»Vorweg sei geschrieben, dass ich ein ausgesprochener Hundefreund bin. Kürzlich waren meine Frau und ich bei einem befreundeten Paar zum Mittagessen eingeladen. Zum Nachmittagskaffee steuerte ich einen Clafoutis bei, einen Rhabarber-Erdbeer-Auflauf. Ein wenig aufwendig in der Zubereitung und mit recht exklusiven Zutaten versehen. Ich beobachtete dann, wie der Gastgeber sich etwa ein Drittel dieser Nachspeise mit seinem Hund teilte. Immer wieder verfütterte er große Stücke an diesen. Ich habe mir zunächst nichts dabei gedacht, erst zu Hause erschien mir dieser Vorgang dann eventuell unangebracht. Bin ich hier nicht gelassen genug?« Malte H., München
Mir erscheinen Sie sehr gelassen. Es ist schon auffallend unhöflich, dass jemand Ihr kulinarisches Gastgeschenk mit seinem Hund teilt, noch dazu vor Ihren Augen. Es ist doch völlig klar, dass Sie sich nicht in die Küche gestellt, Rhabarber und Erdbeeren geputzt und geschnitten, einen Teig angefertigt, eine Auflaufform eingefettet, das Ganze vermengt und hineingebettet, in den Ofen geschoben, die Backzeit abgewartet, das fertige Werk, nachdem es abgekühlt war, womöglich noch mit Puderzucker bestäubt und das Ganze schließlich auch noch irgendwie transportiert haben, um einem Hund eine kleine Gaumenfreude zu bereiten. Und das völlig unbenommen davon, wie sympathisch Ihnen der betreffende Hund ist.
Übrigens ist so ein Clafoutis für Hunde auch gar nicht gesund, hauptsächlich wegen des Zuckers, der auch bei Hunden zu Karies führen kann. Dass auch Menschen mit dem Verspeisen von Clafoutis bisweilen Probleme haben können, zumal in der Kombination mit Alkohol, ist aus Yasmina Rezas Gott des Gemetzels hinlänglich bekannt. Dort zieht der Genuss dieser Süßspeise, hier in einer Variante mit Äpfeln und Birnen, zusammen mit Kaffee und Rum, bei einer der Figuren eine Kotz-Arie nach sich, die wohl niemand, der das Stück auf einer Bühne gesehen hat, je vergessen wird. Ja, es sind die anverdauten Reste eines Clafoutis, die Requisiteure für diese Szene nachzubilden haben, auf dass sie die jeweilige Schauspielerin – im Münchner Residenztheater war das einmal, unvergessen, Sunnyi Melles, in Polanskis Verfilmung Kate Winslet – möglichst theatral wieder ausspucke.
Aber zurück zu Ihren Bekannten: Bringen Sie doch zur nächsten Einladung gleich dem Hund etwas mit. Etwas Pansen. Oder einen schönen großen Knochen. Als ausgesprochene Hundefreunde, die sie ja wohl sind, werden sie sich bestimmt mit ihm darüber freuen.