Ja, so wird das gemacht. Gerade erst hatte der Hamburger Felix Jaehn einen Nummer-Eins-Hit mit seinem Remix des Reggae-Songs »Cheerleader«, jetzt legt er, wie man so sagt, nach: Seine Plattenfirma wird es ihm danken - denn prompt ist er schon wieder auf Platz Eins der Charts. Hut ab. Man hört da also ein bisschen zu, ein dezenter Housebeat, darüber ein Xylophon-Sound, nett, weil ungewöhnlich, im Video herrliche Bilder von Barcelona. Und grad will man sich freuen, dass der Mann jetzt also ein eigenes Lied und nicht einen Remix ... und dann kommt der Refrain, und OH NEIN, es ist tatsächlich das grausige »Ain't Nobody« von Chaka Khan. Finsterste Achtziger Jahre, ein Lied, das jahrelang jede Schulparty, jede Hochzeit, jede Firmenfeier vergiftet hat mit seinen billigen Synthesizern und seinem Plastik-Charme.
Na gut, wir wollen nicht ungerecht sein, das Lied scheint seit 30 Jahren viele Menschen anzusprechen, deshalb müssen es Unterhaltungskapellen und Alleinunterhalter ja bis heute spielen (man könnte auch sagen: Zu denen passt es am besten). Aber dass Felix Jaehn jetzt nichts besseres eingefallen ist, als diesen alten 0815-Gassenhauer neu aufzunehmen, das ist eher unerfreulich. Wobei man ihm eines zugute halten muss: Er hat es geschafft, das Lied von seiner 80s-Zickigkeit zu befreien. Wäre man jetzt in der - ausgesprochen glücklichen - Lage, das Original nicht zu kennen, könnte man also die Jaehn-Version anhören, ohne dabei an Vokuhilas und Rubik's Cube und Langnese-Kinowerbung zu denken, dann wäre dieses »Ain't Nobody« ganz in Ordnung.
Die Stimme von Jasmine Thompson verleiht dem Song die Art von Melancholie, die es in den 80er Jahren noch gar nicht geben konnte, weil sie eigentlich erst im TripHop der 90er erfunden wurde. Das zurückhaltende Arrangement lässt viel Raum, da kleistern keine Synthesizer alles zu, im Gegenteil, da bleibt viel Luft zum Atmen. Das Beste aber am Hit ist das Video: Barcelona von oben, Barcelona aus der Nähe, Barcelonas Gassen, Barcelonas Plätze. Wenn man ehrlich ist, hätte in diesem Fall nicht so sehr das Lied den ersten Platz der Charts verdient, sondern die Stadt. Auf jeden Fall möchte man nach dem Video lieber ein Flugticket kaufen als den Song.
Erinnert an das Original, leider.
Wer kauft das? Alle Glücklichen, die das Original nicht kennen.
Was dem Lied gut tun würde Weniger Bezug zum Original.
(Foto: Julia Nimke / Universal Music Group)