Seit fünfzig Jahren begleitet mich ein Kletterhammer des Alpinisten Paul Preuß, den mir seine Jugendliebe Ende der Sechzigerjahre geschenkt hat. Preuß war Wiener Jude und einer der besten Kletterer seiner Zeit. Er stürzte 1913 mit 27 Jahren ab. Zwei Jahre zuvor hatte er im sogenannten Mauerhaken-Streit die Grundregeln des Verzichtsalpinismus formuliert. Haken seien nur als Sicherung erlaubt, sonst nur Hände und Füße; wer eine Stelle nicht frei klettern kann, müsse eben passen. Dass Preuß dann doch einen Hammer besaß, den man nur braucht, um Haken in den Berg zu treiben, zeigt, dass auch er nur ein Mensch war. Für mich war dieses Geschenk sehr bewegend, denn Preuß’ Thesen beeinflussten maßgeblich meine Einstellung zum Klettern und waren Inspiration für mein Manifest Mord am Unmöglichen, in dem ich mich gegen den übertriebenen Einsatz technischer Hilfsmittel beim Extrembergsteigen verwahre. Der Hammer wurde mir damals mit der Auflage übergeben, dass ich ihn entweder weitervererbe oder öffentlich zugänglich mache. Er wurde zum Grundstein für mein Museum, wo er heute einen Ehrenplatz einnimmt.
Kletterhammer - Reinhold Messner
Der Extrembergsteiger erklomm als erster Mensch alle 14 Achttausender, durchquerte die Antarktis und die Wüste Gobi und suchte in Tibet nach dem Yeti. Sein Lieblingsgegenstand über all die Jahre: ein alter Kletterhammer.