Zu sagen, sie sei mir unsympathisch, wäre gelogen. Schon weil sie jung und manchmal unsicher ist. Anders als die abgezockten Politprofis, die einen anöden mit ihrer Glattheit. Auch die politischen Ziele von Frau Schröder gefallen mir gut: Den Unternehmen will sie die Frauenquote »nicht per Gesetz aufzwingen«, sie selbst sollen sich eine stellen – per Gesetz. Sie muckt gegen die unvermeidliche, selbstherrliche Alice Schwarzer auf, sie will kleine Jungs wieder mehr fördern und mehr Männer in Erziehungsberufen sehen. Fast könnte man meinen, hier sollte sich eine den Zusatz »Frauen« in ihrem Ministeriumstitel durch »Männer« ersetzen lassen, denn die stehen bei der Frau Ministerin hoch im Kurs.
Aber so ist sie, die Frauengeneration 30plus: Bei ihr findet Emanzipierung wieder »mit Mann«, nicht »gegen ihn« statt. Auch das: kommt mir entgegen. Vielleicht, weil wir Ostfrauen es sowieso nie so hatten mit dem Feminismus-Faustkampf unserer Schwestern im Westen. Feministin? Tut mir leid, wollte ich nie sein, gleichberechtigt schon. Auch heute gehe ich den Damen mit dem großen F auf der Stirn lieber aus dem Weg, manche agieren wie Kerle, sie machen mir Angst. Ein Leck in Sachen Emanzipation habe ich nie gespürt, ich bin mit Müttern groß geworden, die immer arbeiten gingen, selber Chef und auch zu Hause auf Augenhöhe waren. Natürlich hatten sie auch genug Kindergartenplätze. Leider werden sie in der intellektuellen Debatte »Wie vereinbart man Kind und Karriere?« kaum gehört. Lieber haufenweise Promimütter, die sich alle viele Nannys leisten können. Traurig.
Also – die Ministerin. Sie sollte mir zusagen. Warum tut sie es nicht? Oder vielmehr: Warum bewegt sie mich so wenig? Warum fegt sie meine Anflüge von Politikverdrossenheit, die mit der Enttäuschung Karl-Theodor zu Guttenberg gerade wieder ordentlich Prozentpunkte dazugewonnen hat, nicht weg wie ein Orkan? Warum würde ich mich auf einer Party nicht unbedingt zu ihr stellen?
Sind es ihr braver Bob, ihre Perlenohrringe oder die beschützenswert anmutende Aura ihres zugeknöpften Strickkleides, unter dem sie ihren Babybauch versteckt? Warum versteckt sie ihn überhaupt? Sie ist doch nicht ungewollt schwanger. Oder ist es die Art, wie sie »Hi« sagt zu ein paar freundlichen Gymnasiasten, die sie auf einer Ideenschmiede Mitte Februar in Berlin-Mitte besucht? Kann gut sein. Eine coole Frau im Sinne von herzlich-lässig ist sie nicht. Sie ist eine Streberin. Eloquent, aber steif. Was ich nicht falsch verstanden wissen will: Eine, die sich populistisch ranwanzt ans Volk und denkt, das falle nicht auf, will ich auch nicht haben. Den Platz besetzen andere schon.
Meine Sehnsucht gilt einem Politiker, weiblich oder männlich, der menschlich und echt ist und es vor allem auch bleibt. Den das Amt und der Betrieb nicht weltfremd oder größenwahnsinnig machen. Das allein dürfte schwer genug sein. Ich bin sogar so vermessen, mir ein Geheimnis zu wünschen an einem Politiker, wie an anderen Menschen auch. Frau Schröder hat für mich keines. Sie ist nett, ja, aber sie kriegt mich nicht. Ich fühle mich nicht angezogen. Vielleicht verlange ich zu viel von ihr, vielleicht hält da eine ihre wahre Persönlichkeit nur raus aus dem Alltagsgeschäft, und wenn ich nur mal einen Rotweinabend mit ihr hätte, würde ich die wahre Kristina kennenlernen. Aber ganz ehrlich? Glaube ich nicht.
Sie ist keine, die offenbaren würde, dass man nach acht Jahren Beziehung auch mal wieder an der Liebe schrauben muss. Sie ist eine höhere Tochter, die den Namen ihres Mannes angenommen hat und in deren Familienideal Schwierigkeiten und Brüche nicht passen. Obwohl die einen Menschen erst interessant machen. Den Rotweinabend können wir uns also schenken. Ehrlich gesagt würde ich mich nicht mal darum reißen. Wenn das ein Armutszeugnis ist für eine Journalistin – bitte. Natürlich ist auch ihre gesamte Vita ein Problem, ich gebe es zu. Schon mit zwölf »Birne-Fan« zu werden und freiwillig die Namen der Bundesminister auswendig zu lernen ist schon krass. Nicht dass ich was gegen Freaks habe, aber Kohl, die CDU? Ich kann mir vorstellen, wie die blitzgescheite Kristina, damals noch eine »Köhler«, faule und schlumpige Schulkameraden genervt hat mit ihrer Stringenz und ihrem eisernen Willen.
Bin ich ungerecht, wenn ich das alles in die Bewertungsskala miteinbeziehe? Ist das typisch Frau: zu schauen, wie einem der Politiker als Mensch behagt? Ist das am Ende der Grund, warum wir Frauen immer noch nicht an der Macht sind, weil wir immer so blöd gefühlig sind?
Was mir an Frau Schröder gefällt, ist, dass sie nicht zimperlich mit ihrem eigenen Geschlecht umgeht. Sie sagt, dass wir Frauen uns in Sachen Kind und/oder Karriere selbst am häufigsten vorwerfen, das falsche Leben zu führen, egal wie wir uns entscheiden. Nicht die Männer, und schon gar nicht der Staat. Damit hat sie recht, und zwar so was von. Wenn ihre Stimme dabei nicht diesen leicht zickigen Unterton hätte.
Ganz anderer Meinung ist da Kollegin Susanne Schneider. Sie findet Kristina Schröder immer sympathischer. Hier gehts zu ihrem Text.