Dass Amerika zerrissen ist, ist kein Geheimnis. Das Land ist tief gespalten zwischen Trumpniks und Clintonites, Republikanern und Demokraten, zwischen weiß und schwarz, arm und reich, den 99 Prozent und dem Rest.
Der tiefste Graben aber, so wird gerade deutlich, verläuft zwischen Männern und Frauen, und zwar nicht nur dem Mann und der Frau, die zur Wahl stehen, Donald und Hillary.
Donald Trumps Sohn Eric hat am Mittwoch einen Aufruf an alle Trump-Anhänger geschickt, das »Momentum« zu nutzen: »Gerade jetzt ist das Momentum auf unserer Seite! Wir verzeichnen enorme Gewinne gegen die korrupte Hillary, schaut es euch selbst an.« Trump Jr. wähnt sich des Sieges sicher und verschickt zum Beweis eine Landkarte Amerikas, die die jüngsten Umfrageergebnisse verbildlicht: Donald Trump gewinnt in diesem Szenario fast alle Bundesstaaten, ganz Amerika ist in republikanische Farben getaucht.
Ein Wunder! Denn fast alle anderen seriösen Umfragen sehen seit Trumps »Pussygate« eindeutig Hillary Clinton vorne, und zwar um deutliche 5 bis 11 Prozent.
Eric Trump hatte zwar eine Prognose des genialen Zahlen-Nerds Nate Silver verschickt, der bisher mit seinem Blog 538 bei so ziemlich allen Vorhersagen richtig lag, allerdings eine Prognose mit einem Haken: Silver hat berechnet, wie die Wahl ausginge, wenn nur Männer wählen dürften. Trump wählen vor allem die Angry White Men, die Michael Moore schon vor Jahren beschrieb.
Trump Jr. hat vergessen, dass die Landkarte kaum rot zeigt, wenn nur Frauen wählen dürften. Dann gewinnt Hillary, und zwar erdrutschartig mit einem Vorsprung bis zu 33 Prozent. Wenn Männer und Frauen wählen gehen, sinken Trumps Gewinnchancen laut Silver auf derzeit 17 Prozent.
Frauen haben die Wahl, deshalb erfanden Trumps Anhänger prompt eine neue Strategie, wie sie ihren Helden ins Weisse Haus befördern: Entzieht den Frauen das Wahlrecht! #Repealthe19th wurde innerhalb von Stunden der zweithäufigste Hashtag auf Twitter. Der 19. Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung garantiert Frauen seit 1920 das Wahlrecht. Ursprünglich durften nur weisse, männliche Landbesitzer wählen. Also ist die Lösung einfach: Zurück zur früheren Verfassung! Sogar Trumps weibliche Anhänger, die Trumpettes, verbreiteten die Forderung.
Donald Trump und seine Anhänger haben genug von den Frauen. Sind ja auch wirklich stressig, die Ladies. Erst wollen sie nicht nur wählen, sondern sogar gewählt werden. Dann regen sie sich auf, weil ihr Kandidat ihnen an die Pussy greifen will. Und mit jeder Frau, die nun an die Öffentlichkeit geht, um von Übergriffen durch Donald Trump zu berichten, sinken Trumps Chancen weiter.
»Trump that Bitch!« ist auf Trump-Rallys ein beliebter T-Shirt-Spruch. Dahinter steckt aber mehr als nur Wahlkampf: Dan Cassino, Politikwissenschaftler an der Fairleigh Dickinson Universität, hat gezeigt, dass republikanische Männer sich zunehmend in die Enge gedrängt sehen. Der American National Election Studie zufolge finden 41 Prozent der republikanischen Männer, dass sie diskriminiert werden. »Männer hatten früher überall das Sagen«, berichtet Cassino, «Jetzt haben sie das nicht mehr, und Hillary Clinton ist der Inbegriff dieser Ängste.«
Frauen haben auf den Hashtag #Repealthe19th mit der Gegenforderung reagiert: Es sei an der Zeit, den Männern das Wahlrecht zu entziehen, weil sie nun lange genug am Ruder waren. »Lasst uns die nächsten 132 Jahre ran, dann sind wir quitt.« Oder, um in Trumps Vokabular zu bleiben: Derzeit machen auf den sozialen Medien Katzenbilder die Runde mit dem Slogan »Die Pussies grabschen zurück, und zwar am 8. November.«