Die Rettungsinsel

Rettung verspricht die Insel draußen im Watt. Auch Rettung vor Strandpromenadenrummel und Feriensilo-Optik. Schon auf dem Weg tritt Linderung ein. Ringsum nur schwarz glänzender Schlick, der durch die Zehen quillt. Möwen auf Betteltour, ab und zu ein gluckernder Priel, der bei Ebbe harmlos tut. Aber wehe, man wird von der Flut überrascht, dann verwandeln sich die Rinnsale in Ströme, es gibt kein Vor mehr und kein Zurück. Die meisten Wattwanderer schaffen es bequem zu Fuß von Cuxhaven nach Neuwerk, der natürlichen Rettungsinsel. Auf dem »Friedhof der Namen­losen« erinnert ein Dutzend schlichter Holzkreuze an ertrunkene Seeleute, für die Neuwerk keine Rettung mehr bedeutete.

Ganz ohne Risiko ist der Transport per Pferdefuhrwerk. Die gelben Wagen fahren zügig an den im Wattengrund versenkten Reisigbündeln entlang. Sie markieren den Weg und heißen Pricken. Die Kutscher haben es eilig, die nächste Flut kommt pünktlich. Neuwerk ist keine Insel der Seligen. Tagesgäste werden im Leuchtturm mit Würstchen und Bier versorgt, und zurück geht’s. Wenige Sommerfrischler bleiben über Nacht – bei den 40 Insulanern, den Pferden und Kühen. Und natürlich den Vögeln.

Einsamkeit auf dem Deichweg, in zwei Stunden hat man die Insel umrundet. Den Vögeln bietet die kleine Insel verlässlichen Schutz, vor dem Deich tschilpt und quakt es während der Brutzeit, Spaziergänger dürfen den markierten Weg nicht verlassen.

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Draußen in der Fahrrinne schieben sich bunt gescheckte Containerfrachter vorbei. Auf halbem Weg dorthin liegt Scharhörn, eine unbewohnte Düne mit noch mehr Vögeln, zu Fuß zu erreichen oder per Wattwagen, mit Voranmeldung. Das nächste Mal vielleicht.

Luxus gibt es nicht auf Neuwerk, mit etwas Glück aber einen Platz im Strohlager oder ein Pensionszimmer mit Blick übern Deich in die untergehende Sonne. Der Sommer ist vorbei, Ende Oktober wird die Insel für Touristen geschlossen. Ab März schütteln die Insulaner die Betten wieder auf und warten auf Gäste. Wenn nicht gerade niedriger Wasserstand die Fähre von Cuxhaven am Ablegen hindert oder heftiger Wind das Wasser in den Prielen hält und die Wattwagenkutscher ihre Pferde im Stall lassen. Und die Rettung noch mal verschoben werden muss.

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Übernachten Haus Seeblick, Tel. 04721/290 60, DZ ab 80.
Essen Restaurant im Leuchtturm Neuwerk, Tel. 04721/290 78.
Unbedingt eine Wattwagenfahrt machen.

Olivier Kugler (Illustration)