Folge 11: Einer zu viel

Als der Name des neuen Spitzenkandidaten der hessischen SPD, Thorsten Schäfer-Gümbel, auftaucht, entsteht eine spontane Abneigung. Und das liegt vor allem an seinem Namen.

Als der Name Thorsten Schäfer-Gümbel in meinem Leben auftaucht, fühle ich eine spontane Abneigung – und dabei komme ich noch nicht mal aus Hessen. Irgendwas stört mich an dem neuen Spitzenkandidaten der hessischen SPD. Ist es sein Gesicht: viel zu viel Haut um Augen, Nase, Mund? Oder seine betont braven Gesten, als er neben Andrea Ypsilanti bei "Kerner" sitzt? Erinnert er mich zu sehr an meinen Bankberater? Alles ja! Und doch wird mir zunehmend klar: Es ist vor allem sein Name, der mich misstrauisch macht:

Irgendwie kann ich Menschen mit Doppelnamen nicht ernst nehmen. Immer habe ich das Gefühl, dass sie sich nicht entscheiden können, im Kompromiss leben. Wer seinen Familiennamen bei der Heirat nicht hergeben mag, kann ihn ja einfach behalten. Doch die Bindestrich-Paare packen beide Namen in den Pass, an die Wohnungstür, auf den Grabstein. Finden sie etwa nicht, dass Namen auch gut klingen müssen? Ich stelle mir Menschen mit Doppelnamen immer ein wenig zu laut vor, zu wichtigtuerisch, zu unironisch. Leute, die zu wenig Distanz zu sich selbst haben, Leute, die sich gerne beschweren. Es ist natürlich nur ein Gefühl, ich kann das statistisch nicht belegen. Aber Dr. Werner Mang, Deutschlands berühmtester Schönheitschirurg, hat eine Studie veröffentlicht, wonach sich Lehrerinnen mit Doppelnamen am häufigsten nach einer Schönheits-OP über das Ergebnis beschweren. Und offensichtlich geht es nicht nur Herrn Mang und mir so, sondern auch Deutschlands ältester Traditionspartei: der SPD.
Kurz nach Schäfer-Gümbels Nominierung wurde in den Reihen der Hessen-SPD der Wunsch nach persönlicher Veränderung des Spitzenkandidaten laut. Seine Parteikollegen wünschen sich, er möge nicht nur seine Liebe zum FC Bayern innerhalb der hessischen Landesgrenze nicht so laut offenbaren und sich eine neue Brille kaufen, sondern auch seinen Namen ändern. "Nein!", rief der schmallippige Kandidat da bei "Kerner", schließlich könne sein Name doch zum Markenzeichen werden.

Lieber T S-G: Nur mit Ihrem Doppelnamen als Markenzeichen werden Sie nicht weit kommen. Helfen Sie uns, an etwas anderes zu denken, wenn wir über ihre Person stolpern. Einige Ihrer Doppelnamen-Kollegen haben es ja auch geschafft: Die Biologin Christiane Nüsslein-Volhard bekam den Nobelpreis, der Sportmediziner Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt heilte viele FC Bayern-Beine, die Sängerin Carla Bruni-Sarkozy knutscht mit dem französischen Staatspräsidenten, der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki schimpft schön und die Skilangläuferin Evi Sachenbacher-Stehle holte bei der WM 2007 im Sprint Silber. Ganz konsequent: mit Teamkollegin Claudia Künzel-Nystad.