#Tortenschlacht am #Strand

An der Spitze der Charts steht ein Song, der alles hat, was ein Sommerhit heute braucht. Und zwar vor allem: eine knackige Vermarktungs-Strategie für Instagram.

Der Sommer wäre dann wohl da, aber die Frage ist: Wird es musikalisch wieder ein Kompromiss-Sommer? So wie letztes Jahr? Damals, wir erinnern uns, wurde der Titel »offizieller Sommerhit« irgendwann an den einen Song verliehen, der schon seit gefühlten 18 Monaten rauf und runter gelaufen war, »Ain't Nobody (Loves Me Better)« von Felix Jaehn. Von dieser Art gedrosselten Dance-Songs gibt es auch dieses Jahr jede Menge, hatten wir ja schon mal festgestellt. Wird also der Sommerhit 2016 wieder so? Ein Kompromiss? Ein Song, der schon im Mai so traurig vor sich hin klöppelt, dass sich der Sommer gleich schon wie gelaufen anfühlt?

Die Antwort lautet: Nein. Denn in den Airplay-Charts, also der von Radiosendern erhobenen Hitliste, gibt es interessantes zu vermelden. Diese Woche führt eine Band namens DNCE die Liste an. Ein neu gegründetes Projekt von Joe Jonas, ehemals Mitglied der Jonas Brothers, vor ungefähr zehn Jahren die erfolgreichste Boyband der Welt. Jonas also singt mit DNCE einen Song namens »Cake by the Ocean« – und wenn der nicht das Zeug zum Sommerhit hat, also zum richtigen Verschwitzt-und-besoffen-nackt-in-den-See-spring-Soundtrack, dann wissen wir auch nicht mehr weiter.

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Das Lied ist nämlich: brutal. Eine aufgepeitschte Funknummer mit glitschigen Discoriffs, Kopfstimmen-Refrain und einem gebrülltem »Ayayayay«, bei dem man direkt mitgrölen will. Ein hochgezüchteter Ausrast-Song, der selbst den schlechtestgelaunten Berufspendler um sechs Uhr früh zappeln lassen muss, wenn er im Autoradio läuft. Und dann, ja dann kommt erst noch der zugehörige Videoclip! Eine in Zeitlupe gefilmte Kuchenschlacht am Strand, warme Abendsonne, Bikinis, Männer in lächerlichen Speedo-Badehosen – das Video nimmt dermaßen aggressiv Bezug auf das Thema Sommer und Spaß, dass man es sich eigentlich gut als ironischen Medienstunt vorstellen kann: »Wetten, dass wir mit diesen zwanzig Zutaten einen Sommerhit landen?«

Dafür spräche auch die Verbreitungsgeschichte des Songs. Die Band hat nämlich, das ist interessant, ihr Lied exlusiv auf Instagram beworben. Mit einem geheimnisvollen Post von Joe Jonas im vergangenen September ging es los - es folgten kleine Teaser, mal eine Basslinie, mal eine Strandszene aus dem Video. Instagram, das nur kurz, ist das soziale Netzwerk mit der höchsten Interaktion. Mehr als Facebook, mehr als Twitter. Als Musikplattform war es allerdings eher nicht bekannt. Es wirkt, als hätten DNCE genau das geplant: Am Anfang des Videos werden unten im Bild alle teilnehmenden Künstler mit ihrem Instagram-Namen eingeblendet, zuallererst Gigi Hadid, Topmodel und Ex-Freundin von Joe Jonas, die Regie geführt – und das Video ordentlich promotet hat. Hadid hat auf Instagram 17 Millionen Follower. Und damit geht es erst los: Der Erdbeer-Sahne-Kuchen, der in dem Video zerpflückt wird, ist eine exakte Nachbildung eines der beliebtesten Emojis, das auf Instagram verwendet wird. Der dicke Mann mit der Palme auf dem Kopf, der eine Hauptrolle im Clip spielt, ist »The Fat Jew«, einer der einflussreichsten Instagram-Stars. Der Pokal, die nackten Hintern, die vielen Smartphones im Bild – das Video lässt sich praktisch in Emojis nacherzählen. Es ist eine einzige Meta-Botschaft an die Welt der allzeit vernetzten Millennials: Der Sommer spielt sich vielleicht draußen ab. Aber was wirklich zählt, ist die Abbildung des perfekten Sommers auf Instagram. Mit dem richtigen Filter, dem richtigen Bildausschnitt, dem richtigen Emoji in der Unterzeile, der richtigen Menge an Ironie. Und, natürlich, dem richtigen Sommerhit auf dem Ohr.

Erinnert an: Earth, Wind & Fire nach einer Zeitreise.
Wer kauft das? Die Follower von @thefatjewish, @gigihadid und @joejonas.
Was dem Song gut tun würde: Dem Song nicht, aber dem Video würde ein bisschen weniger Product Placement gut tun (come on, Leute: Müsst ihr wirklich für Wein, Smartphones und Dating-Apps werben?)