Ist das zu fassen? Auf Platz zwei der Singlecharts steht schon wieder Robin Schulz, der Mann aus Osnabrück, der letztes Jahr den offiziellen Sommerhit lieferte. »Sugar« ist sein fünfter Song in den Top Ten in anderthalb Jahren. Drei davon waren Remixes. Ist es nicht langsam mal gut damit? Können wir, nur mal so als kleiner Vorschlag, etwas Neues probieren, anstatt ständig nur zu remixen? Wobei: Der neue Hit »Sugar« ist gar kein echter Remix. Eher ein halber. Und da wird es nun doch interessant.
»Sugar« basiert nämlich auf einem Gitarrenriff und dem Refrain von »Suga Suga«, einem Hit des Rappers Baby Bash aus dem Jahr 2003. Einerseits. Andererseits - der leicht abgewandelte Songtitel deutet es schon an - haben Robin Schulz und der Lockenkopf aus dem Videoclip (er heißt Francesco Yates) noch was dazugetan. Und zwar eine Strophe, die es im Original so nie gab.
Die Strophe von »Suga Suga« bestand damals aus ein paar mittelmäßig hingerappten Zeilen - qualitativ eher Dämmwolle, um die Zeit bis zum (sehr gelungenen) Refrain zu stopfen. Brauchte also eigentlich kein Mensch, was Baby Bash damals offenbar keiner gesagt hat. Robin Schulz hat das jetzt aber gut erkannt. Seine neue Strophe greift so nahtlos in das Gitarrenriff und den Refrain, dass das Original danach nur noch klingt wie eine Demo-Aufnahme.
Schulz hat das Original also nicht nur neu interpretiert, wie sonst. Er hat es ergänzt und damit verbessert. Mit 12 Jahren Abstand holt er aus dem Song nochmal alles raus, was geht. Und man muss angesichts der grassierenden Ideendürre, sowohl in den Top Ten als auch in weiten Teilen von Robin Schulz’ Gesamtwerk, schon mal sagen: Gut gemacht!
Fragt sich nur: Wie nennen wir jetzt sowas? Also einen Remix, der das Original durch eigenes Songwriting ergänzt? Eine proaktive Cover-Version? Einen konstruktiven Remix? Einen Pro-Mix, vielleicht?
Erinnert an: die Arbeit von Unternehmensberatern.
Wer kauft das? Nicht nur, aber vermutlich auch Unternehmensberater.
Was dem Song gut tun würde: Ausnahmsweise keine Ahnung. Sogar das Musikvideo ist richtig gut!
Foto: Warner Music