Tausche Lagerfeld gegen Campingplatz

Der Entwurf zu Münchens neuem Konzerthaus beflügelt unseren Sprach-Kolumnisten zu kuriosen Drehungen und Tauschwörtern des Deutschen. Bis zum bizarrsten aller Wörter.

Nun bekommt München endlich ein neues Konzerthaus. Grund genug, uns näher mit der Besonderheit des Wortes Konzerthaus zu beschäftigen. Ihnen fällt daran nichts weiter auf? Gemach. Auf unserer vergnüglichen Reise werden wir, wie so oft, zum einmaligsten Wort dieser Art in unserer Sprache vorstoßen. Schön, wenn es solche Königswörter gibt, die eine Sprache nur ein einziges Mal aufzuweisen hat.

Konzerthaus also. Vertauschen wir die beiden Bestandteile des Wortes, bekommen wir eine neue Bedeutung: Hauskonzert. Lustig, hm? Okay, ist noch etwas billig, denn es gibt viele Wörter dieser Sorte, selbst wenn Ihnen im Moment kein einziges davon einfällt. Bitteschön: Aus Goldrausch wird Rauschgold, aus Baumstamm Stammbaum. Ebenso drehen sich Lustmord, Gerichtsstand, Tagwerk, Kuhmilch, Spielplan, Eiland, Kurswechsel, vorher, Eheschein, Zeitreise, Hustenreiz. Lange Tauschwörter sind Skilanglauf oder Schüleraustausch. Der Bösewicht Burgermeister Meisterburger ist eine Figur im Film Santa Claus is Comin‘ to Town.

Am häufigsten sind Wörter, die durch den Dreh ihre Bedeutung nicht großartig ändern: Blattsalat, Bierfass, Bettfeder, Busreise usw. Interessant aber wieder die Wörter, die vorher und nachher fast exakt das Gleiche meinen: Gussregen-Regenguss oder Abendgala-Galaabend oder herum-umher oder Luftzug-Zugluft.

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Ich bin gnadenlos. Es gelten strenge Bedingungen: Beide Wörter, vor und nach dem Dreh, müssen im Wörterbuch stehen. Beugungen nein danke. Also nicht: Marathonsitzung und Sitzungsmarathon, weil da auf einmal in der Mitte ein s steht, das vorher nicht da war. Plurale nein – Innenminister und Ministerinnen somit ausgeschlossen. Überhaupt muss die Rechtsschreibung stimmen: Taktik und Ticktack nein. Und Eigennamen lassen wir außen vor – aus Brandmeister wird kein Scharlachberg, aus Lagerfeld kein Camping à la Wallenstein, schon gar nicht im Vogtland. Oder wollen wir Bayerns Ex-Minipräsidenten Beckstein den Literatur-Nobelpreis zuschanzen?

Verschärfen wir die Spielregeln weiter: Gesucht sind Wörter, die durch den Tausch die Wortart wechseln, sprich: Einmal schreibt man das Wort groß und einmal klein. Wie Eigenart und arteigen. Wenn Sie nur ein weiteres Beispiel finden – Chapeau!

Achtung Spoiler, es folgt meine erschreckend kurze Liste der Exoten. Die Wortart ändern ebenso: Langfinger-fingerlang, Haftdauer-dauerhaft, Rotwein-weinrot, Rotglut-glutrot, Vollgefühl-gefühlvoll, Barmittel-mittelbar, Barmann-mannbar, Deutschschweizer-schweizerdeutsch und besonders schön: Lebenszeit-zeitlebens. Mehr Beispiele habe ich nicht parat. Weiß jemand mehr?

Manchmal klappt das auch in anderen Sprachen. Da zusammengesetzte Wörter anderswo viel rarer sind, schwinden die Tauschwörter. Im Englischen immerhin: songbird (Singvogel) und birdsong (Vogelgesang).

Und zwischen den Sprachen? Ein schwedischer halmstrå will nicht recht zum Strohhalm werden. Drum gleich der Griff ins Schatzkästlein, das Königswort. Dieses Wort ist für zwei Sprachen einzigartig – es könnte damit unerreicht auf Erden sein.

Drehen wir das deutsche Wort, dann wechseln wir die Sprache. Es wird eines der eher raren zusammengesetzten Wörter im Englischen daraus. Das mag noch Zufall sein, grandios aber wird es, weil das deutsche und das englische Wort auch noch das Gleiche bedeuten: Der deutsche Stillstand beweist seine Wendigkeit mit dem englischen standstill. Wenn uns jetzt mal nicht das Holländische dazwischenfunkt, dann dürfte dieser Fall einmalig auf Erden sein. Any objection?

Illustration: Nathan Nankervis