Vergangene Woche zeigte der Designer Demna Gvasalia seine neue Kollektion für Balenciaga während der Pariser Modewoche. Das größte Aufsehen: Gvasalias Interpretation von Crocs, den wegen ihrer Bequemlichkeit und hygienischen Trageeigenschaften vor allem in Krankenhäusern und Schrebergärten geschätzten Gummi-Clogs der amerikanischen Firma Crocs.
Etwas mehr als eine Woche zuvor schickte auch der britische Designer Christopher Kane bereits zum zweiten Mal seine Vorstellung von »Designer-Crocs« über den Laufsteg in London. Müssen wir uns also auf einen modischen Feldzug der – wie unter anderem das Time Magazine meint – unästhetischsten Schuhe der Welt einstellen?
Da Gvasalia in den letzten Saisons eindrücklich bewiesen hat, dass er von karierten Übergepäckstaschen über DHL-Shirts bis IKEA-Tüten so ziemlich jeden Alltagsgegenstand in ein It-Piece zu verwandeln vermag, ist davon auszugehen.
Tatsächlich ist der sogenannte Ugly Shoe schon seit einiger Zeit ein Mode-Thema. Birkenstocks, Trekking-Sandalen, Adiletten – all diese Bequemlichkeits-Treter wurden durch Designer bereits geadelt. Das liegt einerseits am Normcore-Trend, der das bewusste Tragen besonders durchschnittlicher und vermeintlich unauffälliger Alltagskleidung wieder en vogue gemacht hat. Und andererseits passen die Schuhe zu einem Zeitgeist, in dem Gesundheit und Outdoor-Orientierung eine prägende Rolle spielen. Weiches Fußbett statt schädigender High Heels, oft synthetische Materialalternativen statt Leder.
Die Balenciaga-Crocs stellen allerdings eher die Partyversion der Gesundheitslatschen dar – in Rosa, Neongelb oder -grün, mit Plateau und einem ganzen Berg an bunten (Logo-)Pins, die wirken wie die gesammelten Kühlschrankmagneten der letzten Urlaubsziele. 90er-Trash trifft auf Gartenparty, man sieht förmlich Blümchen damit durch die Weiten eines Eurodance-Videos hüpfen.
Der orthopädische Aspekt dürfte bei den Zehn-Zentimeter-Absätzen also doch eher eine untergeordnete Rolle spielen. Stattdessen interessiert sich Gvasalia nach eigener Aussage eher für die moderne Herstellungsweise »seiner« Crocs. »Es ist ein sehr innovativer Schuh«, sagte er der britischen Vogue backstage und lieferte dazu gleich noch einen futuristischen neuen Vertriebsweg: In Zukunft könne man sich die Gummi-Schuhe zuhause einfach aus dem 3D-Drucker ziehen, da sie komplett aus einem Stück gefertigt werden.
Die Zukunft des Schuhwerks liegt also in formbarem, antibakteriellen Schaumharz – zumindest, wenn es nach einem der derzeit bedeutendsten Mode-Visionäre geht. Nur eins könnte Gvasalia einen Strich durch die Rechnung machen: Sicherheitsbedenken. Das japanische Ministerium für Internationalen Handel und Industrie verlangte 2008 von Crocs, ihr Design zu verändern, nachdem zahlreiche Crocs-verpackte Kinderfüße in Rolltreppen steckengeblieben waren. Auch die Washingtoner U-Bahn hängte damals Crocs-Warnungen an ihren Rolltreppen auf. Aber gut, echte Fashionistas fahren ja ohnehin lieber Taxi.
Wird getragen von: Blümchen, Sailor Moon, Hobbygärtnern, Krankenpflegern, Seglern
Wird getragen mit: blauem Lippenstift und Minikleid bzw. Laborkittel und Stethoskop
Trageanlass: Gartenarbeit um 7 und Party um 8
Foto: Gettyimages / Victor Virgile