Eigentlich, das muss ich vorweg sagen, halte ich mich nicht für eitel. Ich pose so gut wie nie vor dem Spiegel, ich habe mich damit abgefunden, dass mit mir kein Fotowettbewerb zu gewinnen ist und ich lache mit, wenn ich in einem Laden vor dem Spiegel zufällig neben einer Gazelle stehe. Da bin ich eher der Shetlandponytyp.
Aber jetzt soll ich endlich einen Fahrradhelm kaufen. Das habe ich meinem Sohn versprochen. Schon mehrmals. Er macht sich Sorgen, denn er weiß, dass ein Schädel brechen kann. Sein Bruder ist deswegen fast gestorben.
Drei Mal habe ich es schon versucht, über die Jahre hinweg. Drei Mal bin ich entschlossen in einen Laden hinein marschiert und habe Helme auf meinen Kopf gesetzt. Mein Kopf ist groß. Darauf sind viele wuschelige Haare. Und wenn man da oben einen Helm drauf setzt, sieht das aus - eigentlich fehlen mir nie die Worte. Doch dieser Anblick, im Fahrradladen vor dem Spiegel... Jedes Mal bin ich, von Entsetzen und Panik getrieben, aus dem Laden raus gelaufen. Die Relation von Sicherheitsgefühl zu Schönheitsempfinden ist, was den Fahrradhelmkomplex angeht, absolut inkongruent.
Die Fahrradhelmhersteller scheinen das zu wissen. Sie versuchen, uns Erwachsenen Helme schmackhaft zu machen, indem sie sich viele lustige Camouflage-Formen ausdenken. Es gibt Helme, die aussehen wie Wassermelonen oder wie Billardkugeln. Es gibt Helme, die aussehen, als wollten sie keine sein, sondern Scotland-Yard-Hüte, Babymützen oder Playmobil-Bauarbeiter-Helme. Helme, meist knochenfarben, die wirken wie Dinosaurier-Skelette. Und solche, die Skihelmen, Polo-Helmen, Motrradhelmen oder Skaterhelmen ähneln. Weil, offenbar sehen das alle so, nichts so unmöglich ist wie ein Fahrradhelm.
Sie sehen alle scheiße aus. Nicht nur an mir. Tut mir leid, aber das ist die Wahrheit.
Warum das so ist, weiß ich nicht. Mit Skihelmen, Bauarbeiterhelmen und sogar Polo-Helmen habe ich überhaupt kein Problem. Vielleicht auch deswegen, weil ich nicht täglich auf Pisten, Gerüste und Pferde steigen muss. Und weil ich nicht täglich als Tyrannosaurus Rex durch die Stadt sausen will.
Natürlich hat mein Sohn recht. Und ich bewundere all jene, die Fahrradhelme tragen. Für ihre komplette Eitellosigkeit. Und vorbildliche Vernünftigkeit.
In den letzten Tagen – es beginnt die Fahrradsaison – wird mir im Netz häufig der Fahrradhelm angepriesen, der gar kein Helm ist. Man legt ihn wie ein Tuch um den Hals und erst im Ernstfall bläht er sich wie ein Airbag in Form einer Lockenwicklerhaube auf. Natürlich ist das Ding für mich unbezahlbar. Und ich versuche nun heraus zu finden, was dran ist an der Behauptung, die Nützlichkeit von Fahrradhelmen sei nicht einwandfrei bewiesen. In Holland, beispielsweise, dem Land der Radler, tragen sie viel weniger Helme als bei uns.
Oder Dänemark: Hier zum Beispiel wirft der Stadtforscher, Designer und Fahrrad-Botschafter Kopenhagens 16 Minuten lang sehr unterhaltsam mit Statistiken um sich, die meinen Glauben an die Sicherheit der Helme ganz schön ins Wanken bringt. Mehr Fahrradhelme steigern die Sicherheit auf den Straßen nicht. Im Gegenteil. Erstens: Die Unfallwahrscheinlichkeit ist höher, wenn man einen Helm trägt. Zweitens: Je mehr von Fahrradhelmen die Rede ist, desto eher steigen die Menschen auf das Auto um. Genau deshalb bauen Autohersteller wie Volvo jetzt Fahrradhelme – sie wissen, dass sie dadurch noch viel mehr Autos verkaufen können.
Moment mal: Kann es sein, dass es einen Grund gibt, warum Fahrradhelme immer noch so grauenerregend hässlich sind? Kennen wir das nicht schon von den Elektroautos? Liebe Autoindustrie (und, wenn wir dem Vortrag von Mikael glauben, liebe Versicherungsunternehmen), hört bitte auf mit diesem Doppelspiel. Lasst Leute Fahrradhelme bauen, die sie selbst jeden Tag benutzen. Ich bin sicher, dann sehen die auch ohne Billiarkugel- oder Wassermelonendesign gut aus.
Foto: bevangoldswain/istockphoto.com