Manchmal im Leben gibt es für die scheinbar erstaunlichsten Phänomene einen simplen Grund. In diesem Fall ist es ein Russe, der den Grund beschreibt. Er kennt sich aus in seinem Land, und vielleicht ist es ihm genau deshalb lieber, wenn er nur »der Russe« heißt in dieser Geschichte. Wie sein Name lautet, sei nicht wichtig. Es soll reichen, wenn man wiedergibt, was er zu sagen hat.
Er sagt: »Unsere Welt ist so klein. Wenn es um etwas Wichtiges geht, kommt man nicht aneinander vorbei.« Die Ukraine, die iranische Atombombe, die Weltraumstation.
Und auch: die Farben, mit denen das Weiße Haus und die Kremlmauer gestrichen wurden.
Am Tag zuvor war der Russe in London, auf einer Messe. Ukrainer waren dort ebenso wie Landsleute von ihm. »Sie hatten überhaupt kein Problem miteinander«, sagt er. Sie sprachen über Geschäfte, und es funktionierte. »Man versucht, den schmerzhaften Dingen aus dem Weg zu gehen.«
Es braucht nicht immer den Weg in die Hauptstädte, um zu erfahren, wie Dinge laufen in der Welt. Es kann reichen, in Augsburg den Regionalexpress Richtung Ulm zu nehmen, nach zwölf Minuten auszusteigen am Bahnhof Diedorf, hoch zur Hauptstraße, links am Café vorbei, die Straße entlang bis zur übernächsten Ampel, dort zweimal links, dann am Empfang der Firma Keimfarben nach Herbert Prestele fragen.
Prestele, 55, ist Färbermeister von Beruf, er trägt einen weißen Kittel mit dem Namenszug »H. Prestele« auf der Brust. Kurz vor Weihnachten 2014 war er in Kai Pflaumes NDR-Show Kaum zu glauben. Ein Rateteam aus Prominenten sollte herausfinden, was er beruflich macht; die einzige Hilfe, die es gab, war der Satz: »Herbert mischt ganz oben mit.« Prestele ist aber das Gegenteil des Angebertyps. Er erzählt bereitwillig, wie man Farben mischt, aber wenn man ihm die Vorlage gibt, wie aufregend das doch sicher sei, fürs Weiße Haus zu arbeiten, sagt er nur: »Ist ja keine besondere Farbe.« Die Befreiungshalle in Kelheim, Niederbayern, sei viel schwieriger. Gleich sein nächster Satz ist das.
Mit dem Weißen Haus hatte Prestele das erste Mal vor anderthalb Jahrzehnten zu tun. Keimfarben mag eine Firma vom Dorf sein, aber die Kunden sitzen weniger in den Dörfern ringsum, sie kommen aus der ganzen Welt. In den USA waren mit den Diedorfer Farben bereits Gebäude auf dem Militärfriedhof Arlington sowie Leuchttürme gestrichen worden, und weil es die Behörde »National Park Service« ist, die all jene Bauten instandhalten soll, welche im Grunde amerikanische Wahrzeichen sind, fragte diese Behörde eines Tages, ob Keimfarben nicht ein Angebot fürs Weiße Haus abgeben wolle.
Es funktioniert dann immer so, dass als Erstes Herbert Prestele eine Farbprobe braucht; egal ob es um ein Reihenhaus oder um den Sitz des Präsidenten der Vereinigten Staaten geht. Erst ermittelt er den exakten Farbton, dann mischt er diese Farbe, dann macht seine Firma ein Angebot. Für Politiker, für Touristen, für Journalisten mag das Weiße Haus einer der imposantesten Orte der Welt sein, eine Projektionsfläche für Amerikabewunderung oder Amerikaverachtung, ein Sehnsuchtsort, ein Fotomotiv. Für Herbert Prestele war das Weiße Haus ein Haus. Der National Park Service schickte ihm einen Eimer, in dem war eine stinkende, schwere Brühe. »Dispersionsfarbe«, sagt er. »Richtig eklig nach Schwefel hat sie gerochen.«
Dispersionsfarben sind das, was jeder kennt – und das Igittigitt-Wort bei Keimfarben. Die meisten Hausbesitzer lassen ihre Fassaden damit streichen. Anschließend staunen sie, wie schnell die wieder schmutzig werden, wie Algen gedeihen und wie immer hinter Fensterläden die Farbe ihren Ton verliert. Also rufen sie alle paar Jahre den Maler, und auch beim National Park Service war das so. Sie dachten, bei einem Sonne, Wind und Regen ausgesetzten Gebäude sei das eben so. Also strichen sie ihr Weißes Haus alle vier Jahre, immer zur Amtseinführung des Präsidenten, und waren bei mehr als dreißig Farbschichten angekommen. Nun hielten die nicht mehr, Farbe platzte ab, Wasser drang in den Putz und begann ihn zu zerfressen.
Das Problem bei Dispersionsfarben ist: Sie legen sich auf die Fassade – aber sie verbinden sich nicht mit ihr. Das Problem der Amerikaner war, dass sie nie einen König Ludwig I. hatten, dem dies schon im 19. Jahrhundert ein Kummer war. Er liebte all die Kalkfresken in Norditalien, die Pracht ihrer Farben, und so etwas wollte er auch in Bayern; nur dass alle Gebäude hier mit viel rauerem Wetter zu kämpfen haben. Ludwig wünschte eine Farbe, die hält. Wo ein Bedarf, da irgendwann eine Erfindung: In den 1870er-Jahren experimentierte der Münchner Chemiker Adolf Wilhelm Keim mit Pulver, mit mineralischen Farbpigmenten und mit Füllstoffen. Als Bindemittel nahm er flüssiges Kaliumsilikat, Wasserglas genannt. 1878 bekam er sein Patent, und das ist bis heute das Geschäft der von ihm gegründeten Firma: Silikatfarben, die mit dem Untergrund verkieseln und deshalb nicht jahre-, sondern jahrzehntelang halten. Nur dass die Firma längst nicht mehr im Besitz der Familie Keim, sondern des Baukonzerns Leonhard Moll ist.
Herbert Prestele nimmt ein Tablett, 14 Töpfchen darauf, jedes gefüllt mit Farbpigmenten: ein paar unterschiedliche Töne Rot, Gelb, Blau, Grün, Ocker, Braun, und eins mit Schwarz. Dazu ein Glas »Grundmasse«, weißes Pulver. Darin sind all die Füllstoffe, »die im Endeffekt die guten Eigenschaften der Farbe ausmachen«. Genauer sagt Prestele es nicht, die Mixtur ist die Coca-Cola-Formel von Keim. Was er aber sagt: dass das Weiße Haus nicht weiß ist. Die Farbe besteht zu 98 Prozent aus Grundmasse, hinzu kommen zwei Prozent Pigmente: Ocker, Rot und Blau. Prestele sieht im Computer nach. »Oh, sogar noch Grün drin.« Das Weiße Haus ist, farblich, ein »KEIM 812285«-Haus, diese Bezeichnung haben sie dem Ton gegeben. Um Laien eine Vorstellung zu vermitteln, sagt Prestele: »Wie Bettwäsche von früher.« Eine Art Beige.
Aus Münchner, Berliner oder Hamburger Perspektive ist Diedorf ein Dorf in Bayern. Aus amerikanischer Sicht ist Diedorf Deutschland. Johann Rudroff trat vor sieben Jahren offiziell in den Ruhestand, aber es gibt zwei Dinge, die er für ein Interview gewiss nicht erwogen hat: zu Hause zu empfangen und in Zivil zu empfangen. Rudroff, 71, kommt in die Firma, deren Angestellter er 35 Jahre lang war. Er hat die weiße Malerlatzhose angezogen, Fotoalben, Foto-CDs und Zeitungen mitgebracht und auf dem Tisch ausgelegt, aber nicht welche aus Kelheim oder der Gegend dort. Was Rudroff vorführt, ist aus Nigeria, Japan, Brunei, Amerika. Der Mobile Register aus Mobile in Alabama, die Ausgabe vom 25. April 2001. Auf der Titelseite ein vierspaltiger Aufmacher mit einem Foto, wie er, Johann Rudroff, eine Kirche restauriert. Die Überschrift: »A German Master restores a Church«.
Rudroff hat den Amerikanern von 2003 bis 2004 beigebracht, wie man mit der Farbe von Keim das Weiße Haus anstreicht. Zuerst den Bereich ums Schwimmbad, später den West- und den Ostflügel; das Hauptgebäude hat der National Park Service im Jahr 2012 allein hinbekommen. Ein Maler, der wusste, wo er den deutschen Meister heraushängen durfte und wo seinesgleichen sich besser klein macht.
Rudroff, der Meister: Er zeigt seine Fotos von den Säulen neben dem Oval Office. »Kein Gesimse und kein Putz mehr da. Nichts mehr. Alles unter den dreißig Schichten verschwunden. Hab ich alles neu gemacht.« Was in welcher Reihenfolge und in welchem Zeitraum gemacht wurde – »habe alles ich bestimmt«; nur dass der Präsident im Urlaub sein musste, wenn er die Außenwand des Oval Office anstrich. »Da hätt er ja nicht mehr rauskönnen.« Rudroff hatte einen »Ground-only«-Pass um den Hals, damit konnte er seiner Arbeit nachgehen, ohne dass jemand vom Secret Service neben ihm lief. Er sagt, er habe darauf bestanden, vom National Park Service stets dieselben fünf Helfer zu bekommen, er wollte nicht permanent neue einarbeiten müssen.
Rudroff, der kleine Mann: »Die haben mich natürlich ausgefragt, was ich über ihren Präsidenten denke.« Aber da antwortete er nur, das geht mich nix an, das ist euer Präsident, nicht meiner.
»Das war doch ein Auftrag von besonderem Prestige. Ich wär ja verrückt.«
Der Präsident ist ihm immer wieder über den Weg gelaufen. »Ah, here is my man«, so begrüßte George W. Bush den Maler; auch ein Präsident sieht ja meistens dieselben Gesichter, wenn er vor die Tür tritt. »It’s looking good«, sagte er gern, und wenn Bush weiterging, verabschiedete er sich immer so: »God bless you.«
Ausgerechnet du musst das sagen! Aber das hat sich der deutsche Meister immer nur gedacht, ausgesprochen hätte er es nie.
Man mag denken, dass es eine unpolitischere Frage als die, welcher Maler ein Gebäude anmalen darf, kaum geben kann. Und vielleicht gilt das für die Allianz-Arena, für die Oper in Sydney, den Hearst Tower in New York oder Schloss Linderhof – alle haben außen Keim drauf. Aber am Weißen Haus hatte zuvor 18 Jahre lang eine US-Firma den Auftrag, und dass es für eine deutsche Firma gewiss nicht bloß eine Sache von Pigmenten, Füllstoffen und Bindemitteln ist, ihr so etwas wegzunehmen, merkten die Chefs von Keim spätestens dann, als sie sich auch Hoffnungen aufs Pentagon machten.
Man versucht, den schmerzhaften Dingen aus dem Weg zu gehen. So was sagt vielleicht ein anonym bleiben wollender Russe. In Amerika hingegen gab es den republikanischen Kongressabgeordneten Steven LaTourette aus Ohio, der weder Dingen aus dem Weg geht noch, im Jahr 2003, Wert auf Anonymität legte: Die Deutschen stünden im Irakkrieg auf der falschen Seite, sagte er – und jetzt sollen ausgerechnet sie das Pentagon anstreichen? Woraufhin der Auftrag an eine Firma ging, die aus seinem Ohio kam. Johann Rudroff hatte bereits einen Probeanstrich erledigt, Farbe war geliefert worden, er hat sie im Pentagonkeller gesehen. »Aber ich musste Stillschweigen bewahren, wegen des Weißen Hauses. Dass der Auftrag nicht auch noch gefährdet wurde.«
Den Kreml haben sie soeben verloren. Vor sechs Jahren wurde mit Keim ein Teil der Mauer angestrichen: ein Kilometer auf der Westseite, dort, wo das Grabmal des unbekannten Soldaten ist und Angela Merkel neulich einen Kranz niederlegte, zum 70. Jahrestag des Kriegsendes. Es lief ganz ähnlich wie im Weißen Haus. Keimfarben war in Russland bereits bekannt, die Firma hatte die Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau und die Admiralität in Sankt Petersburg beliefert, worüber man einen Architekten kennenlernte, der auch im Kreml arbeitet. Die Mauer ist mehr als zwei Kilometer lang und mal fünf, mal 19 Meter hoch. Als vor sechs Jahren ein Abschnitt vergeben wurde und alles irgendwie lief zwischen dem Westen und Russland, bekam Keim den Auftrag. Als jetzt im Frühjahr ein weiterer an die Reihe kam, machte die Firma sich Hoffnungen. 18 000 Quadratmeter, so viel Fläche wie 72 Einfamilienhäuser, vom Renommee ganz abgesehen.
»Bei solchen Aufträgen spielt sicher auch die Politik eine Rolle«, sagt Rüdiger Lugert, 55, der Geschäftsführer. »Wie damals im Pentagon. Was die Farbe betrifft, waren wir die Besten.«
Lugert ist Kaufmann, er war kurz vor der Pentagon-Geschichte als Vertriebsleiter Deutschland zu Keim gekommen. Er gibt zu, dass seine Firma nicht nur die beste, sondern auch die teuerste ist. Der 25-Kilogramm-Eimer kostet 300 Euro, ist um gut ein Drittel teurer als die Konkurrenz und reicht für 50 bis 75 Quadratmeter. In einer Zeit, in der der Rubel verfällt, kann das für einen Kunden aus dem Kreml den Ausschlag geben. Er braucht ja nicht einen Eimer, sondern ein paar hundert. Einerseits.
Andererseits: Noch im März war ein Mann aus dem Kreml in Diedorf, bei Herbert Prestele, dem Färber. Sechs verschiedene Farbmuster wollte der Mann, vier für die Mauer, zwei für die Fugen. Die Muster von 2009 taugten nichts mehr, denn das ist, neben ein paar anderen Dingen, der Unterschied zwischen Amerikanern und Russen: Die Amerikaner haben an ihrem Weißen Haus ringsum exakt einen Farbton. Hat man den einmal herausgefunden, hat man ihn. Die Russen hingegen haben ihre Kremlmauer in ganz verschiedenem Rot und Braun angestrichen. »Wenn Sie mal hingehen, werden Sie feststellen, wie gewaltig die Unterschiede sind«, sagt der Russe. Als der Kreml-Mitarbeiter nach Diedorf kam, brachte er einen Brocken aus der Mauer mit. Herbert Prestele bestimmte den Farbton, er mischte Grundmasse plus Rot plus Ocker, in vier Dosierungen. Er sagt: »Der Ton war relativ schwer zu treffen.« Wer den Kreml nur von Fotos kennt, kann das nicht wissen: wie hoch die Farbsättigung dort ist. Dass der Bau auf keinen Fall einen dezenten Eindruck machen will. »Gemessen an westlichen Verhältnissen hat der Kreml ziemlich viel Feuer«, sagt Prestele.
Zwei Theorien gehen um, warum sie den Auftrag nicht bekommen haben. Rüdiger Lugert, der Geschäftsführer, hat im Zuge der Ukraine-Krise immer mal von Russen zu hören bekommen: »Wir dürfen nicht mehr, wir sind gehalten«, so etwas. Es gibt zwar in Moskau niemanden wie damals Steven LaTourette in Washington, der es offen sagen würde. Aber ist die Entscheidung nicht Beweis genug?
Der Russe, der sich auskennt, sagt hingegen, der Ukraine-Krach sei nicht das Problem. Keim müsse in Russland anders agieren. »Eine Infrastruktur aufbauen.« Mehr Handelsvertreter beschäftigen; eine Fabrik hinstellen, mit russischen Arbeitern und der Chance, ein womöglich fehlendes Kilogramm Farbe schnell herbeizuschaffen, und es nicht erst in Deutschland mischen, durch den Zoll schaffen und die Rechnung im teuren Euro stellen zu müssen. »Die politische Großwetterlage hat auf so etwas überhaupt keinen Einfluss«, sagt der Russe. »Und wenn doch, wären die Deutschen die Letzten, die davon betroffen wären. Solange Sie so gute Autos bauen, können Sie in Russland jedes Produkt verkaufen.« Den Auftrag hat ein deutscher Konkurrent von Keim bekommen, eine Firma mit Niederlassungen in ganz Russland. Wir dürfen nicht mehr, wir sind gehalten – Quatsch, sagt der Russe.
Wenn es typisch amerikanisch ist, alles umstandslos auszusprechen, und typisch russisch, durch Entscheidungen zu sprechen – was ist im Malergeschäft typisch deutsch? Der Geschäftsführer Rüdiger Lugert kann sehr hübsch über den deutschen Maler als solchen erzählen, und über zwei Bonmots der Branche. Erster Satz: Verdienen kommt von Verdünnen. Zweiter Satz: Was lange hält, bringt uns kein Geld.
Bei einem Treffen mit Malern hat Lugert neulich in die Runde gefragt, wie oft sie in ihrem Berufsleben ein Haus zwei- oder gar dreimal gestrichen hätten: Schweigen. Was denn der Grund dafür gewesen sei? Schweigen. »Ich kanns Ihnen verraten«, sagte Lugert: »Weil beim nächsten Mal immer Ihr Kollege gestrichen hat.« Indem sie verdünnen, bekommen sie trotzdem nicht den nächsten Auftrag; würden sie aber eine Farbe benutzen, die lange hält, würden ihre Kunden sie womöglich weiterempfehlen – das war Lugerts Botschaft.
Das Rathaus in Schwyz, angestrichen im Jahr 1891 mit Keim. Und seitdem nie mehr.
Das Weiße Haus – »im Normalfall, so wie ich den Anstrich festgelegt habe: dreißig, vierzig Jahre«, sagt Johann Rudroff. »Das kann gar nicht anders sein.«
Die Kremlmauer – schwieriger. Kein richtiges Fundament und dann noch zwischen dreieinhalb und sechseinhalb Metern dick; nie kann sie austrocknen. »Aber zwanzig Jahre muss der Anstrich halten«, sagt Rüdiger Lugert.
Hat es nicht eine gewisse Poesie, dass das Weiße Haus und der Kreml denselben Ursprung haben: die Farben gemischt in demselben schwäbischen Dorf, in derselben Farbenmühle, zwei Türen entfernt vom Büro von Herbert Prestele?
Der Russe lacht. So hatte er das noch nie gesehen. »Ein bisschen Charme hat’s schon.«
Herbert Prestele nuschelt, ja, sei schon ein besonderes Gefühl. Mehr nicht. Das Rateteam bei Kai Pflaume hat übrigens nicht herausgefunden, was er beruflich macht – er mische das Shampoo von Angela Merkel, war am Ende der Tipp.
Rüdiger Lugert zeigt ein Fenster im Flachdach des Bürogebäudes, mit einem Lichtschacht untenherum. Die eine Hälfte haben sie beige gestrichen, die andere rot; dazu haben sie ihre Farbbezeichnungen geschrieben: »KEIM 812285«, das Weiße Haus. »KEIM 9162«, der Kreml. So nah beisammen sind die beiden Bauwerke sonst nie, so ein Zusammenführen mag Deutschen liegen, und alles Handwerkliche sowieso. Nur auf die Idee, dieser Poesie auch einen Namen zu geben, der mehr ist als eine Typenbezeichnung, darauf kommen sie nicht.
Amerikaner können das. Die Firma, die vor Keim das Weiße Haus belieferte, hatte zwar bloß eine Farbe, die maximal vier Jahre hielt. Aber sie hatte einen geradezu poetischen Namen. Flüsterweiß. Auf Englisch: Whisper White.
Fotos: Frank Bauer