Erika's Eck
Taxifahrer, Clubgänger, Prominente und Prostituierte haben Heißhunger auf Erikas Rührei und belegte Brötchen. Man findet keine besseren in Hamburg – jeden Tag ab Mitternacht. Hack, Salami, Leberwurst sind so frisch, dass sie beinahe noch dampfen. Kein Wunder, der Schlachthof befindet sich nebenan und einige Gäste kommen mit blutverschmierten Kitteln von der Schicht. Seit Jahrzehnten gilt das Motto: »Spar dich satt!« Kaum möglich, bei Erika mehr als zehn Euro für ein Frühstück mitsamt Pils auszugeben.
LARS JENSEN
Erika’s Eck, Sternstr. 98, 20357 Hamburg, Tel. 040/433545, www.erikas-eck.de.
Café Einstein
Der Löffel sticht ins elastische Weiß, Eigelb fließt träge über grünen Schnittlauch, eine Drehung mit der Pfeffermühle gibt den richtigen Kick, Salz darüber – der Tag kann beginnen. Zwei Eier im Glas! Gibt’s so selten, weil sie frisch sein müssen und wachsweich; weil sie beim Pellen der Schale schnell ruiniert sind; weil sie heiß serviert gehören. Sie passen hierher, zu den großen Spiegeln in dieser Stadtvilla im Stadtteil Tiergarten, dem betagten Parkett, den Kellnern mit schwarzer Weste, der Herald Tribune, den Lederbänken und Marmortischchen. Mehr Stil und Patina ist nirgendwo in der Hauptstadt.
NORBERT THOMMA
Café Einstein (das Stammhaus; es existiert seit 30 Jahren), Kurfürstenstraße 58, 10785 Berlin, Tel. 030/2615096.
The Victorian House
Ins »Victorian House« gehe ich meist samstags, sehr früh, wenn noch nicht die halbe Vorstadt über den Viktualienmarkt stolpert. Es ist ein bisschen blöd, vom »Victorian House« zu schwärmen. Von seinem Charme, seiner angenehm schwulen Weltläufigkeit, den Eggs Benedict, der Clotted Cream. Bloß nicht! Am Ende kommt die andere Hälfte der Vorstadt auch noch!
ROY BRANDT
The Victorian House, Frauenstraße 14, 80469 München, Tel. 089/ 25546947, www.victorianhouse.de.
Benediktenhof
Wer behauptet, in einem Hotel garnie etwas zu essen bekomme, erzählt großen Unsinn. Im »Benediktenhof« bei Lenggries zum Beispiel frühstücken die Hausgäste mit Blick auf die nahe Benediktenwand gerne stundenlang. Alles aus biologischer Produktion: hausgemachte Marmelade, Milch, Joghurt, Käse, Schinken. Die Familie Bichler setzt voller Überzeugung auf Bioprodukte, um kleine Almen zu unterstützen. Großvater Bichler liefert aus eigenen Bienenstöcken erstklassigen Honig. Abends geht man voller Vorfreude auf das Frühstück schlafen.
TITUS ARNU
Landhaus Benediktenhof, Alpenbadstraße 16, 83646 Arzbach, Tel. 08042/91470, www.benediktenhof.de, DZ ab 62,50 Euro.
Karnoll's
Wenn ich einmal alt bin, werde ich meinen Enkeln erzählen: Vor vielen Jahren, als es noch Zeitungen auf Papier gab, da befand sich die Redaktion der Süddeutschen Zeitung inmitten der Stadt. Ich wohnte nur ein paar Meter weit entfernt; wenn ich verschlafen hatte, frühstückte ich auf dem Viktualienmarkt. Beim »Karnoll«, einem grün angestrichenen Marktstand mit grau-weißen Markisen, trank ich schnell eine Tasse Pfefferminztee und aß eine Butterbreze (die Brezen dort sind meist noch warm, innen weich und außen resch). Ich beobachtete die anderen Gäste, irgendwann grüßte man sich wortlos nickend. Ich ahnte immer, dass dieses große morgendliche Glück endlich sein würde. Heute weiß ich es.
ROY BRANDT
Back- und Kaffeestandl Karnoll, Am Viktualienmarkt, 80331 München, Tel. 089/2607931.Süllberg
Sie kennen das von Ihren Hamburg-Besuchen: Gibt nichts Schöneres als Schiffe gucken. Außer: Schiffe gucken und dazu auf der Terrasse des »Hotel Süllberg« ein von Spitzenkoch Karlheinz Hauser zubereitetes Frühstücks-Entrecote mit Spiegelei zu sich zu nehmen. Auf dem Süllberg, 150 Meter über der Elbe, zur Linken schmiegt sich das Fischerdorf Blankenese in den Hang, rechts gleiten die Containerriesen die Elbe entlang. Einfach sitzen bleiben, denn ab Mittag wird die 500-Personen-Terrasse zum Biergarten.
LARS JENSEN
Hotel Süllberg, Süllbergsterrasse 12, 22587 Hamburg, Tel. 040/866252-0, www.suellberg-hamburg.de.
Askanischer Hof
Frühstückseier bedeuten Ferien oder Feiertag – oder Ärger über eiskalte Betoneier vom Buffet. Nicht im »Askanischen Hof« in Berlin: Auf der Anrichte des wunderbar plüschigen Frühstückszimmers steht ein üppiges Müsliangebot mit Berberitzen, Datteln, Feigen, Ahornsirup und Nüssen, Käse- und Wurstplatten und Brotsorten. Die eigentliche Krönung sind jedoch die frisch zubereiteten Eier: vom Drei-Minuten-Ei bis hin zum Rührei, Spiegelei oder Omelett.
EVA FISCHER
Hotel Askanischer Hof, Kurfürstendamm 53, 10707 Berlin, 030/8818033 www.askanischer-hof.de.
Hotel Stadt Hamburg
Was für ein Satz: »Bei uns können Sie frühstücken, wann immer Sie wollen.« Ist das denn die Möglichkeit? Und was für ein Frühstück das ist! In Räumen, die mit englischem Interieur, Ölbildern und üppigen Vorhängen an ein zu groß geratenes Puppenhaus erinnern. Dazu schweres Geschirr, französische Stoffservietten und echter Filterkaffee aus echten Porzellankannen. Holsteiner Katenschinken, Mett- und Rauchwurst, Sylter Rapshonig, serviert von Damen in strammweißen Blusen, die weder Namen noch Wünsche ihrer Gäste am folgenden Tag vergessen haben. Das späteste Frühstück haben sie hier mal um 9 Uhr abends serviert, einem Amerikaner, der nach einem langen Mittagsschlaf auf die Uhr schaute und dachte, es sei schon der nächste Morgen. Die flexible Regelung eröffnet beim Hotelaufenthalt ganz neue Möglichkeiten: Warum nicht mal vor dem Frühstück einen halben Tag Sport machen? Nieder mit der Diktatur der Hotelbuffets! Es lebe das freie Frühstück!
KERSTIN GREINER
Hotel Stadt Hamburg, Strandstr. 2, Westerland, Tel. 04651/8580, DZ ab 240 Euro, www.hotelstadthamburg.com.
Hofgut Hafnerleiten
Natürlich sind die Marmeladen alle selbst gemacht und suchen die spektakulären Baum- und Bootshäuser am Weiher als Frühstücksort ihresgleichen. Die eigentliche Frühstückssensation im niederbayrischen "Hofgut Hafnerleiten" stellt allerdings der Kaffee dar. Erwin Rückel ist geprüfter Barista und erklärt das Geheimnis seines Press-Stempelkafees so: Indian Mysore, ein reinsortiger Arabica, 7 Gramm pro Tasse in die Kanne füllen, darauf mehrmals einen Schöpflöffel heißes Wasser gießen, immer wieder quellen lassen, nach vier Minuten obere Kruste mit Löffel durchbrechen, umrühren, in der Schwalltechnik aufgießen, absinken lassen, nach sieben Minuten Stempel ohne Kraft reindrücken. Aber natürlich nützt das Rezept wenig ohne das frische Brunnenwasser des Hofguts aus neunzig Meter Tiefe. PS: Auf Wunsch werden auch exzellente Cappuccini, Verlängerte oder Trükische Mokkas gereicht.
LARS REICHARDT
Hofgut Hafnerleiten, Brunndobl 16, 84363 Bad Birnach, Tel. 08563/91511, www.hofgut.info.
San Nicci
Tee oder Kaffee? Im »San Nicci« fällt die Antwort leicht: Schokolade. Sie kommt entweder geschmolzen in einer Tasse auf den Tisch, mit silberner Milchkanne dazu und einem Becher voller Orangensirup, den man auch noch hineinkippt. Das schmeckt dann, als ob die Sonne vor Capri gleichzeitig aufgeht und im Meer versinkt. Oder sie kommt in Form einer Praline und hat mit Nutella so viel zu tun wie Barolo mit Bionade. Überhaupt ist hier alles in der Luxusvariante zu haben: der Lachs dick geschnitten, der rohe Tunfisch fein mariniert, der Joghurt milchig, und das Bircher Müsli wird eine Nacht lang eingeweicht wie auch am Zürichsee. An einem dieser grauen Berliner Vormittage lässt einen das »San Nicci« die Stadt hinter den großen Fenstern vergessen.
GEORG DIEZ
San Nicci, Friedrichstraße 101, 10117 Berlin, Tel. 030/306454980.
Gnosa
Im »Café Gnosa« kann es passieren, dass in der Auslage ein zartrosafarbener, anatomisch korrekt geformter Penis liegt, der auch heterosexuellen Männern Appetit macht. Er gehört zu der großen Auswahl an Kuchen, derentwegen sich die Hamburger aus allen Stadtteilen auch bei schlechtestem Wetter nach St. Georg quälen. Das Café war eigentlich Teil der dort ansässigen schwulen Szene, aber mittlerweile ist es schon lange ein Treffpunkt für all jene, die ein perfekt zubereitetes Käsebrot oder Rührei zum Frühstück schätzen.
DAVID PFEIFER
Café Gnosa, Lange Reihe 93, 20099 Hamburg, Tel. 040/243034, www.gnosa.de.
Kaffeemitte
Von Berlin-Mitte bis Mailand sind es laut Google Maps 1037 Kilometer. Aber seit »Kaffee Mitte« eröffnet hat, gibt es endlich auch am U-Bahnhof Weinmeisterstraße knusprige Toasts mit Schinken und weiche Cornettos mit süßsaurem Aprikosengelee, deren Geschmack sich zur üblichen Berliner Coffeeshop-Ware verhält wie die Tiefkühlpizza zu Luigis Hausgemachter. Spektakulär, wie man sich hier die Mühe macht, für jeden Toast die Scheibe Schinken aus einem ganzen Schenkel zu schneiden.
ESTHER KOGELBOOM
Kaffee Mitte, Weinmeisterstraße 9a, 10178 Berlin, Tel. 0163/4418765, www.kaffeemitte.de.
Illustrationen: Dirk Schmidt