SZ-Magazin: Die meisten Ihrer Produkte sind sehr funktional, beinahe nüchtern. Das kann man von diesen extravaganten Alu-Tischen nicht behaupten.
Jay Osgerby: »Iris« ist unsere erste eigene »Limited Edition«, und man merkt: Wir hatten hier fast freie Hand.
Edward Barber: Man kann bei so einem Projekt gar nicht genug über die Stränge schlagen. Das Endprodukt muss ja nicht massenkompatibel sein. Jeder weiß: Das sind unheimlich teure Einzelstücke, die in Handarbeit gefertigt wurden und Zehntausende von Pfund kosten. Deswegen wollten wir experimentieren. Mit dem Material, aber auch mit den Farben.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Aluminium zu färben?
Barber: Alles, was wir machen, hat mit Farben zu tun. Aber meistens ist die Farbgebung das Letzte, was wir uns überlegen. Denn das Design funktioniert ja auch so, völlig unabhängig von der Farbe. Diesmal wollten wir jedoch, dass die Farbe ein integraler Bestandteil des Produktes ist. Wir dachten, es wäre interessant, mal ein total buntes Möbelstück zu machen. Mit Leben, mit Seele. Wie ein volles Bücherregal.
Oder eine Regenbogenhaut.
Osgerby: Genau. Jede Iris hat eine Grundfarbe, die sich aus hundert verschiedenen Tönen und Schattierungen zusammensetzt. Wir haben also vierzig Tische gemacht, in fünf verschiedenen Farben und Größen, die von oben betrachtet alle wie Augen aussehen. Jedes der Aluminiumteile unter der Glasplatte wurde eigens mit der Hand elektrolytisch eingefärbt. Absolut unpraktisch für normale Herstellungsprozesse, so etwas. (lacht)
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Das müssen Sie erklären.
Barber: Die Stücke wurden aus massiven Blöcken herausgefräst, von einer britischen Firma, die Werkzeugteile für Formel-1-Hersteller baut. Eine der ganz wenigen Gebiete, wo Großbritannien noch führend ist.
Osgerby: Hier kollidieren zwei sehr unterschiedliche Dinge: die Farbe und die Technik. Wir kooperieren viel mit Textilfirmen und machen andererseits seit ein paar Jahren Projekte für die Flugzeugindustrie – Iris bringt beides zusammen.
Die Tische sehen aus, als ob sie eine Tonne schwer sind.
Barber: (lacht) Nicht ganz, aber es kommt ungefähr hin.
Osgerby: Allerdings werden die Teile einzeln geliefert, zum Zusammensetzen. Das ist der Trick.
Barber: Wissen Sie, die Leute, die so etwas kaufen, sind Kunstsammler, die haben in der Regel sehr viel Platz. Karl Lagerfeld hat zwei andere Tische aus poliertem Aluminium von uns gekauft und sie zusammengestellt. Zusammen sind die zweieinhalb Meter breit.
Ist das noch Produktdesign – oder schon Kunst?
Barber: Ein Projekt wie Iris ist an der Grenze. Aber für uns ist ganz wichtig, dass die Tische auch wirklich als Möbelstücke funktionieren. Wir wollen keine Skulpturen machen, die nur vortäuschen, Möbel zu sein. So etwas führt dich ins Niemandsland. Und da wollen wir nicht hin.
Edward Barber, 38, links, und Jay Osgerby, 38, gründeten 1996 ihr eigenes Studio in London. Ihre smarten, klassischen Entwürfe – Kleiderbügel für Levi’s, Getränkeflaschen für Coca-Cola, Möbel für Cappellini – vereinen »Klarheit, Kohärenz und Schönheit« (so die Urteilsbegründung der Jury des begehrten Jerwood-Preises).
Aktuelles Projekt: Iris, eine auf acht Exemplare limitierte Edition von fünf verschiedenen Tischen aus eloxiertem Aluminium und einer Glasplatte, für das Möbelhaus Established & Sons.