insgesamt gesehen fuhr es sehr schön und flott. Ich eilte ihm hinterher, befreite es, wenn es nötig war, freute mich über das Jetzt und dachte an das Früher.Bloß der Luis stolperte lustlos hinterher. Er hatte keine Lust, ein Boot mit mir zusammen fahren zu lassen. So ist die Lage. Erst hat mein Vater nicht mit mir gespielt, jetzt spielt mein Sohn nicht mit mir. Ich finde aber, um Väter aus meiner Generation müssen sich die Kinder mehr kümmern.