Der Akku verkörpert Glanz und Elend des mobilen Lebens gleichermaßen. Auch wenn die wiederaufladbaren Batterien den netzunabhängigen Betrieb von Laptops, Handys oder MP3-Playern erst ermöglichen – es ist gerade der Mangel des Systems, die beschränkte Speicherkapazität, der das allgemeine Reden über den Akku kennzeichnet. Die zeitgemäße mobile Biografie, der Arbeits-alltag auf Flughäfen und Bahnhöfen mit Blackberry in der Hand und Laptop auf dem Schoß, wird nur durch die begrenzte Akkuleistung daran erinnert, dass das Zeitalter der Steckdose und des Kabels noch nicht überwunden ist. Im leidigen Prozess des »Aufladens«, in Hotelzimmern und Cafés, wird die fließende Existenz vorübergehend unterbrochen, und es stellt sich kurzzeitig das her, was die Apparate selbst mit aller Kraft verhindern wollen: Ortsgebundenheit, Immobilität.
Die technischen Geräte werden immer kleiner, variabler, leistungsstärker – nur der Akku kann mit dieser Entwicklung offenbar nicht Schritt halten. Die neueren Mobiltelefone mit ihren unzähligen Zusatzfunktionen verfügen bekanntlich über wesentlich kürzere Betriebszeiten als ihre zehn Jahre alten Ahnen, mit denen nichts außer Telefonieren und SMS-Verschicken möglich war. Aus diesem Grund sieht man gelegentlich Manager oder Politiker – Menschen, die unterwegs tatsächlich Entscheidendes zu tun haben –, die erstaunlich alte Mobiltelefone benutzen. Nur, um im entscheidenden Moment ausreichende Akkuleistung für ein langes Telefonat zu besitzen.
Nicht umsonst ist das gängige Icon des Akkus auf den Bildschirmen die mehr oder weniger gut gefüllte Batterie. Sie erscheint als Sinnbild für das bedrohliche Verstreichen der Zeit schlechthin. Wenn man nach dem Aufladen des Laptops oder iPods den Netzstecker zieht, verändert sich das Symbol oben rechts auf wenig vertrauenswürdige Weise; das Elektrizitäts-Symbol, das Dauer ausstrahlt, Stabilität, wird ersetzt durch den rasch schrumpfenden Balken, der immer schon von der Unsicherheit und Endlichkeit der Verhältnisse kündet. Gerade der »Akkumulator«, der hochkomplexe Sammler und Speicher von Energie, weist also in seiner bildlichen Darstellung in erster Linie auf das unaufhaltsame Schwinden der Zeit hin; wie eine horizontale Sanduhr veranschaulicht er den gegen Ende immer rascheren Countdown.
Die Idealform des Akkus bestünde darin, einen ständigen Prozess der Selbstaufladung herzustellen, die Energiezufuhr der Geräte ohne Rückgriff auf stationäre Quellen zu sichern. An solchen Speichertechniken wird bislang vergeblich gearbeitet. Doch all diesen Unzulänglichkeiten zum Trotz: Das Erfolgsprinzip des Akkus ist mittlerweile derart tief im Bewusstsein verankert, dass seine Funktionsweise längst auch im übertragenen Sinne zur Debatte steht. »Ich musste mal wieder meinen Akku aufladen«, sagt einer der Kongressteilnehmer, der von seinem Kurzurlaub in einem Spa-Hotel erzählt; »tut mir leid, mein Akku war heute einfach leer«, entschuldigt sich der andere für eine wenig überzeugende Präsentation. Wenn es darum geht, über den Zustand des eigenen Innenlebens Auskunft zu erteilen, ist der Energiespeicher zu einer weitverbreiteten Metapher geworden. Vor allem im Jargon der Arbeitswelt scheint der »Akku« allgemein zum Synonym dessen geworden zu sein, was man auch »Geist«, »Seele« oder »Ich« nennen könnte. Man spricht von sich selbst als netzunabhängig arbeitendem Gerät, das die meiste Zeit über reibungslos funktioniert, dessen Laufzeit gewöhnlich zu keiner Klage Anlass gibt. Doch für die menschlichen Apparate in den Konzernen und Agenturen, die ihre Kapazitäten ständig zu perfektionieren suchen, gilt dasselbe wie für die Technik, die ihrer Selbstbeschreibung den Namen gegeben hat. Manchmal ist doch noch ein vorübergehender Anschluss an externe Versorgungsquellen wie Wellness oder Familie nötig.