Andrea Seelich ist Architektin. Aber sie ist nicht, wie die meisten ihrer Kollegen, daran interessiert, Museen, Firmensitze und schöne Villen für reiche Menschen zu bauen. Sie plant und baut Gefängnisse. Und sie sagt, dass Architektur dort am stärksten wirke, wo man ein Gebäude nicht verlassen könne. Weil man durch Architektur das Konstruktive im Menschen fördern und die Beteiligten daran hindern könne, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen.
Mit ihren Entwürfen will Andrea Seelich das Grundprinzip der Resozialisierung in die Strafvollzugsarchitektur bringen. Ihre Lebensfrage lautet: Dürfen Gefängnisse schön sein? Ihre Antwort hat sie längst gefunden: Ja, warum denn nicht? »Man hat verstanden, dass die Eier von Hühnern, die nicht in Käfigen festgewachsen sind, besser schmecken. Warum hat man bei Menschen noch nicht begriffen, dass Käfighaltung nicht gut ist?« Auf die Frage, ob man ein besserer Mensch wird, wenn man in schönen Räumen wohnt, antwortet sie: »Man benimmt sich humaner.«
Andrea Seelich beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit allen Aspekten und Stationen des Strafvollzugs, vom Lichteinfall in der Zelle über die Größe des Fensters und den Ausblick bis hin zu den Räumen, in denen sich Familien begegnen oder in denen die Insassen Sex haben. Sie weiß, dass Möbel aus echtem Holz, die gut altern, besonders für Menschen, die ihrer Umgebung ausgeliefert sind, besser verträglich sind als Plastikgegenstände.
Andrea Seelich hat, um sich besser in Gefängnisinsassen hineinversetzen zu können, ein Jahr lang auf neun Quadratmetern gelebt. Wie das für sie war, wie sie den Insassen heute persönlich begegnet und warum quadratische Zellen besser als längliche sind, lesen Sie im Interview fürs SZ-Magazin.
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Foto: dpa