Es ist ein Trauerspiel, das dauernde Taktieren, Ausweichen, Fordern, Mahnen, Nicht-auf-andere-Zugehen, Erst-mal-sollen-die-doch-zeigen-ob-sie-Demokraten-sind, das die Politik der CDU der Türkei gegenüber im Speziellen und Ausländern gegenüber im Allgemeinen kennzeichnet.
Begonnen hat das lange, lange vor dem gegenwärtigen Herumschlingern um die Frage, ob die Türken nun in die EU dürfen oder nicht. Wenn man sich etwa den Widerstand gegen das kommunale Wahlrecht für Ausländer anschaut, ein Kampf, der in den Achtzigerjahren wichtig war, dann erkennt man, dass es ein Muster gibt, wie die Konservativen ihren Nationalismus maskieren. Das kommunale Wahlrecht wäre ja nur die demokratische Ergänzung einer gesellschaftlichen Realität gewesen, weil es einfach nicht gerecht ist, dass jemand hier lebt und arbeitet und Steuern zahlt, aber nicht mitentscheiden darf, was mit diesem Geld zum Beispiel geschieht. Außerdem, und das ist die Verbindung zum EU-Beitritt, hätte man die Ausländer so eingebunden, dass sich manche leidige Fragen nach Integration heute nicht mehr stellen würden.
Die CDU aber zieht es vor, den formalen, legalen Weg zu verweigern und stattdessen eine Politik der ideologischen Verdächtigung zu fördern, die letztlich zu den Entfremdungen führt, die sie von Anfang an beklagt.
Der Clou von Wahlen oder immerhin semi-demokratischen Organisationen wie der EU ist ja gerade, dass sie den gesetzlichen Rahmen bieten, der es Menschen ermöglicht, so zusammenzuleben, wie sie es tun möchten. So viel Freiheit aber muss sein. Dann braucht es am Ende auch keine forcierten Deutschtests, kein erzwungenes Bekenntnis zur Demokratie, keinen Staatsbürgerschaftstest.
Ähnlich sollte es mit dem EU-Beitritt funktionieren. Die Einbindung der Türkei ermöglicht es ja gerade, gesellschaftlichen Wandel zu fördern und Offenheit und Demokratie zu unterstützen. Wenn die CDU also demokratische Defizite als Grund anführt, den EU-Beitritt zu verweigern, zeigt sie nur wieder einmal, dass sie entweder das Spiel der Demokratie selbst nicht verstanden hat oder einfach politisch verkleidete Angst hat vor dem Fremden.
Ein wenig erinnert der Streit heute auch an eine andere Diskussion aus den Achtzigerjahren. Es ging damals im Kalten Krieg um die Frage, wie man mit den kommunistischen Regimen und speziell mit der DDR umgehen wollte. Die SPD hatte da eine Idee, die CDU war dagegen. Der Slogan, um den damals gestritten wurde, war: Wandel durch Annäherung.