»Ich spüre hier eine Demokratie-Entfremdung« – »Nein! Widerspruch!«

In keiner deutschen Stadt wird derzeit so erbittert gestritten wie in Dresden, der Heimat von Pegida. Warum werden gerade dort die Brüche der Gesellschaft so klar sichtbar? Und was kann man daraus lernen? Das große Stadtgespräch.

Das Stadt­gespräch fand im Bistro »T1« statt. Hier im Bild, von links nach rechts: Saskia Rudolph, Redakteur Cornelius Pollmer, Frauke Petry, Khaldun Al Saadi, Annekatrin Klepsch, Marcel Beyer, Redakteur Patrick Bauer, Gerhart Baum und der Redakteur Thomas Bärnthaler.

Foto: Julian Baumann

Gerhart Baum, der Mann, der Dresden länger kennt als die neun anderen gebürtigen oder zugezogenen Dresdner, mit denen er an diesem Freitagnachmittag diskutieren wird, ist zuerst da. Um Punkt 16 Uhr steigt der Bundesinnenminister a. D. aus dem Taxi. Aha! Interessant! Hier war er noch nie: Das »Kraftwerk Mitte« ist altes und neues Dresden zugleich. Ein ehe­maliges Heizkraftwerk, das jetzt Kultur-Areal ist, ein Industriedenkmal, auf dem getanzt wird. Vor dem Bistro »T1« im einstigen Pförtnerhäuschen liegen Wildschweinwürste auf dem Grill. Drinnen – Flohmarktcharme, Milchschäumquietschen – ist ein langer Tisch aufgestellt. Hier wird gleich ein Stadtgespräch des »SZ-Magazins« stattfinden. Solche Runden aus bekannten und unbekannteren Bürgern einer Stadt, ob in München, Rio de Janeiro oder New York, sind immer etwas Besonderes, aber diese, das war früh klar, fällt völlig aus dem Rahmen. Denn eine Einladung zu einem Stadtgespräch in Dresden kann derzeit nur als Einladung zu einem Streitgespräch verstanden werden. Der braune Freistaat. Pegida. Die Hauptstadt der Unruhe.