»Mir ist ein riesen Stein vom Herzen gefallen«, sprach Formel-1-Zampano Niki Lauda neulich nach dem Großen Preis von China. Halt, vielleicht sprach er auch von Riesenstein, wer kann das schon wissen. Die Webseite eines populären Nachrichtenmagazins machte daraus jedenfalls den »riesen Stein«. Wollte das Magazin derlei Umgangsdeutsch einem österreichischen Ex-Rennfahrer in die Schuhe schieben? Dass die Verstärkung »Riesen« nun also kleingeschrieben als Adjektiv daherkommt, war mir, mit Verlaub, noch nie recht aufgefallen. Im gesprochenen Deutsch hört man ja auch keinen Unterschied.
Dabei gäbe es doch das gewohnte Adjektiv riesig. Aus dem Riesen wird durch Anhängen von -ig das Adjektiv riesig. So geht es fast immer: Aus Kleid wird kleidsam, aus Vorbild vorbildlich, aus Sex sexy.
Rar sind die Adjektive, die wir ohne Endung direkt vom Nomen (Substantiv) gebildet haben. Wie aus Riesen... eben riesen. Aus Ernst wird ernst oder auch ernstlich. Aus Matsch aber nur noch matsch, ohne Endung: Die Banane ist matsch, der Marathonläufer kaum weniger. Das Schiff leck, der Reeder bankrott. Der patente, ja gelenke Bursch, weder scheu noch ekel, fensterlt beim schmucken Madl mit ihrem barocken Dirndl. Aus Nutzen, werte Leser, wird ganz normal nützlich, das sich aber ohne Endung ins Gegenteil kehrt: unnütz.
Das war's schon fast von den gebräuchlichen Wörter dieser Art. Es gibt noch einige seltsame wie raum oder pedant.
Das Wort riesen hat noch eine zweite kuriose Eigenschaft: es lässt sich nicht gut beugen wie normale Adjektive. Das normale riesig ist leicht zu beugen: das riesige Schiff, ein riesiges Schiff. Anders bei riesen: das riesen Schiff, ein riesen Schiff. Dieses Schicksal teilt riesen mit Wörtern wie prima oder super. Das missfällt den Sprachlehrern. Die finden das kein okayes Gebaren.
Sehen die vom Sprachverschönerungsverein eigentlich, dass die ungebeugten Adjektive seit eh und je unsere Sprache bereichern? Ruhig Blut! sagen wir da nur und nicht ruhiges Blut, schmal Wunder. Spielt nicht halb Europa russisch Roulette? Kein schöner Land mit Kölnisch oder fließend Wasser, in dem eitel Sonnenschein gut Wetter macht. Gut Ding will ein gerüttelt Maß Weile haben. Trocken Brot mit viel Butter?
Noch schöner, weil so viel poetischer, sind die Adjektive, die wir nachstellen und die dann immer ohne Endung bleiben: Ein Röslein rot, mein Großvater selig, Fußball brutal. Warum nicht auch ein Stein riesen? Na schön, dann doch lieber Kaviar satt, Forelle blau, Henkell trocken und Lebensfreude pur!
Kleine Fußnote, weil wir eingangs von der Formel 1 sprachen: Bernie Ecclestone hat sich als Boss der Formel 1 verabschiedet. Schade, denn mit ihm geht eine sprachliche Feinheit dahin - er ist die einzige mir bekannte Person, die den grandiosen Titel Supremo trug. Vielleicht, weil seine Chef-Rolle im Rennzirkus mehr schillernd als genau definiert war. Darum auch die Berufsbezeichnung mehr schillernd als präzise? Vor allem aber niemand, der sich mit einem messen kann, ganz einfach weil sonst niemand mehr so einen riesen Titel innehat. Sogar Päpste gibt es diverse, die Kopten in Ägypten führen auch einen, derzeit Tawadros II. Vom Küchenpapst Bocuse will ich gar nicht reden. Seine Heiligkeit? Der Papst oder der Dalai Lama, am Ende sogar Tawadros II. Leibhaftige Kaiser regieren nur noch in Japan, laufen darüber hinaus beim FC Bayern rum. Aber Supremos? Sie sehen: Es ist gar nicht so leicht, einen dermaßen welteinmaligen Titel zu führen. Jedenfalls ist Supremo nun wieder frei. Donald?
Illustration: Nathan Nankervis