Endspurt im Anzug

Bevor sich die Amtszeit eines der stilsichersten US-Präsidenten der Geschichte dem Ende neigt, sorgt ein Foto von Obama im Netz für einen Wirbelsturm.

Rechtzeitige berufliche Neuorientierung vor Vertragsende kann nicht schaden. Das ahnt auch Barack Obama, dessen Tage im Weißen Haus bekanntermaßen gezählt sind. Bereitet der scheidende Präsident heimlich seine Zweitkarriere als Amateur-Basketballtrainer vor? Oder versucht er sich als (Grime-)Rapper? Sein Sport-Outfit aus schwarzem Trainingsanzug, Kappe und weißen Sneakern lässt diverse Spekulationen zu – und hat in den USA einen viralen Wirbelsturm ausgelöst. Dass die Aufnahme bereits von 2009 stammt: geschenkt.

In den siebeneinhalb Jahren seiner Amtszeit hat sich Barack Obama wenig modische Eskapaden geleistet. Ein solider Zweiteiler, mit der Farbwahl zwischen Anthrazit oder Navyblau als maximalem Überraschungsmoment, das ist seine ausgemachte Arbeitskluft. Gegenüber der Vanity Fair erklärte er diese einst mit dem Bestreben, seine Entscheidungsfähigkeit nicht unnötig mit Trivialitäten zu belasten: »Ich möchte keine Entscheidungen darüber treffen, was ich esse oder anziehe. Denn ich habe zu viele andere Entscheidungen zu treffen.« Keine schlechte Strategie, so verkauft sich das Nicht-Styling sogar als Zeichen von Produktivität und Kompetenz. Modische Gleichgültigkeit im nationalen Interesse.

Fast immer, wenn Obama in der Vergangenheit von seinem textilen Erfolgsrezept abwich, zog das medialen Spott nach sich: Einst lachte das Internet über seine schlecht sitzenden Mutti-Jeans, dann über seine Gummi-Flip-Flops, später wurde sein beigefarbener #tansuit zur Trending Topic auf Twitter.

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Rückblickend lässt sich sagen: alles halb so schlimm. Selbst im unvorteilhaftesten Aufzug macht Obama noch eine gute Figur – und strahlt sogar im etwas väterlichen Jogginganzug eine gewisse Staatsmännigkeit aus. Mit der Sportkluft zahlt Obama nicht nur auf sein Lässigkeits-Konto ein, sie zeugt außerdem von seiner Fitness. Einem Faktor, der nicht aktueller sein könnte, stolpert doch seine potentielle Nachfolgerin Hillary Clinton im Wahlkampf gerade über eine gesundheitlichen Schwäche.

Auch das unerschrockene Kombinieren der beiden Erzrivalen der Sportbranche, Adidas (Trainingsanzug) und Nike (Kappe, Schuhe) im selben Outfit lässt sich politisch auslegen – als Zeichen von Neutralität und Unbefangenheit.

Und sogar unter Trendgesichtspunkten beweist Obamas Kleiderwahl Weitblick: Trainingsanzüge sind derzeit wieder angesagt wie seit den 80er Jahren nicht mehr und werden von zahlreichen Designern als Objekte der modischen Begierde interpretiert. Erst vor wenigen Tagen schickte Alexander Wang während der New Yorker Fashion Week seine Models in schwarzen Adidas-Trainingsanzügen über den Laufsteg und Madonna im gleichen Look in die ersten Reihe.

Dear Mr. President, wir werden ihr unbeirrbares Stilgefühl vermissen. Angesichts dessen, was uns in puncto Styling vom zukünftigen amerikanischen Regierungschef bevorstehen könnte, läuft es uns schon jetzt eiskalt den Rücken hinunter.

Wird getragen von
: Britischen Grime-Rappern, den Altherren der Kreisliga D auf Mannschaftsfahrt, infomierten Modeopfern
Wird getragen mit
: Goldener Panzerkette, Bandana und Lamborghini, bzw. Lunchbox, Bierbauch und Sonnenbrand
Typischer Instagram-Kommentar
: #allblackeverything

Foto: AFP PHOTO/Jewel SAMAD