Porsche

Kann einem so ein Auto peinlich sein? Unmöglich. Bei der Firma Porsche ist es anders.

Was hat es zu bedeuten, wenn die ehemalige Erfolgsmarke Porsche in der Zeitschrift der ehemaligen Volkspartei SPD eine Anzeige schaltet? »Keine Angst«, steht da, zu sehen ist ein Flitzer, der durch die Schatten einer nächtlichen Großstadt schießt. »Wir bleiben auf der linken Spur.« Das ist
von so einer ehemaligen Ironie getragen, als sei Gerhard Schröder noch Kanzler und Peter Hartz Vorstandsmitglied von VW.

Um das Jahr 2000 herum hätte dieser Scherz auch vielleicht noch funktioniert, als Werbung eine Art Leitkultur des Landes war, als die Autofirma Sixt sexistische Witze machte und Harald Schmidt es lustig fand, Polen Autodiebe zu nennen. Ironie war damals eine Waffe, weil die Sicherheiten und Sichtweisen, die da attackiert wurden, fest gefügt schienen.

Heute, ein paar Kriege und zwei Wirtschaftskrisen später, machen deutsche Familienfirmen fast im täglichen Rhythmus Pleite, und die einzige Sicherheit ist, dass sich Wendelin Wiedeking und Ferdinand Piëch auch weiter so aufführen werden, als seien sie Hauptdarsteller der ARD-Serie Verbotene Liebe: Der Kampf um Porsche ist die Wirtschaftsgeschichte der BRD als Seifenoper.

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Sie beginnt, wie viele deutsche Schmonzetten, im Dunkel des Dritten Reiches, als Ferdinand Porsche den KdF-Wagen baute. Sie erhebt sich bald fleißig und verschwitzt aus den Ruinen, es werden auch wieder Panzer gebaut, »Leopard« heißt der, an dem die Firma Porsche mitarbeitet. Wohlstand wird die neue Ideologie, und Porsche wird ihr Propagandist: Tennisclub statt Taubenzüchterverein, Elite statt Gemeinschaft. Am Ende haftet in der alten BRD allem Erfolg etwas diffus Schwäbisches an.

Doch nun scheint es, als ob in wenigen Monaten all das zerfällt, was in mehr als siebzig Jahren entstanden ist. Eine Dekonstruktion der BRD wie im Zeitraffer. Und die Raffgier und der absolute Machtwille der Chefs als Motor des Ganzen. Piëch auf der Terrasse seines Hauses am Wörthersee, fiese Tricks wie unter ganz gewöhnlichen Erbschleichern, Wiedekings Monstergehalt.

Am Ende kommt dann auch noch, wie in jedem schlechten Drehbuch, ein Deus ex Machina angefahren, in diesem Fall ganz besonders exotisch, der reiche Scheich aus Katar als Retter vor der Pleite.

Keine Sorge also? Man kann ja schon froh sein, dass Porsche nicht gleich seinen kleinen Autozweig einstellt und sich ganz aufs wundersame Geldvermehren mit Aktien und Optionen konzentriert. Die Financial Times jedenfalls nannte die Firma im März einen Hedgefonds, die Ingenieursfirma war eine Investmentbank geworden. Etwa sechzig Millionen Euro brachten die Autos in die Kassen, knapp sieben Milliarden flossen durch andere und derart dubiose finanzielle Transaktionen, dass ein paar richtige Hedgefonds überlegten, ob sie Porsche nicht gleich verklagen sollten.

Mittlerweile ist der Verkauf ziemlich eingebrochen, fast ein Drittel weniger Autos hat Porsche in den ersten neun Monaten des Steuerjahres abgesetzt, und die ganzen Banken, die Porsche noch vor ein paar Monaten durch seine Kursspielereien ziemlich dumm aussehen ließ, haben nun natürlich keine Lust, dem Unternehmen mit Krediten zu helfen. Und so wandte sich Porsche an den Staat, obwohl man dessen Hilfe ja immer abgelehnt hatte.

Aber auch die KfW-Bankengruppe, die als Kredit-
anstalt für Wiederaufbau noch sechzig Jahre nach Kriegsende den »Wiederaufbau« im Namen trägt, wollte nicht einspringen. Die SPD in Baden-Württemberg war übrigens dafür, dass Porsche einen KfW-Kredit bekommt. Was aber sicher nichts mit der Anzeige im Vorwärts zu tun hat.

Auf der linken Spur also? Was wäre das denn heute, im post-ideologischen und Postwohlstands-Deutschland? Rechte Spur, Standspur? Wer überholt da noch wen? Und wer hängt wen ab? Der Öko-Renner Tesla ist attraktiver als alle Benzin-Bomber. Ein Miniland wie Katar steigt zum Hoffnungsträger auf. Und welchen Einfluss hat all das auf die fragile Psyche der Porschefahrer? Wenn Sie einen sehen, seien Sie nett zu ihm, er hat es nicht leicht. Lassen Sie ihm einfach die Vorfahrt. Vorwärts!