Notwendig ist dieser Raum nicht. Jeder hat sein Zimmer, dazu Küche und Bad, dabei könnte man es belassen. Doch sich einen Gemeinschaftsraum zu leisten ist ein Luxus, dessen Nutzen man nicht unterschätzen sollte. Allein dieses Wort: »Wohnzimmer« – wie wohlig-warm das nach Kindheit klingt, nach gemeinsamen Wetten, dass . . ?- und Monopoly-Abenden. Das Wohnzimmersofa ist die Kuschelecke, ja: das pochende Herz jeder WG. Hier teilt man Decken, Kissen, Fertigpizzaecken, WLAN-Netze, den Fernseher, den Blick aus dem Fenster. Der Gipfel der Harmonie ist erreicht, wenn alle auf dem gleichen Staffelstand der neuesten US-Serie sind. Dann ist das wirklich die erste eigene Familie. Eine Verletzungsgefahr aber gibt es doch: Wenn sich zwei unter der großen Kaschmirdecke zu nahe kommen und künftig lieber Bett als Sofa teilen. Wer von da an allein im Wohnzimmer das Staffelfinale von Game of Thrones sieht, gestört vom Liebesgrunzen aus dem Nebenzimmer, formuliert am besten gleich das nächste Inserat: »Suche nette Dreier-WG. Gern ohne Wohnzimmer.«
(Fotos: Théo Gosselin, Manufactum, Home c les Graphiquants, Vico Magistretti–Cassina / Contemporanei Collection, Sebastian Lörscher)