Bling-Bling-Gesamtpaket: Noah Lyles
Die US-Turnerinnen mögen mit 10.000 Swarovski-Steinen auf ihrem Anzug jetzt den Glitzer-Rekord halten, aber in Sachen Rundum-Bling-Bling ist ihr Landsmann Noah Lyles nicht zu schlagen: Nägel mit Stars-and-Stripes-Nail-Art, fürs Finale Perlen in den Zöpfen und eine Halskette, die stark nach Diamanten aussah. Schmuck ist natürlich nichts Neues bei den Läufern. Aber neben Nasenringen und Ohrringen bevorzugen die meisten eher schlichte Silber- oder Goldketten. Der 26-Jährige dagegen trägt grundsätzlich lieber dick auf. Zur Eröffnungsfeier baumelten die Olympischen Ringe in bunten Edelsteinen um seinen Hals, im Schmuckkästchen zu Hause in Florida liegt ein fetter Siegelring mit »WC« für World Champion. Auch abseits der Tartanbahn mag es Lyles extravagant. Bei Jimmy Fallon saß er vor einigen Wochen in einer Lederkastenjacke mit weißem Rand und Glitzerknöpfen. Immerhin liefert der Mann auch: Über 100 Meter holte er bekanntlich die erste Goldmedaille für die USA seit zwanzig Jahren.
Typischer Instagram-Kommentar: »Fast and Furious!«
Am meisten umjubelter Waschbrettbauch: Thomas Ceccon
Sind die Körper diesmal noch definierter und durchtrainierter? Oder wird in den Sozialen Netzwerken einfach öffentlicher geschmachtet als früher vorm heimischen Fernseher? Die allgemeine Begeisterung der Amateuersportler in den Sozialen Netzwerken über so viel Profi-FitSpo ist jedenfalls grenzenlos. Überall halbnackte, perfekt gestählte Körper – OMG! - wo bloß zuerst hingucken? Hm, naja, vielleicht auf die Anzeigetafel? Interessanterweise stehen bei Olympia die männlichen Bodys diesmal mehr im Fokus. Vor allem der italienische Goldmedaillensieger über 100-Meter-Rückenschwimmen Thomas Ceccon inspiriert gerade sehr viele Zeitlupen-Zusammenschnitte auf Tiktok. Vom People Magazine wurde er bereits zum »Sexiest Man of the Olympics« gekürt. Jetzt ahnt der Mann vielleicht, wie sich die deutsche Läuferin Alicia Schmidt fühlte, als ein australisches Magazin sie einmal »heißeste Athletin der Welt« nannte. Für solche Auszeichnungen trainiert man ja eher nicht vier Jahre lang. Immerhin: Die nächste Unterwäschekampagne von Armani, Versace oder Dolce & Gabbana dürfte Ceccon sicher sein – wenn er das möchte.
Das sagen die neuen Schwimmfans: »Wann sind die nächsten Meisterschaften noch mal?«
Ambitionierteste Nailart: Sha’Carri Richardson und Jordan Chiles
Flo-Jos Erbe: Bei den Spielen 1984 und 1988 sorgte die amerikanische Sprinterin Florence Griffith-Joyner mit ihren langen, auffälligen Nägeln für Aufsehen. Mal trug sie sie in den amerikanischen Landesfarben, dann lackierte sie einen Nagel an jeder Hand in der Farbe der Medaille, die sie holen wollte: klar, Gold. Klappte dann damals auch gleich dreimal. Mittlerweile gehört Nailart zum Standardprogramm bei vielen Sportlerinnen, die meisten tragen Landesfarben, so wie die Ruderin Akoko Komlanvi aus Togo oder die französische Fechterin Sara Balzer. Besonders ambitioniert ist das Design bei der amerikanischen Sprinterin Sha’Carri Richardson. Bei der Eröffnungsfeier trug sie die amerikanische Flagge mit Schmucksteinen und funkelnde Silbertürme auf den langen spitzen »Stiletto«-Nails, die fast schon Wolverine-Länge haben. Als sie zu Silber über die 100 Meter lief, waren sie innen Schwarz, außen mit bunten Mosaiken besetzt. Die Nägel seien jeweils Ausdruck ihrer aktuellen Tagesform, sagt die 24-Jährige, was in diesem Fall dann wohl »kämpferisch« heißt. Ebenfalls ganz weit vorn: Die Nägel der amerikanischen Turnerin Jordan Chiles, die sie bei Olympia mit blau-weißem Kroko-Print lackieren ließ. Wie man damit all die akrobatischen Übung hinkriegt? Besser sogar, meint die Goldmedaillengewinnerin. »Ich konzentriere mich dadurch noch mehr auf die richtige Technik – ich will ja nicht hinfallen und mir einen meiner kostbaren Nägel abbrechen.« Wer kennt’s nicht?
Das sagt die Konkurrenz: »They nailed it.«
Beste DIY-Gear: Tom Daley
Dieses Finish stand auf keinem Kalender. Am 5. Wettkampftag stellte Tom Daley sein bislang anspruchsvollstes Kunststück fertig: Einen Strickpullover in den britischen (wie praktischerweise auch französischen) Landesfarben, vorne Paris und der Eiffelturm, hinten sein Nachname, am Bündchen die britische und französische Flagge. Die Tage zuvor hatte man den frischgebackenen Silbermedaillengewinner im Synchron-Turmspringen noch strickend und sein Werk kritisch prüfend auf der Tribüne gesehen. Dann postete er auf Instagram ein Video von sich mit dem fertigen Design und erklärte jedes Detail; einer zweiten Karriere bei einem Shoppingkanal steht nichts mehr im Wege. Dagegen kann der ganze überteuerte Merch von Paris einpacken. Auch Sharon Stone postete sofort: »Dude, I want one!«
Wird sicher bald getragen von: der ebenfalls strickenden Ella Emhoff.
Lustigster Edel-Fan: Snoop Dogg
Lady Gaga feuerte Simon Biles an, Tom Cruise lächelte auf der Schwimmtribüne, Anna Wintour saß – wo sonst – beim Tennis. Aber keiner hat bei diesen Spielen so offensichtlich Spaß wie Snoop Dogg. Mal tanzte der Rapper bei den Turnerinnen, saß expressiv mitleidend beim Judo, dann stand er mit Schirm und Hand-Ventilator auf den Rängen und feuerte die Lagen-Schwimmstaffel mit »You got it, baby!« an. Dabei trägt er oft seinen personalisierten Trainingsanzug mit »Snoop Dogg« und NBC-Logo – der Rapper ist dort Gastkommentator – inklusive Berret sowie eine Aviator-Sonnenbrille mit Sternen auf den Gläsern. Zusammen mit Martha Stewart trat er bei den Reitbewerben im Partner- und Motto-Look auf: komplett in Reiterhose, Jackett und Helm. Gelegentlich geht er aber auch »all in« und zieht T-Shirts mit den Gesichtern der gerade wettkämpfenden Sportler an: darunter Simon Biles, Coco Gauff oder die Beachvolleyballerin Sara Hughes. Mal gucken welche Fan-Shirts er in dieser Woche noch aus dem Ärmel zieht.
Typischer Instagram: »Maskottchen der Herzen!«
Lässigstes Outfit: Yuto Horigome und Funa Nakayama
Strenge Regeln, gar eine feste Kleiderordnung wie Rock für die Damen, Anzug für die Herren – das gibt es gesamtgesellschaftlich nur noch selten. Und auch viele olympische Uniformen sind diesmal betont locker, wie die Eröffnungsfeier zeigte: Zu sehen waren Jeansröcke (Estland), Anglerhüte (Deutschland) und Tie-Dye-Kittel (Tschechien). Unser Vorschlag wäre dennoch: Mehr Mongolei wagen! Das Land hatte bekanntlich die spektakulärsten Entwürfe mit aufwendig bestickten Westen, die traditionell aber gleichzeitig modern daherkamen. Zu einer Eröffnungsfeier darf es sowieso noch ein bisschen elegant zugehen, bevor danach fast alle in Polyester unterwegs sind. Die einzigen »offiziell« lässigen Outfits tragen die Skateboarder – weil sie so ziemlich die einzigen Sportler sind, die ihre Wettkämpfe quasi in ihrer Straßenkleidung absolvieren. Baggy-Hosen, weite Hemden, Sneaker statt knapper Höschen und Glitzerbody. Beim Publikum besonders beliebt diesmal: der Japaner Yuto Horigome und seine Landsmännin Funa Nakayama.
Typischer Instagram-Kommentar: »Ah, Skaten ist jetzt auch olympisch?«
Sympathischster Geheimagent: Stephen Nedoroscik
Wäre der Name Stephen Nedoroscik wohl auch so viral gegangen, wenn er nicht »Pommel Horse Guy«, sondern »Vault Guy« wäre? Oder »Floor Guy«? Der deutsche Name Pauschenpferd ist auch nicht ohne, aber »Pommel Horse« ist klangtechnisch unschlagbar. Dazu ist der 25-Jährige wahrscheinlich der Athlet von Paris mit der speziellsten Spezialmission: Er war im Mehrkampf der Männer nur für seine Disziplin zuständig, wartete drei Stunden in aller Seelenruhe auf seinen Einsatz, legte dann die Brille ab – und sicherte den Mannschaftskollegen die Bronzemedaille. Er sitze da wie ein Schläfer, der wartet, bis er aktiviert wird, schrieben Nutzer auf Social Media, und verglichen ihn mit Clark Kent, der auch Brille trägt, wenn er nicht gerade den Superhelden gibt. Sedoroscik leidet an Strabismus, er schielt also gelegentlich und sieht dann zwei Bilder statt einem. Deshalb turne er intuitiv, meist mit geschlossenen Augen, erzählte er in einem Interview. Geheim ist dieser Agent jedenfalls nicht mehr, sondern einer der größten Überraschungssieger dieser Spiele.
Das sagt seine Freundin: »Call me Ms. Pommel Horse«
Nachhaltigstes Design: Rayssa Leal
Nein, das sind nicht einfach zwei hübsche bunte Papageien da unter dem Skateboard der Brasilianerin Rayssa Leal. Es sind zwei hübsche bunte Hyazinth Aras, um genau zu sein, die größten flugfähigen Papageien der Welt. Hier unter dem Sportgerät sollen sie allerdings vor allem Symbol für den Amazonas und ein Aufruf sein, die Natur dort besser zu schützen. Leal schrieb in Tokio Geschichte, als sie mit 13 jüngste Medaillengewinnerin der Olympiageschichte wurde. Mittlerweile ist die 16-Jährige ein Megastar, dem 8,6 Millionen Menschen folgen. Das IOC ernannte sie für Paris nun zur »Nachhaltigkeitsbotschafterin«. Die Aras haben ihr auch gleich Glück gebracht: Die Brasilianerin gewann diesmal Bronze.
Wird bald gefahren von: umweltbewussten Skaterinnen dieser Welt