Fließen Ihre Einfälle gleichmäßig tagaus, tagein? (Christine Müller)
Wo denken Sie hin! An einem trägen Fluss sitzen und nur die besten Ideen herausangeln? So geht es leider nicht.
Wann kommen Ihnen die besten Ideen, in der Badewanne, im Bett, beim Frühstück..? (Gabriele Schmechtig)
Am Schreibtisch, Frau Schmechtig, am Schreibtisch, leider, sonst würde ich fünf Mal am Tag frühstücken oder überhaupt mein Leben als Dauerfrühstück einrichten. Viele Leute denken, man arbeite als Schriftsteller, wenn man eine Idee habe. Es ist aber andersherum: Man hat nur Ideen, wenn man arbeitet.
Kommt es auch mal vor, dass Sie kurz vor dem Abgabetermin noch schwitzend und ideenleer vor Ihrem Computer sitzen? (Anne Vester)
Es ist sogar vorgekommen, dass ich in meiner Verzweiflung unten auf der Straße vor dem Büro Passanten um Einfälle angebettelt habe.
Haben Sie schon mal unter einer Schreibblockade gelitten? (Christine Müller)
Ja, als ich noch bei der SZ arbeitete und vor mehr als 25 Jahren zum ersten Mal ein Streiflicht unter Zeitdruck schreiben musste, zu einem absurden Thema: Es war Mai und es schneite. Es wurde zwei, es wurde drei, es wurde vier Uhr, um halb fünf musste ich fertig sein. Auf meinem Manuskript standen zwanzig miserable Zeilen, zwanzig von achtzig. Ich war fix und foxi und dachte, ich fliege am ersten Tag auch gleich wieder raus, rannte mit wirren Haaren auf den Flur und begegnete dem verehrten Kollegen Claus Heinrich Meyer. Er gab mir den seltsamen Rat, ich solle einmal die große Runde im Paternoster fahren, also weder oben noch unten aussteigen, sondern drinbleiben. Das tat ich. Es half! Ich schrieb in zwanzig Minuten zu Ende, es war sogar ein guter Text. Blockaden haben immer mit Stress zu tun. So was passiert, wenn man zu sehr unter Druck steht, Zeitdruck, Erwartungsdruck. Das muss man vermeiden. So was lernt man als Autor mit den Jahren.
Was machen Sie eigentlich, wenn Sie einen writers block haben – liegen für diesen Fall ein paar zeitlose Kolumnen in der Schublade? (Norbert Kehl)
Es gibt eine zeitlose Kolumne, die in der Redaktion liegt, aber eigentlich nicht für den Fall, dass mir nichts einfällt, sondern für den schlimmeren, dass ich krank werde. Das ist aber noch nie passiert, jedenfalls nicht so, dass ich nicht schreiben konnte. Ich finde, das ist ein sehr hohes Sicherheitsniveau, ohne Restrisiko macht die Sache ja keinen Spaß.
Was ist denn der Unterschied zwischen einer Glosse und einer Kolumne? (Dorothee Gollmer)
Erstens, liebe Frau Gollmer: Ich mag das Wort Glosse nicht, es klingt einfach nicht gut, nach Gosse und Soße, kennen Sie das? Dass man Wörter nicht mag? Das Wort Kolumne liebe ich. Es hat einen guten, weichen Klang, das liegt an der Kombination von o und u und dann dem weichen mn, man fällt da hinein wie in ein weiches Kissen, sprechen Sie mal nach: Koooo-lummmne. Zweitens: Mit solchen Begriffen sollen sich Germanisten und Deutschlehrer beschäftigen, mir sind sie egal.
Warum sind die Kolumnen nicht mehr so gut wie damals, so bis vor zirka zehn Jahren? (Carolin Weemeyer)
Wer bin ich, Frau Weemeyer, dass ich mich gegen ein Weltgesetz stemmen könnte? Alles war früher besser, natürlich auch meine Kolumnen. Dagegen bin ich machtlos. Nicht mehr so gut wie vor zirka zehn Jahren? Sie sollten mal meine Kolumnen lesen, die ich vor zirka 15 Jahren geschrieben habe.
Haben Sie eine Kolumne geschrieben, die Sie sich immer wieder selbst vorlesen, weil Sie Ihnen selbst so gut gefällt? (Anton Kurzka)
Ja, aber das ist eben 15 Jahre her.
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Foto: Sorin Morar, Illustration: Dirk Schmidt