Anlässlich der neuen Sonderausstellung des New Yorker Metropolitan Museum of Art stand die Met-Gala, sowas wie der alljährliche Kostümball der Mode- und Allgemeinprominenz, am vergangenen Montagabend unter dem Motto der japanischen Designerin Rei Kawakubo und ihres Labels Comme des Garçons.
Eine Leichtigkeit für jeden Stylisten, sollte man meinen – vor allem im Vergleich zu früheren Themen wie »China« oder »Manus x Machina«. Dieses Jahr brauchte man doch bloß einen alten oder neuen Entwurf der eigenwilligen Avantgarde-Designerin raussuchen, seinem Schützling überwerfen, fertig ist der mottogerechte Starauftritt. Das taten allerdings die wenigsten. Stattdessen gab es – so gar nicht im Sinne der experimentell, oft körperentfremdend arbeitenden Kawakubo – viele hautenge Glitzerfummel (etwa an Gisele Bündchen), einen durchsichtigen Catsuit (Bella Hadid), ein alles entblößendes Fischernetz (Kendall Jenner) und überquellendes Camouflage-Mieder (Madonna).
Wesentlich ungewohnter ging es hingegen auf den Köpfen der Gala-Besucher zu. Auffällig waren etwa die vielen kurzen Pixies: Während Schauspielerin Zoë Kravitz mit wasserstoffblondem Millimeterschnitt kam, trug Sängerin Rita Ora eine Art Badekappe aus künstlichen weißblonden Wasserwellen. Model Cara Delevingne hatte sich den rasierten Oberkopf mit silberner Farbe angepinselt und mit Strasssteinchen beklebt.
Katy Perrys blonden Pixie musste man erst hinter einem sperrigen Konstrukt aus rotem Schleier, Seitenspiegeln und Kringeldraht suchen, das selbst der eingefleischteste Verschwörungstheoretiker als validen Strahlen- und Abhörschutz abnicken würde.
Überhaupt standen Schleier (Hailey Baldwin) und Haarteile, besonders floraler (Haley Bennett) oder rüstungsmäßiger Art (Carly Steel) hoch im Kurs. Und auch die gute alte Hochsteckfrisur wurde mal mehr (Reece Witherspoon), mal weniger (Céline Dion) erfolgreich wiederbelebt.
Beim Anblick all der haarigen Inszenierung bekommt man den Eindruck, die Frisur laufe augenblicklich Designerschuh und It-Bag den Rang als Trend-Accessoire ab. Ein eindrückliches Indiz dafür lieferte Jaden Smith (Sohn von Jada Pinkett und Will Smith), der anstelle seiner verhinderten Schwester am Montag ein Bündel alter Dreadlocks als Begleitung wählte und den Abend über wie eine Clutch mit sich herumtrug.
Ist bei all der Red-Carpet-Nacktheit der letzten Jahre, nach der uns selbst die entblößten Auftritte von Kendall Jenner und Bella Hadid höchstens ein müdes Stirnrunzeln ins Gesicht jagen, die Frisur zur letzten Möglichkeit geworden, um irgendwie mit seinem Körper aufzufallen? Donald Trump hat schließlich eindrücklich vorgemacht, dass sich Aufmerksamkeit sprichwörtlich an den Haaren herbeiziehen lässt.
Doch hinter den exzentrischen Frisurwahlen der Promis steckt etwas anderes: schlichte Eitelkeit. Die Met-Gala gibt ihren geladenen Gästen jedes Jahr den perfekten Rahmen zur extravaganten Totalkostümierung. Besonders das diesjährige Motto lud ein, sich für den Abend in ein visionäres, modisches Gesamtkunstwerk zu verwandeln – doch die wenig figurbetonten Entwürfe Kawakubos, die schon asymmetrische Stofffetzen oder Kleider mit angenähten Stoffklumpen am Körper über den Laufsteg schickte, waren vielen wohl zu unsexy. Trotz der angeblichen Verneigung vor Kawakubos Kunst, wollen dann ja doch alle irgendwie gut aussehen. Kennt man ja aus dem Karneval. Da sind ein bisschen Schere, Farbe und Haarspray das Maximum an Avantgardismus einfach das kleinere Übel.
Eine der wenigen, die tatsächlich im besten Comme des Garçons-Stil hervorstach, war übrigens Rihanna, eingehüllt in ein üppiges Stoffblumenkonstrukt. Sie wurde im Internet weitgehend als Königin des Abends abgefeiert – und trug auf dem Kopf einen schlichten Haarknödel.
Wird getragen von: Verschwörungtheoretikern, Playmobil-Figuren
Nicht zu verwechseln mit: einem Wischmob (Jaden Smith)
Wird getragen mit: wenig visionärer Kleidung
Fotos: dpa, afp